IT-Selbständige im Visier der Behörden

13.12.2007
Finanzämter und die Rentenversicherung kontrollieren IT-Freiberufler häufiger als in den vergangenen Jahren. Wer sich richtig verhält, kann Behördenschwierigkeiten aus dem Wege gehen.

Auch wenn Sie in der Vergangenheit von Ihrem Finanzamt bereits ein Signal für die Anerkennung als Freiberufler erhalten haben, kann dieser Status jederzeit etwa durch eine Betriebsprüfung wieder in Frage gestellt werden. Im Falle einer dann diktierten Gewerblichkeit muss der Betroffene häufig hohe fünfstellige Gewerbesteuerzahlungen leisten, und auch die Zinsen für die verspätete Nachzahlung sind nicht unerheblich. Ähnliche Risiken gelten für die Rentenversicherungspflicht. Die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer ändert bei hohen Gewinnen wenig an dieser negativen Ausgangsposition. Der Gewerbetreibende muss zudem andere Nachteile in Kauf nehmen wie die Pflichtmitgliedschaft in der IHK, die Bilanzierungspflicht, die doppelte Buchführung und damit verbundene erheblich höhere Honorare für seinen Steuerberater.

Leserservice

*Peter Brenner ist seit 1978 Informatiker und als Existenzgründungsberater und Coach sowie Gutachter zur Klärung der IT-Selbständigkeit tätig. Bei Rückfragen steht er für ein 20-minütiges kostenloses Beratungsgespräch unter der E-Mail peterbrenner@t-online.de oder Telefon 0172/547 08 92 zur Verfügung. Eine längere Fassung seines Textes ist nachzulesen unter www.computerwoche.de/freiberufler/nachrichten/1849888. Zusätzlich gibt es Informationen unter www.svkanzlei.de.

Nach wie vor verlangen Finanzämter und Finanzgerichte umfangreiche Unterlagen als Nachweis der Freiberuflichkeit. Vorzulegen sind Selbstdokumentationen, Wissensvergleiche, Tätigkeitsbeschreibungen, Bestätigungen, Referenzen und Arbeitsergebnisse. Dabei kommt es nicht nur auf die Ausbildung, sondern auch auf die Tätigkeitsinhalte und die ingenieurmäßige und ingenieurvergleichbare Vorgehensweise an.

Rückwirkende Anerkennung weiterhin möglich

Durch den Vortrag neuer Tatsachen ist die Rückzahlung bereits gezahlter Gewerbesteuer möglich. Versüßt wird dieser Erfolg durch die Zahlung von steuerfreien sechs Prozent Zinsen im Jahr, also brutto für netto. Jeweils zum 31. Dezember geht ein rückwirkendes Jahr verloren, weil der Anspruch dann endgültig verjährt. Gerechnet vom Zeitpunkt der Abgabe einer Gewerbesteuererklärung plus vier Jahre ist eine Rückwirkung grundsätzlich noch möglich.

Rentenversicherung drängt auf Kontenklärung

Eine raffinierte Methode wendet aktuell die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) an. Statt sich ausschließlich um Betriebsprüfungen zu kümmern, bittet sie schriftlich um Klärung nicht erklärter Zeiten. Dadurch erfährt die DRB erstmalig von der Selbständigkeit eines Informatikers und prüft daraufhin die Rentenversicherungspflicht. Erhält der Informatiker mehr als fünf Sechstel seiner Einkünfte von einem Auftraggeber und beschäftigt er keinen Angestellten, befindet er sich in Gefahr, bis zu zirka 24 000 Euro Höchstbeiträge für vier Jahre nachzahlen zu müssen.

Der Einsatz eines Angestellten mit mehr als 401 Euro Monatsverdienst wird auch vom Finanzamt nur bei korrekter Einhaltung aller Formalien wie Lohnsteuerkarte, eigenes Konto und Vertrag mit Stellenbeschreibung zur Lösung des Problems führen.

2008: Änderungen durch die Unternehmenssteuerreform

Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen wie Zinsen sind nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar. Daraus ergibt sich in vielen Fällen eine steuerliche Mehrbelastung.

Fundierte Gutachten überzeugen das Finanzamt

In vielen Fällen ist es sinnvoll, die Anerkennung als Freiberufler mit Hilfe eines durch einen Sachverständigen erstellten Gutachtens zu betreiben. Dazu müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen ist mit dem zuständigen Finanzamt zu vereinbaren, dass ein Gutachten vorgelegt wird. Zum anderen ist wichtig, im Vorfeld einen Beweisbeschluss zu definieren, aufgrund dessen der Sachverständige das Gutachten erstellt. Durch ein fundiertes und nachvollziehbares Gutachten ist die Anerkennung als Freiberufler innerhalb weniger Wochen erreichbar.

Staatlich gefördertes Gründungs-Coaching

In den ersten drei Jahren der Selbständigkeit und auch vor Beginn ist eine zu 50 Prozent staatlich geförderte Gründungsberatung sinnvoll, um beim Start fehlerlos zu agieren. Innerhalb des Coachings erstellte gutachterliche Testate verhindern die Gewerblichkeit und die Rentenversicherungspflicht. Informieren kann man sich zum Beispiel beim Berufsverband der Selbständigen in der Informatik (BVSI e.V., www.bvsi.de).

Die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung wird für den IT-Selbständigen immer größer, zumal die Finanzverwaltungen in letzter Zeit zusätzliche Betriebsprüfer eingestellt haben. Eine kritische Überprüfung der Buchhaltung zu häufig strittigen Prüfungsfeldern wie Telefon-, Reisekosten, Ehegattenarbeitsverträgen, Auslandsgeschäften, Fahrtenbuch, Firmen-Pkw und Pri-vatkonten ist erforderlich. (hk)