Aussteller auf der Supernet verbreiten vorsichtigen Optimismus

In IP-Netzen fehlt noch übergreifende QoS

08.02.2002
WASHINGTON (IDG) - Einen vorsichtigen Optimismus zeigten die Hersteller und Service-Provider auf der ersten großen US-Netzmesse Supernet 2002. Glaubt man den Ausstellern, so wird vor allem das Thema IP mit verbesserter Quality of Service (QoS) und höherer Zuverlässigkeit in nächster Zeit die Networking-Szene bestimmen.

Nachdem die IP-Euphorie der ersten Stunde, das räumen mittlerweile selbst Industrievertreter ein, wie eine Seifenblase platzte, setzen die Hersteller nun auf eine Evolution bei der Ablösung der klassischen TK- und Datennetze. Freimütig räumten sie auf der Supernet in Santa Clara ein, dass sie bei den Anwendern mit überzogenen Versprechungen zu hohe Erwartungen in puncto IP-Netze hervorgerufen hätten.

Unsanft durch die Rezession des letzten Jahres auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, eruieren die Companies nun erneut, wie IP und Internet für den professionellen Einsatz geeignet sind. Im Gegensatz zur Euphorie Ende der 90er Jahre, als der Tod der klassischen TK-Netze innerhalb von vier Jahren prophezeit wurde, sind nun verhaltenere Töne angesagt. So räumen Industrievertreter wie Judy Estrin, CEO der Startup-Company Packet Design Inc., nun ein, dass IP und Internet einige Modifikationen benötigen, um sich geschäftlich und beruflich nutzen zu lassen.

Vorurteile oder berechtigte Zweifel?Dabei sieht die Managerin jedoch nicht nur die Industrie in der Pflicht, sondern auch die IP-Service-Provider. Deren Aufgabe sei es, zum einen Geschäftsmodelle zu entwickeln, mit denen sie die Erweiterung ihrer Infrastruktur finanzieren können, zum anderen müssten sie aktiv gegen die Vorurteile ihrer potenziellen Kunden vorgehen. Dazu zählt Estrin Befürchtungen wie IP skaliere nicht gut oder IP bedeute eine immanente Bedrohung der Infrastruktur aufgrund der zahlreichen Denial-of-Service-Angriffe.

Allerdings sind Zweifel angebracht, ob es sich bei diesen Punkten wirklich nur um Vorurteile handelt. So kommt etwa das Consulting-Unternehmen Current Analysis Inc. zu der Erkenntnis, dass ohne Verbesserungen in Sachen Quality of Service und Service Level Agreements (SLAs) das Geschäft mit IP-Services weiterhin ein Schattendasein führen werde und die Carrier wie zwischen 1999 und 2001 weniger als zehn Prozent ihres Umsatzes mit entsprechenden Diensten erwirtschaften würden. Damit der Traum von der Ablösung der klassichen TK-Switches der Klasse 5 durch IP-basierende Soft Switches Realität wird, ist es laut Ron Westfall, Analyst bei Current Analysis, unabdingbar, dass quantifizierbare und garantierte QoS und SLAs eingeführt werden. Gelingt der Branche dies, so könnte sich der Markt für IP-Anwendungen laut Westfall von heute 1,6 Milliarden Dollar bis 2004 auf 4,6 Milliarden Dollar rund verdreifachen.

Eine optimistische Einschätzung, die etwa Erich Borzich, Vice President IP-Services beim Carrier Qwest, dämpft: "Bis dahin liegt noch viel Arbeit vor uns." Zwar offeriere jeder Carrier heute SLAs für seine IP-Produkte, doch im Internet als Verbund unterschiedlicher Netze sei dies schwieriger. So räumen Borzich und die Vertreter anderer Carrier auch ein, dass man in den eigenen IP-Netzen entsprechende QoS und SLAs garantieren könne, für professionelle Anwender sei es jedoch wichtig, dass sie diese Services netzübergreifend erhielten, um Echtzeitapplikationen wie VoIP oder Videoübertragungen einzusetzen. Hier sei die Industrie gefordert, endlich ihre Produkte interoperabel zu gestalten und nicht weiter auf proprietäre Erweiterungen zu setzen. (hi)