Studie No-Code / Low-Code 2023

KI im No-Code-/Low-Code-Einsatz

21.09.2023
Von 
Dr. Andreas Schaffry ist freiberuflicher IT-Fachjournalist und von 2006 bis 2015 für die CIO.de-Redaktion tätig. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Berichterstattung liegen in den Bereichen ERP, Business Intelligence, CRM und SCM mit Schwerpunkt auf SAP und in der Darstellung aktueller IT-Trends wie SaaS, Cloud Computing oder Enterprise Mobility. Er schreibt insbesondere über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen IT und Business und die damit verbundenen Transformationsprozesse in Unternehmen.
Rund die Hälfte der Unternehmen setzt eine No-Code-/Low-Code-Plattform ein. Die Integration von (generativer) KI gewinnt dabei stark an Bedeutung.
KI und Low-Code - eine Kombination für die Zukunft?
KI und Low-Code - eine Kombination für die Zukunft?

Moderne No-Code-/Low-Code-Plattformen ermöglichen es, die Transformation zu digitalen und durchgängigen Prozessen und Workflows effizient zu bewältigen. Geht es um die Softwareentwicklung, läuft es aber meist auf einen Methoden-Mix hinaus. Die Hälfte der Unternehmen, die Software und Applikationen selbst erstellen, nutzen dafür eine Low-Code-Plattform, 46 Prozent eine No-Code-Plattform. 51 Prozent, und damit eine hauchdünne Mehrheit, setzen gleichzeitig auch klassische Softwareentwicklungsplattformen ein und 40 Prozent nutzen agile Methoden (Scrum, Kanban, Extreme Programming).

Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Studie zu "No-Code/Low-Code", die CIO, CSO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern Nintex, TRANSCONNECT®, Simplifier, ESCRIBA und Engomo umgesetzt haben. Interessant ist dabei, dass kleinere Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten überproportional häufig No-Code- beziehungsweise Low-Code-Plattformen einsetzen (= 41 und 43 Prozent; klassische Plattformen = 27 Prozent). Im Gegensatz dazu bevorzugt eine deutliche Mehrheit der mittelgroßen Firmen mit 500 bis 999 Beschäftigten (64 Prozent) noch klassische Entwicklungsplattformen.

Was beim No-Code-/Low-Code-Einsatz zählt

Selbstredend muss der Einsatz einer No-Code-/Low-Code-Plattform einem Unternehmen auch konkreten geschäftlichen Nutzen bieten. Erwartet werden in erster Linie eine Beschleunigung der Softwareentwicklung (39 Prozent), eine Erhöhung der Prozesseffizienz (37 Prozent), Kostensenkungen (34 Prozent), die Möglichkeit zum Citizen Development und eine Steigerung der Usability (jeweils 33 Prozent).

Knapp ein Drittel der Befragten (32 Prozent) entscheidet sich für No-Code/Low-Code, um IT-Lösungen zu entwickeln, die nah an den Anforderungen des Business sind. Nur 18 Prozent nennen einen "immer stärker werdender Digitalisierungsdruck" als Top-Argument für einen No-Code-/Low-Code-Einsatz. Das überrascht, da in der allgemeinen Diskussion häufig betont wird, die Digitalisierung, zum Beispiel in Form durchgängiger und automatisierter End-to-End-Prozesse, lasse sich mit No-Code-/Low-Code-Entwicklung besonders effizient umsetzen.

Übrigens: 90 Prozent der Unternehmen, die eine No-Code-/Low-Code-Plattform nutzen, führen damit auch Änderungen, Anpassungen oder die Verknüpfung von Prozessen und Workflows durch.

Integration von KI-Funktionen gewinnt an Bedeutung

Besonders interessant: 65 Prozent der Befragten, die Software per No-Code/Low-Code entwickeln, beurteilen die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in entsprechende Plattformen als "sehr wichtig" oder "wichtig". Nur drei Prozent halten sie für "nicht wichtig" oder "gar nicht wichtig". Ganz oben auf dem Wunschzettel steht dabei die Einbindung von KI-Funktionen für Sprach- und Bilderkennung (54 beziehungsweise 53 Prozent), Vorhersageanalysen (52 Prozent) und einer KI- und ML-gestützten Softwareentwicklung (47 Prozent).

Für 65 Prozent der Befragten ist die Integration von KI in Plattformen besonders wichtig.
Für 65 Prozent der Befragten ist die Integration von KI in Plattformen besonders wichtig.
Foto: Research Services: Patrick Birnbreier

Zunehmend an Bedeutung gewinnt vor allem die Einbettung einer generativen KI wie ChatGPT in eine No-Code-/Low-Code-Plattform, um damit mögliche Lösungsansätze autogenerieren zu können. Das ist für 39 Prozent der Befragten ein gewichtiges Argument. Gefragt nach den Bereichen, in denen durch KI erweiterte No-Code-/Low-Code-Plattformen den größten Nutzen bieten, wird in allererster Linie die Logistik und das Supply Chain Management (68 Prozent), vor dem Vertrieb und dem Marketing (60 Prozent), dem Personalwesen (57 Prozent) und der Kundenbetreuung (41 Prozent).

Fast alle Unternehmen (94 Prozent), die Software per No-Code/Low-Code entwickeln, nutzen mindestens zwei Plattformen, meist sind es sogar mehr. 36 Prozent der Befragten setzen vier bis fünf Plattformen und 21 Prozent mehr als fünf ein. In 24 Prozent der Fälle werden drei und in 13 Prozent zwei Plattformen genutzt. Die Dominanz eines solchen Multi-Plattform-Ansatzes lässt sich darauf zurückführen, dass die einzelnen Plattformen die spezielle Anforderungen bestimmter Bereiche hin ausgerichtet sind, die eine Universalplattform nicht oder nur unzureichend abdecken kann. Die Befragten nutzen bevorzugt No-Code/Low-Code-Spezialplattformen, die auf den CRM-Bereich (35 Prozent) sowie auf den ERP-Bereich und die Entwicklung von Dialog- und Portalanwendungen (jeweils 34 Prozent) oder auf HR-Belange (32 Prozent) zugeschnitten sind.

Zufriedenheit ist hoch, doch es gibt Luft nach oben

Dass rund sieben von zehn Unternehmen (69 Prozent) mit ihren durchgeführten No-Code-/Low-Code-Projekten, in denen sie größtenteils kritische Applikationen realisierten, "sehr zufrieden" oder "zufrieden" sind, ist ein wichtiges Ergebnis. Es macht zugleich deutlich, dass es hier noch Luft nach oben gibt. Der Blick auf die Funktionsbereiche zeigt, dass die Zufriedenheit bei C-Level-IT-Entscheiderinnen und -entscheidern mit einem Anteil von 76 Prozent ("sehr zufrieden/zufrieden") mit Abstand am höchsten ausfällt, bei den Fachbereichen mit 55 Prozent dagegen am niedrigsten, eine Differenz von satten 21 Prozentpunkten.

Die relativ hohe Zufriedenheitsquote könnte möglicherweise damit zusammenhängen, dass Unternehmen in puncto No-Code-/Low-Code-Entwicklung inzwischen einen entsprechenden Reifegrad erreicht haben. In der Tat stufen viele den als hoch ein. In Bezug auf Low-Code ordnen sich etwas mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = Evaluierung; 5 = Innovation und aktiver Wandel durch unternehmensweiten Einsatz) dem höchsten oder zweithöchsten Reifegrad zu (Stufe 5 = Innovation; Stufe 4 = Skalierung, das heißt es gibt etablierte Prozesse und Strukturen). Bei No-Code sind es 47 Prozent, die sich den zwei höchsten Stufen zuordnen. Das interne Know-how in Bezug auf Low-Code ist somit insgesamt etwas höher als bei No-Code.

Über die Hälfte der Unternehmen stufen sich auf den beiden höchsten Reifegradstufen ein, wenn es um Low-Code geht.
Über die Hälfte der Unternehmen stufen sich auf den beiden höchsten Reifegradstufen ein, wenn es um Low-Code geht.
Foto: Research Services: Patrick Birnbreier

Die Selbsteinschätzung in Bezug auf den Reifegrad steht jedoch in gewissem Widerspruch zur Anzahl der bislang durchgeführten Projekte, die nicht sonderlich berauschend ist. 24 Prozent der Befragten haben in den vergangenen fünf Jahren pro Jahr maximal ein No-Code-/Low-Code-Projekt realisiert, 40 Prozent maximal zwei und etwas mehr als ein Drittel (34 Prozent) vier und mehr. Überraschend ist, dass mittelgroße und kleinere Firmen im Schnitt mehr Projekte durchgeführt haben als größere Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten. Die gute Nachricht ist, dass 71 Prozent der Unternehmen in den kommenden drei Jahren mit einer zum Teil sehr deutlichen Ausweitung des No-Code-/Low-Code-Einsatz rechnen. Die Gründe dafür sind unter anderem auch in Krisenereignissen wie der Coronapandemie, dem Ukrainekrieg oder der Inflation zu suchen.

Apropos Reifegrad: In puncto Citizen Development stuft fast die Hälfte der Unternehmen diesen auf einer Skala von 0 bis 5 (0 = nicht vorhanden; 5 = Innovation durch unternehmensweites Citizen Development) als "sehr hoch" oder "hoch" ein. Die Kehrseite der Medaille ist: 31 Prozent verfügen über keinerlei Kompetenz (Stufe 0; vier Prozent) in Bezug auf Citizen Development. Und elf Prozent geben zu Protokoll, sich noch in der Evaluierungsphase (Stufe 1) zu befinden.

No-Code/Low-Code - neben Vorteilen gibt es auch Nachteile

Die Studie hält darüber hinaus noch weitere interessante, zum Teil unerwartete Ergebnisse bereit, wie zum Beispiel diese: Arbeiten in einem Unternehmen Citizen Developer mit einer No-Code-/Low-Code-Plattform, wird ihnen in knapp drei Viertel der Fälle "grundsätzlich" oder "in der Regel" auch die Rolle eines Product Owner übertragen. Das ist eine herausgehobene Position, denn als Product Owner ist ein Citizen Developer auch verantwortlich für ein No-Code-/Low-Code-Projekt. Das lässt darauf schließen, dass die Fachbereiche, die Herr über das Prozesswissen sind, bei dieser Art der Softwareentwicklung stärker in die Verantwortung genommen werden. Dafür spricht auch die Tatsache, dass in nur acht Prozent der Fälle ausschließlich professionelle Programmierer als Product Owner fungieren.

Unternehmen rechnen zudem damit, dass ein No-Code/Low-Code-Einsatz neben vielen Vorteile auch Probleme oder Nachteile mit sich bringen kann, in erster Linie im Hinblick auf die IT-Security (35 Prozent) und das Entstehen einer "Schatten-IT" (30 Prozent). 27 Prozent befürchten, dass No-Code/Low-Code zu einem unkoordinierten Vorgehen führt. 26 Prozent rechnen mit Problemen, was den Datenschutz angeht, und 24 Prozent mit der Herausbildung von Insellösungen.

Als größten Nachteil sehen die Befragten die IT-Security im Kontext von No-Code/Low-Code.
Als größten Nachteil sehen die Befragten die IT-Security im Kontext von No-Code/Low-Code.
Foto: Research Services: Patrick Birnbreier

Ebenfalls bemerkenswert: Nur 41 Prozent der befragten Unternehmen sind davon überzeugt, dass der Einsatz einer No-Code-/Low-Code-Plattform dazu beitragen kann, das IT-Business-Alignment zu stärken und eine Transformation der IT in Richtung Business-Technology-Organisation anzustoßen. Allen voran kleinere Betriebe sind in dieser Beziehung skeptisch. Dieser Change-Prozess lässt somit also noch einige Zeit auf sich warten.

Jetzt im Shop: die Studie "No-Code / Low-Code 2023".
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Foto: Research Services: Patrick Birnbreier

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Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: Nintex Deutschland (Platin) ; TRANSCONNECT® (Gold) ; ESCRIBA AG (Silber) ; Simplifier AG (Silber) ; engomo GmbH (Partner) ; Neptune Software GmbH (Partner)

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 386 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 04. bis 11. Juli 2023

Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Abstimmung mit den Studienpartnern