Nokia verschläft Trend zu Klapptelefonen

Handy-Hersteller büßen Margen ein

23.07.2004
MÜNCHEN (CW) - Der Handy-Weltmarktführer Nokia musste im zweiten Quartal erneut Federn lassen und schockt mit schlechten Prognosen. Im Gegensatz dazu überzeugten Samsung und Sony-Ericsson mit guten Ergebnissen in einer Branche, die unter schrumpfenden Gewinnmargen leidet.

Nokia-Boss Jorma Ollila hat sich seinen Plan, wieder 40 Prozent Marktanteil zu erreichen, fürs Erste wohl abgeschminkt. Von dem im Frühjahr noch geäußerten Ziel war bei der Präsentation der Zahlen des zweiten Quartals nichts mehr zu hören. Kein Wunder: Statt eines Zugewinns musste der Finne einen weiteren Rückgang des Marktanteils von 32 auf 31 Prozent eingestehen. Die Analysten von Gartner sehen Nokia sogar nur noch bei rund 28 Prozent. Damit ist das Unternehmen zwar immer noch unangefochten die Nummer eins, die Wettbewerber machen aber Boden gut.

So konnte zum Beispiel das Joint Venture Sony-Ericsson seinen Marktanteil von sechs auf über sieben Prozent steigern und mit einem sehr guten Quartal überraschen. Die japanisch-schwedische Allianz verkaufte in den Monaten April, Mai und Juni insgesamt 10,4 Millionen Mobiltelefone und steigerte sich damit im Vergleich zum Vorjahresquartal um 55 Prozent. Damit erwirtschaftete der Hersteller einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro, was einem Plus von 34 Prozent entspricht. Der Nettogewinn betrug 89 Millionen Euro, während Sony-Ericsson vergangenes Jahr noch einen Fehlbetrag von 88 Millionen Euro ausgewiesen hatte. Der fünftgrößte Handy-Produzent der Welt schrieb damit das vierte Quartal in Folge schwarze Zahlen.

Ein Rekordergebnis schaffte auch Samsung. Der südkoreanische Hersteller setzte im zweiten Quartal 22,7 Millionen Telefone ab, im ersten waren es 20,1 Millionen. Der Konzern, der neben Handys auch Flachbildschirme und Speicherchips fertigt, schraubte damit, verglichen mit dem Vorjahr, seinen Nettogewinn um 177 Prozent auf rund 2,2 Milliarden Euro hoch, musste jedoch gegenüber dem ersten Quartal 2004 beim Nettogewinn leichte Einbußen von 0,3 Prozent hinnehmen.

Trotz ihrer guten Resultate teilen Sony-Ericsson und Samsung mit Nokia das Problem schwindender Gewinnspannen. Im Vergleich zum ersten Quartal sank die Handy-Rendite bei Samsung von 26 auf 16 Prozent. Auch Sony-Ericsson räumte einen Rückgang ein, ohne Zahlen zu nennen. Ähnliche Problem hat Nokia, dessen Gewinnmarge sich im Verhältnis zum Vorjahr von 27 auf 19,1 Prozent reduzierte.

Allerdings ist die Krise bei Nokia auch hausgemacht. Der finnische Konzern hat den Trend zu Klapp- und Kamera-Handys verschlafen und wird erst Ende des Jahres entsprechende Modelle auf den Markt bringen. Um die Verkaufszahlen dennoch hoch zu halten, hat Nokia seine Handy-Preise gesenkt, jedoch zu Lasten der Rendite sowie des Umsatzes. Die Einkünfte der Telefonsparte brachen im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro ein, der operative Gewinn sogar um 39 Prozent. Insgesamt ging der Umsatz des Konzerns im zweiten Quartal um fünf Prozent auf 6,6 Milliarden Euro zurück. Für eine leichte Ergebniskosmetik sorgte lediglich der Bereich Netze, der um sechs Prozent auf 1,6 Milliarden Euro wuchs.

Mobiltelefon-Absatz boomt

Die finnische Company schockierte Analysten, Anleger und die Branche aber vor allem durch ihre Gewinn- und Einnahmenwarnung für die zweite Jahreshälfte. Weil neue Produkte bis Ende 2004 nicht in Sicht sind, kann Nokia vor dem ersten Quartal 2005 mit keinen nennenswerten Umsatzbringern aufwarten und rechnet deshalb nur mit einem voraussichtlichen Gewinn pro Aktie zwischen acht und zehn Cent. Vergangenes Geschäftsjahr waren es 17 Cent.

Um nicht das gleiche Schicksal wie Nokia zu erleiden, hat Sony-Ericsson-Chef Miles Flint eine Ausweitung des Produktportfolios angekündigt. Bisher hatte das Unternehmen traditionell immer nur ein verhältnismäßig kleines Sortiment an Endgeräten im Angebot. Ebenso wie sein Kollege Ollila glaubt auch Flint, dass sich der gesamte weltweite Handy-Absatz heuer stärker als ursprünglich angenommen entwickeln wird. Statt 550 Millionen erwartet er nun rund 600 Millionen verkaufte Telefone. (pg)