Thema Nummer eins: Personalbeschaffung

IT-Berater: Neue Strukturen für das E-Business

18.02.2000
MÜNCHEN (CW) - Ernst & Young entlässt in den USA rund 400 Angestellte, KPMG sucht verzweifelt nach neuen Beratern. Das Internet verändert den Personalbedarf und zwingt dadurch die Consulting-Unternehmen zu gravierenden strukturellen Anpassungen.

Wie stark sich der elektronische Handel auf die Geschäftswelt auswirkt, erfahren nun auch rund fünf Prozent der amerikanischen IT-Berater von Ernst & Young am eigenen Leib: Ihnen wurde kurzerhand der Stuhl vor die Tür gesetzt. Das Unternehmen will, wie seine "Big-Five"-Konkurrenten KPMG, Deloitte, Andersen und Pricewaterhouse-Coopers, den raschen Wechsel vom traditionellen IT-Consulting hin zum E-Business-Kompetenzzentrum vollziehen. Supply-Chain- und Customer-Relationship-Management heißen die Geschäftsfelder, auf denen die Dienstleister künftig ihre Ernte einfahren wollen - allerdings mit neuen Angestellten.

Zwar locken hohe Margen im E-Business-Bereich, jedoch sehen sich die traditionellen Dienstleister mit Problemen der Personalbeschaffung und -bindung konfrontiert. Die guten E-Consultants gehen lieber zu Startup-Unternehmen und haben den Börsengang sowie die damit verbundenen Aktienoptionen im Visier. Wer an seinen alten Firmenstrukturen festhält, hat leicht das Nachsehen, denn ohne die passenden Angestellten wird aus dem "People Business" schnell ein "Out of Business".

Der Beratungskonzern KPMG hat die Zeichen der Zeit erkannt und Anfang Februar einen lange erwarteten Schritt getan: Ab sofort tritt die IT-Sparte unter dem Namen KPMG Consulting als eigenständige Firma auf und soll so schnell wie möglich an die Börse. Rund 17000 Angestellte in 160 Ländern hat die Einheit jetzt schon, bis Mitte 2002 sollen weitere 4000 folgen. Mit im Boot sitzt der Netzwerkspezialist Cisco Systems, der 19,1 Prozent der Anteile hält und dafür bereits im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Dollar auf den Tisch gelegt hat.

Geht es nach Jim McGuire, Chefmarketier der New Yorker KPMG, hat der Börsengang der Consulting-Sparte bereits in drei Monaten alle regulatorischen Hürden genommen. Aktienoptionen, die dann bei Vertragsverhandlungen in die Waagschale geworfen werden können, helfen der Firma "im Wettbewerb gegen Neugründungen aus dem Silicon Valley", so McGuire. Dass in den letzten Jahren hochrangige KPMG-Berater zu Startups an die Westküste abgewandert sind, bestätigt er.

Laut KPMG lag die eigene Kündigungsquote 1999 bei rund 20 Prozent. Damit bewege sich die Firma im oberen Bereich der Big Five, so die Marktforscher der Kennedy Information Research Group: "Die Abwanderungsrate aller Beratungshäuser ist seit ein paar Jahren kontinuierlich angestiegen und liegt nun zwischen 15 und 20 Prozent im Jahr", wie Kennedy-Analyst Joshua Randall feststellt. Eine hohe Fluktuation hat darüber hinaus den Nachteil, dass die Berater mitten in wichtigen Projekten ihren Hut nehmen und dadurch Kunden verprellt werden.

Durch die hohe Fluktuation werden Kunden verprelltDass Ernst & Young eine andere Personalstrategie als KPMG einschlägt, stimmt nur vordergründig: Die Firma steht seit geraumer Zeit in Verhandlungen mit dem französischen IT-Dienstleister Cap Gemini. Dieser will die komplette Consulting-Sparte von Ernst & Young übernehmen und somit selbst zu den Big Five aufschließen. Problematisch ist die Sozietätsstruktur der Amerikaner, die Gespräche mit allen Partnern erfordert. Die Entlassungen hätten jedoch mit den laufenden Verhandlungen nichts zu tun, so Larry Parnell. Der Sprecher von Ernst & Young verwies darauf, dass die Firma zusätzliche Angestellte mit E-Business-Know-how sucht.