European Satellite Navigation Competition 2012

Indoor-Navigations-System für Smartphones prämiert

29.10.2012
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Dass im Bereich Navigationssysteme längst noch nicht alle Wege erschlossen sind, beweist der renommierte Wettbewerb „European Satellite Navigation Competition, dessen Sieger am Donnerstag, den 25. Oktober, in München geehrt wurden.
ULF-MC eignet sich für verschiedene Szenarien
ULF-MC eignet sich für verschiedene Szenarien
Foto: Fraunhofer Portugal

Gesamtgewinner wurde ein Projekt von Fraunhofer Portugal und der Universität Porto zur nahtlosen Navigation, das mittels Ultraniederfrequenz-Magnetfeldkommunikation (ULF-MC) auch innerhalb von Gebäuden zuverlässig funktioniert. ULF-MC ist bereits von aktuelle Smartphones nutzbar und kann außerdem für Mobile Payment und individualisierbare Werbung eingesetzt werden. Die Lösung konnte sich gegenüber 405 Wettbewerbsbeiträgen aus mehr als 40 Ländern durchsetzen und den mit EUR 20.000 dotierten Hauptpreis des neunten European Satellite Navigation Competition (ESNC) gewinnen.

Echtheitsprüfung von Geodaten via Galileo RPS
Echtheitsprüfung von Geodaten via Galileo RPS
Foto: Fraunhofer IIS

Den zweiten Platz in der Gesamtwertung belegten die bayerischen Regionalgewinner Alexander Rügamer und Manuel Stahl vom Nürnberger Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen. Sie gewannen mit ihrer wegweisenden Idee zur Echtheitsprüfung von Georeferenz- und Positionsdaten auf Basis des verschlüsselten Navigationsdienstes Galileo Public Regulated Service (PRS). Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten liegen vor allem im Massenmarkt, beispielsweise in den Bereichen Mautsysteme oder sichere Bankgeschäfte.

Die "Travel Time Platform" ermittelt Reiseziele auf Basis der Fahrtdauer.
Die "Travel Time Platform" ermittelt Reiseziele auf Basis der Fahrtdauer.
Foto: iGeolise

Die Firma iGeolise Ltd. erreichte Platz drei, der Regionalgewinner für Großbritannien, mit einer derzeit einzigartigen Suchmaschine. Nach dem Motto „Zeit ist wichtiger als Kilometer“, bekommen Nutzer der „Travel Time Platform“ Suchergebnisse basierend auf der Fahrtdauer angezeigt - also die Treffer, die sie innerhalb eines gewünschten Zeitrahmens erreichen könnten. Die Anwendung ist bereits in mehreren europäischen Städten erfolgreich im Einsatz.

„Vernetztes Fahrzeug“ wird Galileo Pro

Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation soll mehr für Sicherheit im Verkehr sorgen.
Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation soll mehr für Sicherheit im Verkehr sorgen.
Foto: Haitec

Erstmals wurde in diesem Jahr neben dem Galileo Master auch der Galileo Pro gekürt, der Gesamtgewinner in der Kategorie der Protypenpreise. Das Gewinner-Team um Wei Li von der taiwanesischen Firma HAITEC entwickelte ein System, das auf drei modernen Technologien basiert, unter anderem auf der für die Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation entwickelte DSRC-Technologie (Dedicated Short-Range Communication). Damit wird Autofahrern die Kommunikation untereinander erleichtert. Darüber hinaus wird auch die Sicherheit erhöht, in dem das System den Fahrer vor Gefahren durch andere Verkehrsteilnehmer warnt, oder ihn daran erinnert, bei Gegenverkehr das Fernlicht auszuschalten.

Fünf Spezialpreise

Mit fünf Spezialpreisen in unterschiedlichen Kategorien wurden folgende auf Satellitennavigation (GNSS) basierende Geschäftsideen von hochrangigen Vertretern aus Industrie und Forschung ausgezeichnet:

Den Preis für die vielversprechendste Anwendung von EGNOS, dem europäischen Erweiterungssystem zu GPS, erhielt Rafael Olmedo von der spanischen Firma GEKO NAVSAT. Bei der Gewinneridee 3SOUND NAVIGATION handelt es sich um ein Navigationssystem, das erstmals sogenannte binaurale oder beidohrige, akustische Signale (3D Töne) und GNSS-Technologien kombiniert, um Menschen mit Sehbehinderung oder bei schlechter Sicht auf einer vorgegebenen Strecke sicher zu navigieren. Ein Prototyp wurde als Smartphone-Anwendung bereits erfolgreich getestet.

Jonathan Durant aus Frankreich gewann den mit 10.000 Euro dotierten Innovationspreis der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) mit seinem Projekt Citizen First Aid. Die Idee besteht aus einer plattformunabhängigen mobilen Anwendung, zur schnellen und gezielten Unterstützung von Menschen in Notsituationen. Mittels GNSS wird ein passender Nutzer in der Nähe des Bedürftigen lokalisiert und benachrichtigt, beispielsweise wenn dringend ein Medikament benötigt wird oder ältere Menschen kurzfristig Hilfe brauchen.

Den Preis des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erhielten Dr. Boris Vassilev und Dr. Boriana Vassileva von der Technischen Universität Sofia, Bulgarien. In ihrem Projekt nutzen sie Satellitenempfänger und ausgeklügelte Berechnungsmethoden zur Bestimmung des Flugverhaltens und der Geschwindigkeit von bemannten und unbemannten Flugkörpern. Die Methode eignet sich hervorragend für die Anwendung in der Luftfahrt und kann darüber hinaus auch bei anderen Verkehrsmitteln wie Schiffen und Autos verwendet werden. Das DLR wird die Gewinner bei der Weiterentwicklung der Methode mit seiner Expertise im Wert von etwa EUR 50.000 unterstützen.

Der HPI-Preis wiederum ging an Nicole Wagner und ihr Team vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik IML in Prien am Chiemsee für das Forschungsprojekt immer MOBIL. Das Projekt zur Verbesserung der Mobilität von Personen gerade im ländlichen Raum kombiniert neueste Technik und einfache Nutzung zu einer kostengünstigen Plattform für optimierte Personenbeförderung, die sich weltweit einsetzen lässt. Über die Plattform können Nutzer positionsbezogen die günstigsten Verkehrsmittel auswählen, um direkt von ihrem jeweiligen Standort das gewünschte Ziel zu erreichen. Die Plattform greift dabei auf öffentliche, aber auch alternative Transportmittel, wie beispielsweise private Mitfahrgelegenheiten, zurück. Die einfache Benutzeroberfläche der online Plattform wird, gerade für die Reiseplanung ältere Nutzer, durch ein Call Center ergänzt.

Als Gewinner der University Challenge wurden Luis Gomes und Filipe Sousa für ihre App Access ON ausgezeichnet. Das soziale Projekt zielt darauf ab, das tägliche Leben von Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu erleichtern, indem bestehende Hindernisse mit Hilfe der App-Nutzer beseitigt werden. In einem einfachen, dreistufigen Prozess identifizieren die Nutzer mit einem Smartphone Barrieren, beispielsweise beim Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Supermärkten oder Geldautomaten. Die mit Bild und genauer Position versehenen Meldungen werden zur zeitnahen Behebung der Barriere über die Access ON Plattform anonym an die zuständige Behörde oder Stelle weitergeleitet.

Prototypenpreise

Vamos: In Echtzeit sehen, wohin die Freunde gehen.
Vamos: In Echtzeit sehen, wohin die Freunde gehen.
Foto: Vamos & Friends

Die folgenden zwei innovativen Prototypentwicklungen wurden in der Kategorie Prototypenpreise ausgezeichnet: Den GNSS Living Lab Preis erhielt David Prentell und sein Team von der Berliner Vamos & Friends UG für den Prototyp von Vamos. Bei dem mobilen Service handelt es sich um den weltweit aktuellsten Event Guide, der auf dem individuellen Standort des Nutzers und dessen Vorlieben basiert. Nutzer sehen in der App in Echtzeit wohin ihre Freunde gehen, oder welches die beliebtesten Veranstaltungen im Umkreis sind, egal in welcher Stadt der Welt sie sich befinden.

Wei Li und sein Team von der taiwanesischen Firma Haitec erhielten zusätzlich zum Galileo Pro auch den Prototypen-Preis zum Thema „vernetztes Fahrzeug“. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis enthielt darüber hinaus die Einladung von acht Finalisten nach Taiwan, um ihre Entwicklungen persönlich auf dem ITRI-Testgelände zu demonstrieren.

Zusätzlich zu den Spezial- und Prototypenpreisen wurden 24 regionale Gewinner von Expertengremien in den Partnerregionen des ESNC ausgewählt.