Fragen an Bosch-Trainingsexperten

Investitionen in Lernzentren zahlen sich nicht aus

17.10.1997

CW: Kurze Zeit setzten die Unternehmen für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter auf Selbstlernzentren. Jetzt scheint sich der Trend umzukehren, also wieder in Richtung Wissensaneignung direkt am Arbeitsplatz. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Mehrling: Der Trend geht eindeutig in diese Richtung. Allerdings: Viele Unternehmen haben kostspielige Selbstlernzentren eingerichtet und können sich nun aufgrund der hohen Investitionen nur schwer wieder davon trennen. Bei Bosch sind wir völlig davon abgekommen. Flexibles praxisorientieres Lernen ist am Arbeitsplatz besser möglich.

CW: Waren die Kosten für die Lernzentren zu hoch?

Mann: Das war nicht das Problem. Das, was wir befürworten, ist wohl genauso teuer wie die früheren Ansätze. Es ergeben sich aber andere Vorteile: effizienteres Arbeiten sowie qualifiziertere und motiviertere Mitarbeiter.

CW: Haben die Mitarbeiter neue Medien wie CBT oder Online-Lernen gleichgut akzeptiert?

Mehrling: Anfangs nicht durchgehend: Als wir die Multimedia-PCs mit Soundkarte eingeführt haben, wurden sie von einigen Mitarbeitern als Spielerei angesehen. Aber diese Vorbehalte bestehen heute nicht mehr.

CW: Welche Auswirkungen hat das neue Lernen auf Ihr Bildungskonzept insgesamt? Wie integrieren Sie die neuen Lernmedien?

Mehrling: Unsere Seminare werden immer mehr zu Workshops, in denen an speziellen Problemen gearbeitet wird. Das Basiswissen eignet sich der Mitarbeiter auf andere Weise, mit anderen Medien an. Unser Motto heißt Medienvielfalt.

CW: Wie lösen Sie das Problem der Erfolgskontrolle, an die Kritiker bei elektronischen Lernmedien strengere Maßstäbe anlegen als beim Frontalunterricht?

Mann: Wichtig ist, zu erkennen, ob der Mitarbeiter kompetent ist, und das funktioniert am besten im Rahmen eines Gesprächs. Die Leute können sich mit den neuen Medien auch eigenständig auf eine weiterführende Karriere vorbereiten. Und sie haben damit auch die Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen.

CW: Sie wollen auch CBT-Programme online anbieten. Nun ging der Trend bei Lernprogrammen in der letzten Zeit immer mehr in Richtung Multimedia, also CDs mit Videosequenzen. Wie paßt das mit Online-Lernen zusammen?

Mehrling: Lernprogramme müssen noch modularer als bisher gestaltet werden. Es existieren bereits Forderungen an die Hersteller, CBT in kleinen Häppchen aufzubereiten, so daß ein Mitarbeiter zum Beispiel zur Textverarbeitung nur den Lernhappen "Serienbrief" abrufen kann.