CW-Kolumne

Hersteller schüren Verunsicherung

03.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Geht es um die Frage, ob der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen rechtmäßig ist oder nicht, bekämpfen sich die konkurrierenden Parteien schon seit Jahren. Die Softwarehersteller pochen unter Berufung auf das nur ihnen zustehende Vervielfältigungsrecht darauf, dass sie im Grunde bei jedem Second-Hand-Deal gefragt werden müssten beziehungsweise sich die Kunden an die Bestimmungen in den Lizenzverträgen zu halten hätten. Dagegen führen die Lizenzhändler den Erschöpfungsgrundsatz ins Feld, wonach ein Hersteller die weitere Verbreitung eines Softwareprodukts nicht einschränken dürfe, sobald er die Ware einmal in den Verkehr gebracht hat.

Welches Recht wiegt nun schwerer? Die Gerichte, von denen man eigentlich eine Antwort erwarten dürfte, urteilen quer durch die Republik völlig unterschiedlich. Und je nachdem, wie den verfeindeten Parteien der Richterspruch in den Kram passt, wird das Urteil als völlig irrelevant abgestempelt oder als Spruch des Salomon gelobt. Von einer einheitlichen Linie ist man noch weit entfernt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die Klarheit schaffen könnte - sofern die höchsten deutschen Richter den Fall überhaupt zulassen -, ist frühestens in zwei Jahren zu erwarten.

Von Rechtssicherheit also keine Spur. Den Softwareherstellern kommt das gar nicht so ungelegen. Schließlich lässt sich so kräftig Unsicherheit unter den Anwendern schüren. Da werden Käufer von gebrauchten Lizenzen schnell mit illegalen Machenschaften in Verbindung gebracht und verdächtigt, Raubkopien einzusetzen. Auch Branchen- und Lobbyverbände sind sich nicht zu schade, diese Verunsicherung anzuheizen.

Unbestritten haben die Hersteller das Recht, gegen den illegalen Einsatz ihrer Software vorzugehen. Die Pirateriestatistiken belegen, dass in Sachen Unrechtsbewusstsein bei der Softwarenutzung noch einiges im Argen liegt. Das rechtfertigt jedoch nicht, einen ganzen Markt samt Anbietern und Kunden pauschal zu kriminalisieren. Am Ende geht es ums Geld, genauer gesagt, das Geld der Anwender. Und die werden gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Sparpotenzial, das Gebrauchtsoftware bietet, nicht links liegen lassen.