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Indische Wipro orientiert sich neu

25.07.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Indiens drittgrößtes IT-Servicehaus Wipro will sein Augenmerk künftig stärker auf Transaktionsprozesse legen und weniger Aufträge im derzeit ruinösen Markt für Call-Center-Services akquirieren. Der Grund sind die steigenden Löhne in Indien, denn der Call-Center-Betrieb benötigt viele Agenten. Der Boom in der indischen Offshore-Industrie hat zudem eine starke Fluktuation bewirkt, so dass die Mitarbeitersuche und -schulung enorme Kosten verschlingt. Dementsprechend ist Girish Paranjpe, President der Finance-Solutions-Division bei Wipro, Bangalore, auf den Call-Center-Betrieb nicht mehr gut zu sprechen: "Es ist ein flüchtiges Geschäft, das uns nicht die Kundenbindung bietet, die wir möchten", erläuterte er dem "Wall Street Journal" die Gründe für die schwindende Freude an dem Servicesegment. "Call-Center-Jobs wurden zuerst innerhalb der USA ausgelagert, dann nach Irland und später nach Indien verschoben. Wer weiß, wohin die Reise demnächst geht? Vielleicht zu den Philipinen oder nach Vietnam."

Bislang stammen rund 85 Prozent der BPO-Einnahmen aus dem Call-Center-Geschäft. Diese Quote soll demnächst zugunsten von weniger personalintensiven Diensten sinken, etwa die Abwicklung von Darlehensverträgen und Versicherungspolicen. "Wir richten unser Geschäft neu aus, so dass wir vergleichsweise mehr Transaktion-Processing als Call-Center-Aufgaben übernehmen", schilderte Paranjpe.

Nicht zuletzt die jüngsten, vergleichsweise dürftigen Wipro-Zahlen haben das Management vermutlich aufgeschreckt. Das Unternehmen meldete im ersten Fiskalquartal einen Gewinnanstieg von 19 Prozent auf 98,6 Millionen Dollar. Den Analysten war dies nicht genug, sie hatten deutlich mehr erwartet, zumal die indische Konkurrenz von Infosys und Tata Consultancy Services ihren Gewinn um 30 Prozent und mehr steigern konnten. Die Einnahmen von Wipro legten um 28 Prozent auf 521 Millionen Dollar. Unter Strich sank somit die Gewinn-Marge von 27 auf 24 Prozent. Begründet wurde der schwindende Wert mit einer starken indischen Rupie gegenüber dem US-Dollar, doppelte Gebühren für US-Visa sowie wachsenden Kosten für Marketing und Vertrieb. (jha)