Durchwachsene Bilanz nach drei Jahren

Green Card: Arbeitslos und abgeschoben

27.06.2003
MÜNCHEN (CW) - Offiziell geht das vor drei Jahren angestoßene Green-Card-Programm erst am 31. Juli zu Ende. Doch schon jetzt lässt sich von einer durchwachsenen Bilanz sprechen, weil die aus dem Ausland angeworbenen IT-Profis oft Job und Aufenthaltsgenehmigung verloren haben.

Als die Bundesregierung auf Drängen der IT-Industrie im August 2000 die Green-Card-Initiative startete, befand sich die Branche im Hype. Das einzige Wachstumshindernis schien der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zu sein. Mittlerweile hat sich nicht nur Ernüchterung, sondern auch Arbeitslosigkeit in der IT-Branche breit gemacht. Auch das Green-Card-Programm bekam diesen Einbruch zu spüren: Seit Juli 2001 nahm die Zahl der Arbeitsgenehmigungen Monat für Monat ab, das ursprüngliche Kontingent von 20000 Green Cards wurde bei weitem nicht ausgeschöpft. Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg wurden bis April 2003 insgesamt 10166 Genehmigungen für eine erstmalige Beschäftigung sowie 3454 für eine Vertragsverlängerung beziehungsweise einen Arbeitsplatzwechsel erteilt.

Viele Green-Card-Spezialisten verloren auch ihre Jobs und mit ihnen die Aufenthaltsgenehmigung. IAB-Forscherin Franziska Schreyer fand in einer Fallstudie heraus, dass allein in der Green-Card-Hochburg München (1500 Arbeitsgenehmigungen) sich sieben Prozent der angeworbenen IT-Spezialisten mindestens einmal arbeitslos gemeldet hatten. "Das ist aber die Untergrenze, da sich etliche Green-Card-Arbeitlose nicht bei den Behörden meldeten", so Schreyer. Dazu kommt, dass jeder Fünfte von ihnen bereits während des ersten Jahres seiner Beschäftigung in Deutschland den Job und damit auch jeglichen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung verloren hat.

Gnadenlose Behörden

Vor allem die Ausländerbehörden zeigten sich im Umgang mit den Green-Card-Arbeitslosen zum Teil gnadenlos. Nach den Erfahrungen der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn räumten Ausländerbehörden den betroffenen IT-Spezialisten oft nur eine Frist von 72 Stunden ein, um das Land zu verlassen. Erst nach einem Schreiben des Bundesinnenministeriums im Juli 2002 gewährten die Behörden den Betroffenen drei oder sechs Monate Aufenthalt, um sich eine neue Stelle zu suchen. "Allerdings gibt es hier kein einheitliches Vorgehen", hat Schreyer herausgefunden. Verliert ein Green-Card-Inhaber im ersten Jahr seine Arbeit und wohnt im Münchner Umland, bekommt er einen Aufschub von drei Monaten. Im Stadtgebiet München ist sein weiterer Aufenthalt auf zwei Monate begrenzt - aber nur, wenn er nachweisen kann, dass er seinen Lebensunterhalt etwa über Ersparnisse selbst bestreiten kann. "Kann er dies nicht, wird ihm nur ein Monat gewährt, um Sozialhilfebezug zu vermieden", so Schreyer.

In ihren Augen ist das Vorgehen der Behörden noch verbesserungsbedürftig: "Einheitlichere und großzügigere Verfahren bei Green-Card-Arbeitslosigkeit sind ethisch wie auch ökonomisch geboten: Denn rigide Verfahren unterhöhlen die Attraktivität der Bundesrepublik als Einwanderungsland." Eine Einschätzung, die die Forscherin auch in Chat-Foren wiederfindet. So beklagten sich unter www.trust7.com viele ausländische IT-Spezialisten da-rüber, dass sie der behördlichen Willkür ausgeliefert sind und raten Interessenten davon ab, nach Deutschland zu kommen. (am)