Stärkung der Software-Basis angestrebt:

Martin Marietta übernimmt Mathematica

05.08.1983

BETHESDA (VWD) - Martin Marietta Corp. geht davon aus, daß die geplante Übernahme des Software- und Consulting-Konzerns Mathematica Inc. ihr die Möglichkeit verschafft, integrierte Großcomputer anzubieten und sich an Regierungsausschreibungen zu beteiligen. Die im Juli durchgeführte 30-Millionen-Dollar-Transaktion ist nach Darstellung von Richard J. Walters, Präsident der Martin Marietta Data Systems, Teil der verstärkten Orientierung des Konzerns in Richtung Datensysteme

Die seit Frühjahr operierende Betriebsgesellschaft Data Systems hat sich darauf spezialisiert, große integrierte Computersysteme speziell auf die Bedürfnisse der Kunden zuzuschneiden. So hat das Unternehmen das Lehrcomputersystem der Militärakademie West Point entworfen und installiert.

Die bei der Erarbeitung der Problemlösungen für Kunden und für andere Martin-Marietta-Töchter entwickelte Software will Data Systems in Kürze zumindest zum Teil auch separat zum Verkauf anbieten. Dazu gehört auch "Dataconference", ein System, das es den Nutzern ermöglicht, über normale Telefonleitungen Fotografien, grafische Darstellungen und Schriftstücke in ihren Computern auszutauschen und gleichzeitig neue Grafiken zu erstellen.

Die Mathematica-Software soll neben der eigenen Software angeboten, aber auch in neuen Martin-Marietta-Eigenentwicklungen eingesetzt werden. Hauptprodukt von Mathematica ist "Ramis II", eine Computersprache, die relativ leicht anzuwenden ist.

Martin Marietta hat bereits vor 18 Monaten begonnen, sich im Hinblick auf die Übernahme eines Software-Systemhauses umzuschauen. Der Versuch von Bendix Corp., Martin Marietta selbst zu übernehmen, hatte die Transaktion dann verzögert. Mit der Übernahme von Mathematica zu einem etwas niedriger als deren Jahresumsatz (36,2 Millionen Dollar) liegenden Preis glaubt Martin Marietta nach Darstellung von Walters "einen Supercoup" gelandet zu haben. Der Preis sei so verhältnismäßig niedrig gewesen, weil Mathematica durch hohe Produktentwicklungs- und Vertriebskosten und rückläufige Beratungsaufträge der US-Regierung erstmals seit 20 Jahren Verluste ausweisen mußte. Für die neun Monate zum 31. März 1983 habe Mathematica einen Nettoverlust von 30 000 Dollar bei Einnahmen von 26,1 Millionen Dollar bekanntgegeben.