Trends in der IT-Dienstleistung/Management-Dienstleistungen zu dünn gesät

Managed Data Services sind noch die Achillesferse der Teledienstleister

13.08.1999
Die Vielfalt der (Daten-)Management-Dienste am Kunden läßt hierzulande noch zu wünschen übrig. Abwohl die Liberalisierung Unternehmen wie Mannesmann Arcor oder auch Viag Intercom die Wege geebnet hat, scheinen sie im Vergleich mit der Deutschen Telekom und anderen ins Hintertreffen zu geraten. Hadi Stiel* warnt davor, daß hier möglicherweise ein Trend verschlafen wird.

Eigentlich wären die Telekommunikationsanbieter für Management-Dienstleistungen in die lokalen Kundennetze hinein bestens positioniert: Sie haben bereits die Verantwortung für die Weitverkehrsstrecken, von denen derzeit die wesentlichen Impulse für eine ganzheitliche und geschäftspartnerverbindende Unternehmenskommunikation ausgehen. Sichtbaren Ausdruck findet diese Entwicklung in stark expandierenden Intranets und Extranets. Eine wesentliche Marktdifferenzierung im harten Wettbewerb könnten sie mit einem solchen Management-Dienstleistungsangebot "in einem Aufwasch" erreichen. Auch der Markt legt seit mittlerweile mehr als eineinhalb Jahren Liberalisierung den Telekommunikationsanbietern für solche Aktivitäten längst keine Fesseln mehr an. Ihr Management-Dienst am Kunden ist dennoch bis heute, zum Leidwesen der Geschäftskunden, kaum einen Schritt vorangekommen. Wirkliche Präsenz zeigen in diesem Feld nur wenige.

Speziell von den großen alternativen Telekommunikationsanbietern in Deutschland, Mannesmann Arcor und Viag Interkom, hätten sich die Unternehmen in puncto Managed Data Services (MDS) mehr erhofft. Doch obwohl beide Anbieter solche Dienste im Programm haben: Zu einer ernst zu nehmenden Alternative zur Deutschen Telekom haben sie bis heute nicht auflaufen können. So kann Egon Bohländer, verantwortlich für den Geschäftsbereich Telekommunikation/Netze bei der Management- und Technologieberatung Gora, Hecken & Partner in Sulzbach bei Frankfurt am Main, bei diesen Anbietern bisher nur wenig Professionalität in puncto MDS erkennen. Sein Rat deshalb: "Bestenfalls bei eingeführten WAN-Access-Systemen, wie Router-Systemen von Cisco Systems, sollte der Anwender diesen Delegationsschritt wagen." Doch selbst da, in Verbindung mit Standardprotokollen wie IP, gäbe es immer noch genügend Quellen für technische Unverträglichkeiten, die einem verläßlichen externen Betrieb der Access-Router entgegenstehen könnten, warnt Bohländer. Von der professionellen Einbeziehung anderer Systeme an der Kundenschnittstelle wie Multiplexer, Terminal-Server, Remote Access Server und spezifischer TK-Anlagen ins Portfolio der Management-Dienstleistungen seien beide Anbieter noch weit entfernt. Für diesen Rückstand macht er sowohl bei Mannesmann Arcor als auch bei Viag Interkom vor allem einen hohen personellen Nachholbedarf an Spezialisten verantwortlich. Daneben stünden bei beiden bis heute ein Billing und Accounting solcher Management-Dienstleistungen aus, das diesen Namen wirklich verdient. Dabei denkt Bohländer nicht an Pauschalgebühren für MDS-Leistungen, sondern an nutzungsbezogene Abrechnungsdaten, die direkt ins unternehmensinterne Accounting einfließen könnten.

Auch Jürgen Fiedler, Berater bei Diebold Deutschland, kann vor allem bei Mannesmann Arcor, aber auch bei Viag Interkom derzeit bestenfalls verstärkte Bemühungen erkennen, in Richtung Management-Dienstleistungen für Kundennetze aufzubrechen. "Zu einem spürbaren Leistungszugewinn in diesem Bereich ist es dadurch seit der Liberalisierung nicht gekommen", stellt er enttäuscht fest. Im wesentlichen steuern und beherrschen würden beide Anbieter nur die Telefonie. Anders die Deutsche Telekom: Sie habe sich im Datenbereich professionell aufgestellt und führe solche Management-Dienstleistungen verläßlich durch.

Gestützt werden diese Einschätzungen durch die aktuelle Zahl der TDN-Verträge (TDN = Telekom Designed Network) der Deutschen Telekom, etwa 2400 in denen sich immer mehr MDS-Kunden wiederfinden. Auch zahlreiche Nutzer, die zudem die Management-Verantwortung für spezifische Terminal-Server, WAN-Switch-Systeme oder TK-Anlagen an die Deutsche Telekom delegiert haben, befinden sich darunter. Dazu gehören beispielsweise das IS KV Dienstleistungszentrum in Kornwestheim für die Betriebskrankenkassen (BKK), die Sparda-Bank Mainz und die Atelco in Möhnsee.

Mannesmann Arcor hingegen wollte keine Auskunft zur Anzahl seiner MDS-Kunden geben, was den Eindruck nahelegt, daß diese Klientel bisher eher kanpp ausfällt. Viag Interkom spricht davon, daß rund ein Viertel seiner Datenkunden MDS-Dienstleistungen in Anspruch nimmt. Wie viele Kunden das sind, das wollte auch Viag Interkom nicht benennen.

Equant Networks legt da wesentlich mehr Offenheit, Elan und Professionalität an den Tag. Der Telekommunikations- und Ma- nagement-Dienstleister unter dem Dach der SITA hat zudem im Vergleich zu den Kontrahenten Mannesmann Arcor und Deutsche Telekom den Vorteil, seine Kundschaft in einem zusehends globaleren Markt besser auf internationaler Tribüne bedienen zu können. So betreut das Haus weltweit rund 660 MDS-Kunden, die meisten davon international agierende Unternehmen. Der Marktanalyst Gartner Group attestiert dem Unternehmen, das sich ausschließlich auf Geschäftskunden konzentriert, einen Anteil von 16,8 Prozent am gesamten MDS-Kuchen. Für Deutschland verweist Robert Hakenes, Regional Manager Germany bei Equant Networks in Eschborn, auf immerhin rund 200 MDS-Kunden. Viele davon wurden mit der Übernahme der Info AG im vergangenen Jahr hinzugewonnen. Damit ist der Dienstleister hinter der Telekom in diesem Marktsegment in Deutschland die Nummer zwei.

Auch MCI Worldcom zeigt zunehmend MDS-Ambitionen, die in diesem Fall gemeinsam mit dem Partner Hewlett-Packard absolviert werden, auch wenn diese Aktivitäten derzeit hierzulande mit 30 MDS-Kunden noch am Anfang stehen. In Europa sind es 200 von insgesamt 1500 Geschäftskunden, die bei MCI Worldcom solche Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Im Hintergrund baut der Anbieter zügig sein paneuropäisches Glasfasernetz aus, das in Deutschland bereits die City-Netze Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt verbindet. Eberhard Holler, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Consulting & Networks in Oberursel, bescheinigt dem Telekommunikationsanbieter mit internationalem Aktionsradius über den Projektalltag hinaus eine routinierte Vorgehensweise im Markt, die er insbesondere bei Viag Interkom vermißt. "Durch permanenten Organisations- und Mitarbeiterwechsel und eine Überbetonung der Telefonie ist hier bis heute keine solide Basis für professionelle Managementdienstleistungen entstanden", moniert er. Viele gute Ideen mit Zielrichtung MDS hätten bei Viag Interkom keine echte Umsetzungschance gehabt.

Eines ist allen großen Telekommunikationsanbietern indes gemeinsam: ihre Abwehrhaltung gegenüber Internet-VPNs - dem Dreiklang aus IP-Tunneling durchs Internet, Verschlüsselung und sicherer Authentifizierung - mit denen die Unternehmen künftig hohe Einsparungen bei den Gebühren einfahren und gleichzeitig ihr Weitverkehrsnetz homogenisieren können.

Das Angebot der großen Telekommunikationsanbieter gilt hier, im eigenen Geschäftsinteresse, klassischen Datendiensten wie Festverbindungen, ISDN und Frame Relay, mit denen sie, inklusive zu honorierender Internetworking-Dienste, wesentlich mehr an Gebühreneinnahmen erzielen können. Ihre Angst vor dem Internet-VPN ist verständlich. Holler beziffert die Einsparungen, die Unternehmen bereits heute darüber erreichen können, auf 30 bis 40 Prozent im Vergleich zum als wirtschaftlich herausgestellten Frame-Relay-Dienst.

Angeklickt

Management-Dienstleistungen in Richtung Kundennetze (Managed Data Services = MDS) werden hierzulande zwar in professioneller Qualität angeboten, doch nicht in ausreichender Zahl. Nur bei der Deutschen Telekom, Equant Networks und MCI Worldcom können Geschäftskunden auf größeres Interesse stoßen. Personalmangel einerseits und unausgegorene Unternehmensstrategien andererseits blockieren offenbar noch den forcierten Markteintritt weiterer potenter Anbieter.

*Hadi Stiel ist freier Journalist in Bad Camberg.