Verwirrung ruft Trittbrettfahrer auf den Plan:

Lage der deutschen Burroughs noch unklar

13.06.1986

MÜNCHEN (ujf) - Mehr global als aussagekräftig sind bislang die Statements der deutschen Burroughs über ihre künftige Koexistenz mit der hiesigen Sperry-Tochter. In diese Phase der Unsicherheit hinein plazierten Interessierte eine Neuauflage des Gerüchts, Burroughs wolle seine deutsche Niederlassung ganz abstoßen.

"Offiziell wissen wir von nix", läßt der DV-Chef eines großen Kosmetikherstellers, der als "Burroughs-Renommieranwender" gilt, den Pressesprecher seiner Firma auf eine CW-Anfrage antworten; was die Pläne der Mutterfirma für die Eschborner Burroughs GmbH betrifft, habe das Unternehmen sich bisher nicht geäußert. Deshalb geht der Kunde zunächst davon aus, daß die Filiale des Lieferanten nach Sulzbach umzieht - zum deutschen Headquarter der geschluckten Sperry Corp.

Hans J. Schüttlöffel, Geschäftsführer der Burroughs GmbH, gibt sich überrascht, daß das Informationsbedürfnis der Anwender nicht befriedigt sein sollte: "Wir haben die großen Kunden über unsere zukünftige Strategie informiert, und zwar in einem Brief, den unser Vorstandsvorsitzender Michael Blumenthal persönlich unterzeichnet hat." Dieses Schreiben allerdings betraf nur die globalen Zukunftsperspektiven des neuerdings zweitgrößten Rechneranbieters. Zum Deutschland-Geschäft etwas zu sagen, dazu fehlt dem Deutschland-Chef bislang die Befugnis seitens des US-Managements.

In dieser Phase der Unklarheit kursieren inzwischen mehr oder minder gewagte Spekulationen über geplante Rationalisierungen, über die Verluste, die die GmbH in den letzten Jahren zu verbuchen hatte, oder darüber, wie schwer sich die Burroughs-Filiale im Vergleich zu Sperry auf dem bundesrepublikanischen Markt tut. So präsentierte der Vertreter eines nicht näher spezifizierten Konsortiums, das an der Übernahme der GmbH interessiert zu sein behauptet, der COMPUTERWOCHE Listen mit Umsatz- und Verlustzahlen des vorgeblichen Akquisitionsobjekts. Danach hätte die Burroughs GmbH im letzten Jahr bei einem Umsatz von etwa 46 Millionen Mark - diese Zahl deckt sich ungefähr mit Schätzungen eines hohen Sperry-Managers - über zehn Millionen Mark Defizit erwirtschaftet, also mehr als das Grundkapital der Gesellschaft.

Angesprochen auf derlei Behauptungen, reagiert Burroughs' Londoner Europa-Chef Gerald Quintana mit Empörung. Unter Berufung auf die übliche Praxis, in keinem Land der Erde (außerhalb der USA) Bilanzen offenzulegen, verweigert er allerdings ein konkreteres Dementi. "1986 werden wir in Deutschland Gewinn machen, und 1985 ist Geschichte", lautet sein lapidares Statement. Auch der unmittelbar betroffene Hans Schüttlöffel, Ex-Vertriebsvorstand von Triumph-Adler und Vorgänger Quintanas als Europamanager der Burroughs Corp., mag sich nicht näher über die Zahlen auslassen. Doch der Umsatz sei "beträchtlich höher" als die in den Raum gestellten 50 Millionen Mark, soviel dürfe er wohl sagen.

Fest steht, daß die Eschborner Niederlassung schon bessere Zeiten gesehen hat. So hat es - nach firmennahen Quellen allerdings nur in einem Einzelfall - durchaus schon mehr als 100 Millionen Mark Jahresumsatz gegeben. In den letzten zehn Jahren sind diesen Quellen zufolge jedoch bei mäßigen Umsätzen schwarze Zahlen die Ausnahme geblieben. Daß sich daran seit dem Amtsantritt Schüttlöffels nichts Grundlegendes geändert hat, führen Beobachter unter anderem darauf zurück, daß der Vertriebsspezialist für Bürocomputer die Vermarktung von Mainframes nie in den Griff bekommen habe, ferner natürlich auf die Inkompatibilität der Rechner. Davon, daß die Burroughs-Architektur "einzigartig und das weitaus Beste auf dem Markt" sei (Quintana), haben sich nur wenige DV-Chefs überzeugen lassen: 60 Systeme seien in der Bundesrepublik installiert, sagt Schüttlöffel, womit er die Größenklassen 06 und höher des Diebold Management Report meint, also Anlagen von 500 000 Mark Hardwarewert aufwärts.

Das erwähnte Konsortium war übrigens schon im Dezember vorigen Jahres mit dem Ansinnen an Burroughs-Vorstandschef Blumenthal herangetreten, die deutsche Tochter zu übernehmen. Doch rief die Offerte der deutschen Investoren in Detroit nicht unbedingt helle Begeisterung hervor. Zunächst wurde (...) Gruppe von Blumenthals Adlatus Curtis Hessler höflich vertröstet. Inzwischen aber, nachdem Gespräche mit Euro-Statthalter Gerry Quintana stattgefunden haben sollen, reagiert dieser unwirsch auf entsprechende Fragen: "Wir wollen unsere Position in Deutschland ausbauen und nicht schwächen. Und für Hans Schüttlöffel ist das sieben Monate alte Angebot "Schnee von gestern". Es gebe Win dieser Richtung nicht die kleinste Spur irgendeiner Überlegung .