Partner für vertikale Märkte gesucht

Huawei investiert bis 2020 75 Millionen in Europa

25.10.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Als Carrier-Lieferant gestartet, versteht sich der chinesische ICT-Konzern Huawei immer mehr als Solution Provider. Gemeinsam mit europäischen Partnern will Huawei vertikale Märkte erobern und bei Themen wie IoT und Cloud ganz vorne mitmischen.
Auf der Huawei Connect Europe stellte der chinesische Hersteller seine Europa-Pläne vor.
Auf der Huawei Connect Europe stellte der chinesische Hersteller seine Europa-Pläne vor.
Foto: Hill

Die Zeiten, in denen chinesische IT-Firmen von der Konkurrenz nur müde belächelt und als second mover abgetan wurden scheinen endgültig vorbei zu sein. Zumal sich die Erfolgsbilanz von Unternehmen wie Huawei in Europa sehen lassen kann. Schien es anfangs so, als könnte der Konzern im europäischen Enterprise Business kein Bein auf den Boden bekommen und lediglich im Carrier-Geschäft punkten, so kann er jetzt auf einige prominente Kunden verweisen.

Vom Carrier- zum Lösungs-Lieferant

Vincent Pang, President von Huawei Western Europe, will bis 2020 75 Millionen Euro in Europa investieren.
Vincent Pang, President von Huawei Western Europe, will bis 2020 75 Millionen Euro in Europa investieren.
Foto: Hill

Entsprechend stolz und siegessicher präsentierte sich das Unternehmen auf der hauseigenen Technikkonferenz Huawei eco-Connect Europe 2016 und zeigte sein Bild der digitalen Transformation. Im Zentrum stehen dabei vertikale Märkte wie Transportwesen, Energie- und Stromerzeuger, Finanzwesen sowie Produktion. In einem Teil dieser Märkte hat Huawei, zumindest in Europa mittlerweile Fuß gefasst. Glaubt man Vincent Pang, President von Huawei Western Europe, dann zählen 5 der 25 europäischen Top-Banken - darunter die HSBC -, 3 der Top-5-Hersteller - so entwickelt etwa Mercedes seine Fahrzeuge auf den High-Performance-Computing-Systemen der Chinesen -, und 6 der Top-15-EU-Energieversorger zu den Kunden des Konzerns. Ebenso vertrauen mittlerweile 3 der 5 größten EU-Eisenbahnen auf Huawei-Equipment. So basiert etwas das Netz der Deutsche Bahn in Norddeutschland auf Huawei-Technologie.

Drei OpenLabs in Europa geplant

Diesen Erfolgskurs will Pang auch im Zeitalter von Cloud und IoT fortsetzen. Im Rahmen des European Developer Enablement Plan will er dazu bis 2020 75 Millionen Euro in Europa investieren. So sind etwa drei OpenLabs in Großbritannien, Deutschland und Italien geplant. "Auf diese Weise wollen wir 50.000 bis 100.000 Entwickler erreichen," erklärte Pang. Zudem gibt es Pläne für Remote-Labs in München, Frankfurt und Dublin, um so europäischen Entwicklern einen besseren Zugang zu Laboren und Chancen für gemeinsame Innovationen zu geben. Insgesamt besitzt der Konzern 36 Joint Innovation Center und beschäftigt rund 79.000 Entwickler. Derzeit investiert Huawei pro Jahr 10 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung, was etwa 10 Prozent des Umsatzes entspricht. Dabei werden mittlerweile nur noch 35 Prozent des Umsatzes im Heimatmarkt China erwirtschaftet. Noch verständlicher wird das Europa-Engagement, wenn man Pangs Prognose beachtet, wonach Europa der größte IoT-Markt werde und wohl 30 bis 35 Prozent aller weltweit hergestellten IoT-Devices (Sensoren etc.) verbauen werde.

Huawei setzt auf Partner aus der Industrie

Partner aus der Industrie, wie etwa Roboterbauer Kuka, sollen bei der Entwicklung vertikaler Lösungen helfen.
Partner aus der Industrie, wie etwa Roboterbauer Kuka, sollen bei der Entwicklung vertikaler Lösungen helfen.
Foto: Hill

Um dieses Ziel zu erreichen ist der Konzern vier strategische Allianzen mit SAP, Accenture, Intel und Infosys eingegangen und unterhält über 1000 Partnerschaften in der EU. Dazu zählen auch die mehr als 30 Solutions Partner wie etwa die Deutsche Telekom, Fraunhofer, Siemens, Kuka, Honeywell und andere. Weitere Partner sind etwa Mercedes Benz, Audi, Leica oder Schindler. Gerade von den Deutschen erhofft sich Pang eine Unterstützung bei der Entwicklung vertikaler Lösungen und glaubt, dass für beide Seiten eine win-win-Situation entstehen könne und man so gemeinsam die Weltmärkte mit IoT-Lösungen erobern könne. "Zumal Deutschland mit Industrie 4.0 und China mit dem Programm China 2025 ähnliche Ziele verfolgen", so der Europa-Chef weiter. Des Weiteren baut Pang auf drei Cloud-Ökosysteme, die sich an Telcos, vertikale Industrien und Consumer richten.

Drei Cloud-Ökosysteme

Die Telco-Cloud soll Carrier in die Lage versetzen, bessere Cloud Services anzubieten und ISVs die Migration von Cloud Applikationen vereinfachen. Im Cloud-Ökosystem für vertikale Industrien will Huawei mit dem Know how der oben angesprochenen Partner branchenspezifische Lösungen entwickeln. Dabei ist Peng davon überzeugt, dass 2025 85 Prozent aller Enterprise Applications in der Cloud gehostet werden. Beim Consumer Cloud-Ökosystem hat Huawei vor allem das Angebot von Content im Visier. Zumal der Verkauf von rund 300.000 Smartphones pro Tag die Nachfrage nach Content weiter steigert. Entsprechende Angebote will Huawei mit 500 Partnern entwickeln.