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Zweiter "IT-Gipfel" endet ohne konkrete Ergebnisse

Merkel gegen Lockerung des Zuwanderungsrechts für IT-Spezialisten

11.12.2007
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Forderung der Hightech-Industrie nach einer Lockerung des Zuwanderungsrechts für IT-Spezialisten eine Absage erteilt.

Auf dem zweiten nationalen "IT-Gipfel" in Hannover sagte Merkel am Montag, es komme zunächst darauf an, heimische Arbeitskräfte zu qualifizieren. Die Wirtschaft fordert als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel, mehr IT-Spezialisten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union ins Land holen zu können. In Deutschland fehlen nach Einschätzung von Fachleuten rund 45.000 IT-Spezialisten. Dies bremse das Geschäft der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).

An dem "IT-Gipfel" nahmen rund 500 Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft teil. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, es sei die "vornehmliche Aufgabe" der Wirtschaft, für guten Nachwuchs zu sorgen. "Wenn wir jetzt alle Tore für Zuwanderung aufmachen würden, würden wir noch lange nicht das auf den Märkten finden, was wir speziell brauchen."

Im Abschlussdokument, der "Hannoverschen Erklärung", heißt es lediglich, die Bundesregierung wolle ein "Konzept für eine arbeitsmarktadäquate Steuerung der Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte entwickeln, das den Interessen Deutschlands auch in der nächsten Dekade Rechnung trägt".

Eine andere Position als Merkel und Glos vertrat Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), die nicht in Hannover anwesend war. Sie ließ mitteilen, sie unterstütze die Forderungen des Bitkom nach besseren Möglichkeiten, IT-Fachkräfte auch aus dem Ausland zu holen. Zwar hätten Qualifizierung und Rekrutierung in Deutschland Vorrang. "Wenn aber der Bedarf nicht mit deutschen Fachkräften gedeckt werden kann, müssen Modifizierungen im Zuwanderungsrecht Wege eröffnen, um ausländischen IT-Fachkräften attraktive Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland zu schaffen."

Die "Hannoversche Erklärung" nennt als konkrete Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel unter anderem die Initiative "IT 50 plus", mit der ältere Arbeitnehmer qualifiziert werden sollen. Zudem sollen verstärkt Frauen für IT-Studiengänge- und -Berufe gewonnen werden.

In der Erklärung heißt es zudem, die Bedeutung der IKT-Wirtschaft als Innovations- und Wachstumsmotor in Deutschland solle ausgebaut werden. "IKT made in Germany soll zum Markenzeichen werden." Neue Wachstumsfelder sollen erschlossen werden, etwa IT-Lösungen zur Senkung des Energieverbrauchs. Außerdem soll die IT-Sicherheit gestärkt werden.

Merkel kündigte an, neuer IT-Beauftragter der Bundesregierung werde zum 1. Januar 2008 Innen-Staatssekretär Hans Bernhard Beus. Er soll vor allem die IT-Modernisierung der Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen koordinieren. Außerdem sagte Merkel, der dritte "IT-Gipfel" im Jahr 2008 werde wahrscheinlich in Darmstadt stattfinden. Das erste Treffen war 2006 in Potsdam.

Die Kanzlerin sagte, seit Potsdam sei einiges auf den Weg gebracht worden. Wichtig sei bei allen Fortschritten in der Hightech-Branche, dass die Technik für die Nutzer auch anwendbar sei. Auch ländliche Regionen müssten mit schnellen Breitband-Internetzugängen versorgt werden.

Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer, sagte, der zweite "IT-Gipfel" sei ein weiterer "Meilenstein". Er forderte erneut eine Lockerung des Zuwanderungsrechts. Notwendig sei eine "Öffnung nach außen". Scheer sagte zudem, es müsse ein "Umdenken" in der Bildungspolitik geben. Die Zahl der IT-Absolventen sei deutlich gesunken, die Abbrecherquote viel zu hoch. Die meisten IT-Unternehmen bräuchten aber gut ausgebildete Akademiker. Scheer schätzte den Umsatzausfall in der Branche durch den Fachkräftemangel auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr. (dpa/tc)