Jahresbericht der Frankfurter Prüfer befaßt sich mit "EWS" und "Alfa":Rechnungshof kritisiert DV bei Post und Zoll

09.01.1981

FRANKFURT (es) - "Schlecht genutzt" werden nach einem jetzt veröffentlichten Bericht des Bundesrechnungshofes in Frankfurt die DV-Ressourcen der Deutschen Bundespost - wie überhaupt der Datenverarbeitung im öffentlichen Bereich von den Prüfern kein gutes Zeugnis ausgestellt wird. Kritik üben die Frankfurter "Controller" auch am Bundesforschungsministerium, das DV-Fördergelder mehr nach dem Zufallsprinzip als nach erfolgsorientierten Kriterien ausgebe.

Gestreng wie Dagobert Duck seinem leichtlebigen Neffen Donald klopft Präsident Karl Wittrock vom Bundesrechnungshof jedes Jahr jenen Bundesbehörden und Dienststellen auf die Finger, die zwei Jahre zuvor allzu sorglos mit den Steuergroschen der Bundesbürger umgegangen sind.

Heuer traf die Kritik aus Frankfurt die Datenverarbeiter von Post und Zoll und eine allgemeine Philippika ging auch über das Bonner Forschungsministerium nieder: Minister von Bülow solle Projekte von Entwicklungsfirmen und Forschungsinstituten nicht mehr zu hundert Prozent finanzieren sondern auf einer "angemessenen" Eigenbeteiligung bestehen, da die Geförderten ihre Innovationen schließlich später vermarkteten.

Die Rechnungsprüfer meinen ferner, Entwicklungen, an denen ein echter Bedarf bestehe, erkenne man ohnedies am besten daran, daß die Initiatoren bereit seien, ihr eigenes Scherflein beizutragen. Außerdem soll der Fluß von Bonner Geldern nicht "von dem zufälligen Umstand abhängen", ob gerade irgendjemand mit einem ausgefüllten Projekt-Antrag im Forschungsministerium vorbeischaut.

Die Wittrock-Mannen sind darüber hinaus der Ansicht, daß die "Erfolgskontrolle" der Forschungsförderer erheblich verbessert werden könnte.

Teure Airport-Zoll-DV

Die Rechnungsprüfer bleiben jedoch nicht bei allgemein gehaltener Kritik. Sie nennen bestimmte Computer-Mißstände beim Namen. Beispiel: Das "Automatisierte Luftfrachtabwicklungsverfahren" (Alfa), das laut Bericht auch nach acht Jahren Planung und zwei Jahren Einsatz immer noch auf wirtschaftliche Ergebnisse warten läßt.

Alfa soll die Arbeit des Frankfurter Flughafen-Hauptzollamts erleichtern, wobei man ursprünglich auf 50 Prozent Kostensenkung und schnelleren Betrieb gehofft hatte. In Wirklichkeit aber blieb die Zahl der Beamten vor Einführung der DV jahrelang konstant, um erst dann merklich zu wachsen. Grund: Die Leute müssen (an 47 Terminals) heute eine Arbeit verrichten, die größer ist als das mit Hilfe der Datenverarbeitung eingesparte Arbeitsvolumen. "Dafür" geht es aber auch nicht schneller als früher - und sogar die öden Routinearbeiten, von denen der 33-Millionen-Mark-Computer (ein Siemens 4004/151-Doppelprozessor) ursprünglich entlasten sollte, sind es eher mehr als weniger geworden.

So richtig an das Parkinsonsche Gesetz erinnert die Sache aber erst, wenn man hört, daß inzwischen weniger Waren als früher durch die Zollmühle gedreht werden müssen. Die Alfa-Planer wußten das zwar längst, machten aber laut Rechnungshof unbekümmert weiter. Erfolg: Heute stehen in Frankfurt ungenutzte CPU-Kapazitäten herum - und den Steuerzahler gruselt's . . .

Eine Post - fünf Systeme

Zweites Beispiel: Die DV-Planungen der Bundespost, mit denen sich die Rechnungskontrolleure besonders "liebevoll" und ausführlich auseinandersetzen. Die Post, so der Prüfbericht, arbeite mit fünf verschiedenen DV-Systemen, was teuer und umständlich sei. Sie leiste überdies nur einen unzureichenden Kapazitätsausgleich zwischen ihren Rechenzentren, und das sowohl regional als auch im überregionalen Betrieb. Schließlich nutze die Deutsche Bundespost ihre Reserve-Anlagen nur schlecht. Für diese Kalamitäten macht der Bundesrechnungshof die Organisation der Bundespost verantwortlich: Die Post ist immer noch in die Bereiche Postwesen und Fernmeldewesen unterteilt, und die zwischengeschaltete Koordinierungsstelle hat offenbar fast nichts zu sagen. Ihr sollte man mehr Macht verleihen, lautet daher der Rat aus Frankfurt, zumindest für das Gebiet Datenverarbeitung.

Im einzelnen bedeutet das, daß den Post-Fachbereichen die Zuständigkeit für die DV entzogen und im Postministerium eine zentrale DV-Gruppe für alle DV-spezifischen Managementaufgaben geschaffen werden sollte, wobei die Funktionen "Bedarfsträger" und "Bedarfsdecker" getrennt werden müßten. Dann könne man die Rechenzentren unter Umgehung der einzelnen Direktionen fachlich direkt den Referaten der DV-Gruppe unterstellen und sie als regionale Dienstleistungsbetriebe für alle Aufgaben der Post organisieren. Mit dieser Zentralisierung der DV-Kapazitäten käme man auch dem geplanten Rechnerverbundnetz der Post näher.

Widerworte des Postministeriums in denen besonders von "bestehenden Organisationsgrundsätzen" die Rede ist, findet der Rechnungshof, wie er weiter ausführt, kaum überzeugend. Die Post müsse auch einmal Belastungen schlucken, die eine Änderung ihrer Organisation nach sich ziehen würde - solange diese Umstellungskosten nicht übermäßig hoch seien.

Wie teuer eine ineffiziente Organisation die Post- und letztlich deren Kunden - im Einzelfall zu stehen kommen kann, illustrieren die kritischen Nach-Kalkulatoren aus Frankfurt am Beispiel des "Bedienungsrechners" für das Elektronische Wählsystem (EWS). Eine Hardware, die die Aufgaben dieses EWS-Bausteines ausführen konnte, sei seinerzeit auf dem Markt gewesen und es ging laut Prüfbericht nur noch darum, die zugehörige Software zu modifizieren.

Diesen Job übertrug der Postminister voll und ganz der einschlägigen Fachabteilung, ohne die eigentlich DV-kompetente Abteilung zu beteiligen - mit der Folge - so sehen es die Prüfer-, daß alle Aufträge, sowohl für die Rechner als auch für die Software, an die Siemens AG gingen, die auch den Gesamtentwicklungsauftrag hatte. Dabei erteilten die - nach Ansicht des Bundesrechnungshofes - DV-unkundigen Postler den Software-Auftrag zu "Selbstkostenerstattungspreisen ohne Höchstberenzung" - ein folgenschwerer Fehler, wie sich bald zeigen sollte.

Als nämlich die Abrechnung vorlag, mußte der Auftraggeber, der laut Prüfbericht nicht fähig war, die Abwicklung des Auftrags zu beeinflussen oder auch nur zu kontrollieren, zusätzlich zu unerfreulichen Terminüberschreitungen auch noch erhebliche Überschreitungen des geschätzten Kostenrahmens hinnehmen. Unter anderem übrigens auch deshalb, weil der Hauptspeicher des Rechners innerhalb von zwölf Monaten um nicht weniger als 160 Prozent erweitert werden mußte.

Wären die wahren DV-Experten der Post - etwa vom Posttechnischen Zentralamt in Darmstadt - an der ganzen Sache beteiligt gewesen, meinen die Prüfer, hätte man dem Lieferanten sicher besser auf die Finger schauen und die "den Bedarf übersteigende Auslegung der Hardware" vermeiden können.

Korrektur

Durch ein technisches Versehen erhielten die Tabellen 1 und 2 im ersten Teil des Beitrags "Software-Produktion: Abschied vom Durchwursteln" nur "halbrichtige" Überschriften. Richtig müssen sie lauten: Tabelle 1: Die Konzepte der Software-Produktions-Umgebungen und Tabelle 2: Die Beschreibungsmittel der Software-Produktions-Umgebungen. Der erste Teil war abgedruckt in CW Nr. 51/52 vom 19. Dezember 1980.