Neue Gerichtsurteile

Mehr IT-Freelancer werden als Freiberufler anerkannt

14.07.2010
Der Bundesfinanzhof stellt IT-Autodidakten mit Informatikern gleich und lässt sie als Freiberufler zu.

Freiberufler müssen keine Gewerbesteuer zahlen und dem Finanzamt nur eine einfache Einnahme-Überschuss-Rechnung vorlegen. Die Umsatzsteuer, die ein Freiberufler zahlen muss, richtet sich nach den wirklich vereinnahmten Entgelten. Kein Wunder, dass viele Selbständige den Status eines Freiberuflers anstreben, doch die gesetzlichen Regelungen sind schwammig, die Handhabung bei den Finanzämtern oft rigide.

In der IT-Branche ging bislang der Diplom-Informatiker, der Software programmiert, als Freiberufler durch, die große Schar der Systemadministratoren oder freien IT-Projektleiter, die ihr Wissen abseits klassischer Studiengänge erworben haben, jedoch nicht.

Drei neue Urteile: IT-Autodidakten werden als Freiberufler anerkannt

Neue Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) erweitern jetzt die Auslegung, welche IT-Tätigkeit als freier Beruf anerkannt wird:

  • Ein staatlich geprüfter Betriebswirt-EDV hatte sich als Autodidakt in die Einrichtung und Wartung von Systemsoftware eingearbeitet und selbständig Firmen mit dieser Tätigkeit betreut. Der BFH stellte fest, dass die Breite und Tiefe seiner Aufgaben denen eines Diplom-Informatikers entsprochen haben und er damit einen ingenieurähnlichen, also freien Beruf ausgeübt habe. (BFH, Az: VIII R 63/06)

  • Auch einem weiteren Autodidakten, der vom Bildungsweg staatlich geprüfter Wirtschaftassistent DV war, billigte der BFH den Status eines Freiberuflers zu. Der Kläger hatte für seine Kunden IT-Systemberatung erbracht und als Externer firmenweite IT-Projekte geleitet. Nach Einschätzung des Gerichts lag dabei sehr wohl eine ingenieurähnliche Leistung vor, auch wenn der Ausbildung nach kein Ingenieursgrad vorlag. (BFH, Az: VIII R 79/06)

  • In einem weiteren Fall war ein Diplom-Ingenieur für technische Informatik als selbständiger Systemadministrator bei mehreren Unternehmen tätig und überwachte die Firmennetze mithilfe eigener Dienstprogramme. Der BFH stufte die Tätigkeiten als klassische Ingenieursleistungen ein und billigte den Status eines freien Berufs zu. (BFH, Az: VII R 31/07)

Was sollten Betroffene tun?

Alle, die ihre selbständige Tätigkeit in den Präzedenzurteilen wiedererkennen, sollten ihrem Finanzamt mitteilen, dass sie als Freiberufler eingestuften werden möchten. Sie sollten ihre Tätigkeiten schildern und Belege (etwa Rechnungen) einreichen. Folgt das Finanzamt der Darlegung, werden alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide geändert und die Gewerbesteuerbescheide aufgehoben.

Doch Vorsicht: Fällt die Gewerbesteuer weg, steigt die Einkommensteuer und dies kann teils erhebliche Nachzahlungsforderungen auslösen, auf die jeder Betroffene vorbereitet sein sollte.

Mehr Informationen zum Thema freie Berufe versus Gewerbe hat das Online-Steuerbüro steuerberaten.de in einem kostenlosen PDF. Hier gehts zum PDF-Download.