Wenn die Minis sprechen lernen:

Harte Software-Kalkulationen

19.09.1975

MÜNCHEN - Wer einen Mini installiert, bekommt eher im "Bundling" kostenlos ein komplettes Datenbanksystem als gegen gutes Geld Anwendungssoftware für kommerzielle Zwecke. Das hängt in erster Linie damit zusammen, daß sich die Minicomputer-Hersteller bislang auf den Prozeßrechnermarkt und auf andere technisch-wissenschaftliche Anwendungen konzentrieren.

Standard-Software gibt es bei verschiedenen OEM-Kunden der Mini-Hersteller, die als Systemhäuser diese Marktnische nutzen. So gibt es zum Beispiel Cobol für Data General's Nova nur auf einem solchen "Umweg". Für DEC-Systeme sind erhältlich: Bei der Münchener Gesellschaft für Informatik ein Paket zur Fertigungssteuerung: bei der Warmbronner Technodata ein Bauwirtschaftspaket, bei der STS, Berlin, ein Verkaufs-Dialog-System für Großhändler sowie Pakete für Abonnementswesen und Kartenvorverkauf, bei der CVG Rechenzentrum Völkl, Hamburg, ein Rechnungswesen-Programm sowie ein Speditionspaket und im österreichischen Steyr bei der Firma Systema GmbH ein Paket für Fakturierung, Lagerbestandkontrolle und Finanzbuchhaltung.

Bei jedem Hersteller ist die Vertriebspolitik und damit die Software-Politik anders: Hewlett-Packard beispielsweise rät dem Kunden zu einem Softwarehaus mit HP-Erfahrung in seiner Nähe.

Varian sucht Kooperation mit Systemhäusern, die Gebietsschutz bekommen, die Hardware verkaufen und dem Kunden die Programme schreiben sollen.

Betriebssysteme und Utilities haben alle Mini-Hersteller im Programm. Anders ist es schon bei den höheren Programmiersprachen. Teils sind sie in bestimmten Betriebssystemen inbegriffen, teils einzeln erhältlich: Cobol-Compiler beispielsweise gibt es aber keineswegs bei allen Herstellern, und wenn, auch nicht für alle Systeme eines Herstellers. Neben gängigen Sprachen wie ANS-Cobol oder Fortran IV gibt es individuelle Lösungen wie Dibol für DEC, C-Basic für Dietz oder die Datic-Sprache für die Datic 2000.

Die Kosten für Compiler können zwischen Null (bei Bundling) bis 15 000 Mark (für Cobol bei Hewlett-Packards 3000-Serie) schwankei. Ähnlich ist die Lage bei Datenbanksystemen: während Varian Total - das Paket kostet bei Cincom ab 1250 Mark Monatsmiete aufwärts - im Bundling anbietet, kostet das CDMS bei DEC 15 000 Mark und das DBS bei Hewlett-Packard mindestens 30 000 Mark.

Eine besondere Rolle spielen die User Groups, beispielsweise bei Interdata oder Digital Equipment: sie verfügen über umfangreiche Programmbibliotheken, die dem einzelnen Anwender entweder völlig kostenlos oder gegen Mini-Beitrag zugänglich sind - meist muß er sich lediglich verpflichten, auch seinerseits Programme zur Verfügung zu stellen. Da bisher technischwissenschaftliche Anwendungen überwogen, gehören aber eben zu dieser Kategorie auch die meisten gratis erhältlichen Programme. Wer einen Mini kommerziell einsetzt, sollte sich deswegen stets fragen, ob dabei nicht noch Anwendungsmöglichkeiten für die Techniker im Betrieb "abfallen".

Checklist

Wer sich mit dem Einsatz und den Kosten von Minicomputern für kommerzielle Aufgaben beschäftigt, sollte folgende Punkte beachten:

1. Bundling oder Unbundling?

2. Welche Betriebssysteme Utilities, Sprachen und Anwendungs-Software sind

a. beim Hersteller

b. bei User-Groups

c. bei Software-Häusern verfügbar?

3. Welche technisch-wissenschaftlichen, kostenlos verfügbaren Programme können einen Zusatznutzen bringen?

4. Gibt es auf den bestimmten "Mini" spezialisierte Software-Häuser, welche Referenzen können angeben und zu welchen Konditionen arbeiten Sie?