Produktpalette wird aufgeteilt

J. D. Edwards hofft auf Bestandskunden

21.06.2002
DENVER (mo) - J. D. Edwards will seine Unternehmenssoftware in den kommenden zwei Jahren erweitern. Damit soll auch mehr an die bestehenden Kunden verkauft werden. Um Umsatz und Profitabilität nach längerer Durststrecke wieder anzukurbeln, setzt der Anbieter außerdem auf das Servicegeschäft.

In den kommenden 24 Monaten will J. D. Edwards (JDE) mehr neue Funktionen für seine betriebswirtschaftliche Standardsoftware bereitstellen als in jeder Zweijahresperiode zuvor, kündigte Robert Dutkowsky, CEO bei dem Softwareanbieter aus Denver, auf der Focus 2002 an, der Benutzerkonferenz des Anbieters. Damit geht das Unternehmen den entgegengesetzten Weg, den der Konkurrent SAP eingeschlagen hat. Das Walldorfer Softwarehaus will seine Software ausmisten und die 50 Prozent der Funktionen streichen, die nach Ansicht des Co-Vorstandssprechers Hasso Plattner nicht mehr benötigt werden (siehe CW 24/02, Seite 9).

"Wer bisher wenig Funktionen hatte, muss mehr liefern, und wer in der Vergangenheit viele Funktionen hatte, darf sie nicht beliebig vermehren, sondern muss sie übersichtlicher anbieten", kommentiert Unternehmenssoftwareexperte Helmuth Gümbel vom Beratungsunternehmen Strategy Partners die unterschiedlichen Ansätze. Auf der Focus stellte JDE eine ganze Palette neuer Funktionen vor. Die Erweiterungen sind Bestandteil der umbenannten und erweiterten Software "J. D. Edwards 5", die zuvor "Oneworld" hieß. J. D. Edwards 5 wird in verschiedenen Komponenten ausgeliefert, die einzeln vermarktet werden - unter anderem für das klassische ERP (Enterprise Resource Planning), das Supply-Chain-Management, Customer-Relationship-Management und Business Intelligence. Damit folgt JDE dem allgemeinen Trend in der ERP-Anbieter-Branche. Auch Konkurrenten wie SAP und Oracle bieten ihre monolithischen Anwendungen mittlerweile aufgeteilt in einzelne Anwendungsbausteine an.

Die Aufgliederung in einzelne Komponenten soll das Angebot auch für bestehende Kunden attraktiver machen, die bislang nur die Möglichkeit hatten, zum Beispiel beim Umstieg von "Worldsoftware" auf Oneworld das gesamte integrierte Paket zu nutzen. Richard Allen, Executive Vice President und Chief Financial Officer bei JDE, stellt klar, dass dies ein wichtiger Teil der neuen Strategie des Anbieters sei. Zurzeit kämen 50 bis 60 Prozent der Umsätze aus dem Geschäft mit Neukunden. Bei Mitbewerbern sei die Quote deutlich niedriger. Um die Verkäufe an Bestandskunden anzukurbeln, hat JDE die Quote der Vertriebsmitarbeiter für diese Zielgruppe von zehn auf 30 Prozent erhöht.

Mehr Umsatz ist für JDE dringend nötig. Im Geschäftsjahr 2001 (Ende: 31. Oktober) sind die Einnahmen auf 895 Millionen Dollar gefallen gegenüber 1,02 Milliarden Dollar im Vorjahr. Noch dramatischer ist die Entwicklung bei den Lizenzumsätzen, die um rund 35 Prozent zurückgegangen sind. Aber es gibt auch positive Zeichen. In den vergangenen zwei Quartalen schrieb das Unternehmen wieder Gewinn, und die Erwartungen der Analysten wurden leicht übertroffen. Zur Umsatzsteigerung soll auch das Servicegeschäft beitragen. "Statt an zehn Prozent der Einführungen beteiligt zu sein, möchten wir im Lauf der Zeit auf eine Quote von 30 bis 40 Prozent kommen", kündigt Allen an.

Während das Unternehmen weltweit nur mäßige Zahlen vorlegt, sieht das Deutschland-Geschäft gut aus. Um rund 70 Prozent ist der Softwarelizenzum-satz von J. D. Edwards (JDE) in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren zusammengerechnet gestiegen, sagte Peter Landolt, General Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 30 Prozent - allerdings auf niedrigem Niveau: "Die aktuelle Situation von JDE in Deutschland ist dadurch charakterisiert, dass man zwar profitabel ist, aber einen mikroskopisch kleinen Marktanteil hat", stellt Analyst Gümbel fest. Allerdings habe das Unternehmen seine Position auf dem hiesigen Markt gestärkt.

Ohne absolute Zahlen zu nennen, gesteht auch Landolt ein, dass der Umsatz gering ist. JDE habe bis vor drei Jahren seine Software primär an Töchter von US-amerikanischen Unternehmen verkauft. Das hat sich nun geändert, auch originär deutsche Unternehmen wie Sennheiser wurden als Kunden gewonnen. Mittlerweile gibt es knapp 400 Unternehmen, die hierzulande die Produkte des Anbieters einsetzen. Das Gros der Installationen umfasst 200 bis 800 Nutzer. Dabei werden in der Regel bestehende Installationen abgelöst - vor allem die von kleineren lokalen Anbietern, aber auch von Brain und Baan. Eine R/3-Ablösung kann JDE Deutschland jedoch nicht vorweisen. Allerdings kritisiert Gümbel, dass das Unternehmen hierzulande jeden Kunden genommen hat, den es kriegen konnte - ohne Rücksicht auf die Branche: "Das ist wenig synergetisch - da müsste JDE einiges tun."