Generatoren für Eigenentwicklung kontra Standard-Software?

28.09.1979

Dr. Peter Heiß Geschäftsführer, GDO - Dr. Heiß GmbH, Dossenheim

Wir haben uns ins mehreren Untersuchungen sehr intensiv mit den Fragen der Tendenz der Software-Entwicklung befaßt.

Generatoren für eigene Entwicklung sind schon auf dem Markt. werden aber nach unserer Feststellung noch nicht im großen Rahmen eingesetzt. In der Zukunft wird ihnen sicherlich mehr Bedeutung zukommen.

Standard-Software wird immer gefragt sein, auch besonders hier auf der SYSTEMS '79. Zu beachten ist daß beim Einsatz von Standard-Software sehr gut geprüft werden muß, ob Anpassungen nötig sind und wie hoch die Anpassungskosten sind. Wir haben schon Fälle gehabt, wo bei Kauf eines Software-Paketes die Anpassungskosten höher als die Anschaffungskosten waren.

Ans diesen Gründen wird auch der Entwicklung in die Interpreter-Software in naher Zukunft noch eine große Bedeutung zukommen.

Klaus Sabirowsky Mitglied des Vorstandes der OSP AG, Essen

Die Generatoren für Eigenentwicklung sind sicherlich für die Zukunft zu bejahen. Vor allem dann, wenn es sich darum handelt, neue Programmkomplexe bei den Großanwendern abzuwickeln oder alte Programmkomplexe neu zu gestalten. Das heißt also: Anwendungsgeneratoren, gerade im Hinblick auf die weitere Individual-Entwicklung, scheinen für die Zukunft erforderlich, um die Programmierkosten, das heißt also die Personalkosten, in diesen Bereichen in Grenzen zu halten. Soweit jedoch die mittleren Anwender angesprochen werden, stehen wir hier vor einem generellen Problem. Es scheint, daß der Einsatz zumindest von eigenen Leuten für die Entwicklung von Programmen Ó la longue nicht mehr tragbar ist, so daß man sich hier anderweitig zu orientieren hat.

Zusammengefaßt würde sicherlich ergaben, daß sich bei den Großanwendern von Computer-Systemen die Individual-Entwicklung mit Sicherheit weiter auf das Jahr 1985 zu bewegen wird (sprich ein vergrößerter Kostenaufwand für Individual-Entwicklung), wobei ein Teil der Kosten durch den Einsatz von Generatoren zu Lasten der Personalkosten aufgefangen wird.

Standard-Anwender-Software wird mit Sicherheit weiter auf dem Markt angeboten werden. Vor allem Von kleineren Software-Häusern Aber auch die Großen werden im Geschäft bleiben, denn der Trend bei mittleren Unternehmen, sich an den niedrigen Hardware-Kosten durch Einkauf von nicht so teuren Rechnern zu beteiligen, steigt. Die kleineren Anwender kommen ohne, Standard-Anwendungs-Software aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus. Wie schon erwähnt, ist es nicht möglich, hier individuelle Programme zu erstellen. Diese können Klein-Anwender nicht bezahlen. Bis 1985 wird sich einmal eine Zunahme von Angeboten bei Standard-Anwendungen ergeben.

Im wesentlichen bei Klein-Systemen, wobei wir unter Klein-Systemen keine kleinen Rechner verstehen, sondern nur preiswerte Rechner, die mit Sicherheit bis 1985 in die Größenordnung von 2 Megabyte mit Platten und Bändern gehen können, bei einem Preis von vielleicht 20 000 bis 50 000 Mark. Generatoren und Software-Werkzeuge werden bis 1985 besonders von größeren Anwendern in stärkerem Maße eingesetzt werden.

Dr. Hans Wille Prokurist und Bereichsleiter, mbp Mathematischer Berätungs- und Programmierungsdienst GmbH, Dortmund

Angesichts der sinkenden Hardware-Preise, die in einem Maße gesunken sind, wie wir es vor wenigen Jahren noch nicht erwartet haben, scheinen die größeren Chancen bei der Standard-Anwender-Software zu liegen. Diese wird voraussichtlich den größeren Markt und den breiteren Einsatz finden. Selbstverständlich erwarten wir heute von qualifizierter Standard-Anwender-Software, daß sie leicht anpaßbar ist an spezielle Bedingungen des Anwendungsfalles.

Die Entwicklung von Generatoren ist heute nur unbefriedigend gelöst. Hierbei spielt das Problem der Isolierung und Wiedererkennung von Standard-Funktionen oder Standard-Bausteinen die wesentliche Rolle,

Der Einsatz von Generatoren für Eigenentwicklung wird wesentlich dadurch bestimmt werden, ob und wie dieses Problem gelöst wird. Neben der Entwicklung individueller Systeme wird mengen- und wertmäßig bis 1985 die Standard-Anwender-Software sicher die größere Bedeutung haben.

Dirk Lippold Marketingleiter bei der ADV/ORGA, F. A. Meyer GmbH, 1 Wilhelmshaven

Die Frage, ob sich Generatoren für Eigenentwicklung oder Standard-Anwendersoftware durchsetzen werden, zählt nach wie vor zu den aktuellsten Fragen im Softwarebereich schlechthin, Vorab muß betont werden, daß sich Generatoren und Software-Tools auf der einen Seite und Standard-Anwendungs-Software auf der einen Seite und Standard-Anwendungs-Software auf der anderen Seite nicht gegenseitig ausschließen. Beide Komponenten müssen vielmehr in Verbindung zueinander gesehen werden. Für den Anwender steht selbstverständlich die Anwendung und damit die Anwendungs-Software im Vordergrund. Deshalb sollte er bei seinen Überlegungen grundsätzlich in zwei, Schritten vorgehen.

Im ersten Schritt sollte er nach einer Lösung suchen, die durch maßkonfektionierte Anwendungs-Software abgedeckt werden kann. Nur hielt liegt die ernsthafte wirtschaftliche Alternative zum eigenen, Entwicklungs- und Wartungsaufwand. Eine solche Lösung zeichnet sich durch ein serienmäßig fertiges wand Anwendungs-Software-Produkt aus, das durch einen strengen modularen Aufbau die nötige Flexibilität Hardware- und System-Software-Unabhängigkeit sichert. Im Vordergrund sollte dabei eine Software-Architektur stehen, welche die kompatiblen Datenbank- und Datenkommunikations-Schnittstellen nutzt. Durch diesen Komfort erspart sich der Anwender einen unnötigen Anpassungs-, Änderungs- und Wartungsaufwand bei einem Hardware- oder System-Software-Wechsel.

Ist ein solches Anwendtings-Software-Produkt im Baukasten-Verfahren nicht vorhanden, so steht für die Anwender im zweiten Schritt die individuelle Entwicklung im Vordergrund. Um hier eine effiziente Lösung zu erreichen, ist der Einsatz von Generatoren und Tools eine unabdingbare Voraussetzung. Hierdurch verbessert der Anwender seine instrumentalen Voraussetzungen bei der Systementwicklung, Programmierung, Programmpflege und Programmverwaltung. Diese stufenweise Vorgehensweise ist auch der Trend für die 80er Jahre, wobei die Anwendungslösung unter Berücksichtigung des Einsatzes von Datenbank und Datenkommunikationssystemen als Basis-Software für die Integration aller Lösungen auch hier die höchste Priorität hat.

Jörgen Kamm Marketingleiter der Zeda Gesellschaft für Datenverarbeitung und EDV-Beratung mbH & Co., Wuppertal-Barmen

Wir glauben, um die Frage global zu beantworten, daß unsere Entwicklungschancen in beiden Richtungen liegen. Der Gesamt-EDV-Markt unterscheidet sich dahingehend, daß ein Teil der EDV-Anwender, das ist der der Großanlagen, seit Jahren die Eigenprogrammierung pflegt, während das andere Segment, das über MDT oder Mini als EDV-Newcomer einsteigt, eine komplette Hardware-/Software-Lösung haben möchte und stark an fertiger Software interessiert ist.

Für uns haben wir daraus folgende Konsequenz gezogen: Wir entwickeln zur Zeit Standard-Anwendungs-Software, zum Beispiel für Auftragsbearbeitung, Lagerhaltung, Finanzbuchhaltung sowie Lohn und Gehalt, die als portable Software auf allen Cobol-fähigen Computern vom Mini bis zum Großrechner breit eingesetzt werden soll. Andererseits haben wir ein Projekt in der Planung, das letzten Endes dazu führen soll, daß wir die einzelnen Software-Entwicklungs-Werkzeuge, die wir heute zur Unterstützung der EDV-Abteilung anbieten, innerhalb eines Gesamtrahmens zusammenschließen können, so daß eine einheitliche Entwicklungsbasis von der Organisation bis zur Programmierung gegeben, ist.

Wir, sind gerade auch aufgrund der Erfahrungen auf der "SYSTEMS" hier zu der Überzeugung gekommen, daß beide Richtungen einen Aufwärtstrend haben werden.

Dr. Claus H. Corell Softlab GmbH für Systementwicklung und EDV-Anwendung, München

Generatoren und Standard-Anwendungsprogramme sind nicht notwendigerweise, Alternativen. Zunächst einmal gibt es starke Unterschiede nach Branchen Nicht für jede Branche oder jede Anwendung sind Standard-Lösungen möglich. Standard-Software zum Beispiel hat den Vorteil, daß keine Eigenentwicklungszeit anfällt Man kann sie "off the shelve", also fertig kaufen Standard-Anwender-Software hat dann natürlich den Nachteil, daß sie in vielen Fällen nicht den individuellen Anforderungen des Anwenders genügt.

Sind Generatoren wirklich eine Alternative? Zunächst einmal: Man braucht Programmierpersonal - im Gegensatz zur Standard-Software, die man im allgemeinen mit einem Betreiber-Personal einsetzen kann oder einsetzen können sollte. Überdies gibt es unserer Meinung nach heute noch keine ausgereiften, auch nur bescheidenen Ansprüchen genügende Generatoren.

Das Ziel ist, den Bedürfnissen der Anwender angepaßte Lösungen zu entwickeln, insbesondere auch für mittelständische Betriebe, wo Flexibilität in organisatorischer, EDV-technischer und personeller Hinsicht erforderlich ist. Deswegen möchten wir diesen beiden Alternativen eigentlich zwei weitere Alternativen hinzufügen, die - wie wir glauben - den wirklichen Weg in die Zukunft vorzeichnen: Eigenentwicklung mit geeigneten Werkzeugen, wobei wir die Generatoren nur bedingt für geeignete Werkzeuge halten Geeignetes Werkzeug ist zum Beispiel ein Programmentwicklungs-Terminal. Zweite Alternative ist die adaptive Software. Zweite Alternative ist die adaptive Software, sind adaptive Software-Halbfabrikate. Adaption bedeutet hier nicht Adaption an die Anwendungs- und Organisationsbedürfnisse.