Im Zweifel zugunsten der Anwender

29.03.1991

Für Richter Ingram war die ganze Angelegenheit mit einem Hammerschlag erledigt: Mit seinem Diktum, die Ziffernfolge "386" sei nicht schützenswürdig, legte der Rechtsverwalter nicht nur einem Monopolisten einen Stolperstein in den Weg, vielmehr hat er wahrscheinlich auch eine komplette Branche in Bewegung versetzt.

Ab sofort ist man in PC-Kreisen um ein Gesellschaftsspiel reicher: Wer der großen Hersteller läßt zuerst die Maske fallen, zeigt sich als Intel-Abtrünniger? Compaq gilt als potentieller Konigsmörder, SNI konnte es sich auch leisten, Intel die Stirn zu bieten, Hewlett-Packard scheint AMDs Baustein ausgiebig getestet zu haben.

Dem Anwender dürfte es ziemlich egal sein, welcher Hersteller sich aus der Umklammerung des Prozessorlieferanten löst und AMD als Option hält. Für ihn wird sich die Aufweichung des Intel-Monopols auf jeden Fall lohnen.

Schon jetzt kursiert in Branchenkreisen das Gerücht, das Intel-Imperium werde mit Preisnachlässen und einem "AMD-Killer" zurückschlagen. Darüber hinaus zeigt aber das Beispiel des AM386-Chip, was der Anwender zukünftig noch erwarten kann: beschleunigte Innovation im Prozessor-Design.

Mit seiner effizienten Energieverwaltung drängt sich der AMD-Prozessor allen Laptop und Notebook-Herstellern geradezu auf. Die ringen um jede Minute netzunabhängiger Stromversorgung und werden sicherlich dankbar alles in ihre Tragbaren einbauen, was sich diesbezüglich genügsam gibt.

Damit konnte sich neben dem Anwender noch ein Gewinner herauskristallisieren: Alle Vertreter mobiler Computer werden sich ob der Aussichten, höchste Rechnerleistung auf DIN-A4-Format zu komprimieren, die Hände reiben und ihre "Philosophie" vom "mobilen Computing" um so marktschreierischer vertreten.

Bleibt eine offene Frage: Am 15. April 1991 wird in einem weiteren Gerichtsverfahren zwischen den beiden Streithähnen geklärt, ob AMDs Rechtsauffassung einer zwischen beiden CPU-Kontrahenten getroffenen Vereinbarung von 1976 juristisch wasserdicht ist - danach dürfte der in den Intel-386 CPUs verwendete Mikrocode von AMD genützt werden.

Da die im Am 386 verwendete Software Bit für Bit identisch ist mit Intels Code, wird dieser Gerichtsverhandlung entscheidende Bedeutung beikommen.

Erst, wenn AMD auch in diesem Punkt letztinstanzlich beziehungsweise nicht mehr rechts mittelfähig obsiegt, werden die Rechnerhersteller wohl die Deckung verlassen und ihre Seitensprünge gegenüber Intel nicht länger verheimlichen wollen.