Gastkommentar

26.07.1996

Mit Genugtuung haben wir in der CW Nr. 19 vom 10. Mai 1996 auf Seite 1 etwas über die Wissenslücken der Finanzchefs gelesen. Endlich wurde offenkundig, was Insider schon lange bemängeln: Kostenwächter mit Pseudowissen entscheiden über die Budgets für den Rohstoff IT, der bei nicht sachgemäßer Verwendung vom Wettbewerbs- zum Riskofaktor mutiert. Außer an Lohnnebenkosten und dem Mangel an global erfahrenen Führungskräften leiden viele Unternehmen offenbar an der Inkompetenz derer, die die IT- Haushalte absegnen.

Der Artikel sagt auch, was mit IT möglich wäre: Sie könnte ein entscheidendes Mittel für Business Process Re-Engineering (BPR) und Total Quality Management (TQM) sein. Dafür freilich müßten sich die im Vorstand für IT verantwortlichen Manager engagieren, konkret: Sie müßten Geld bereitstellen. Darauf kann man hierzulande jedoch meist lange warten. Die Funktion des CIO etwa, also des unternehmerisch denkenden Informationschefs, gibt es in deutschen Unternehmen so gut wie gar nicht.

Die wenig weitsichtigen Entscheidungsträger gehen mit IT vor allem defensiv um: Wenn nichts zählt außer der nächsten Bilanz, werden Offshore-Entwicklung und Outsourcing zum Jobkiller. Die Wettbewerbsvorteile etwa der indischen Programmierer im Vergleich zum Standort Deutschland sind eklatant. Die Finanzchefs werden mit ihren Sparmaßnahmen die Fixkosten senken, zugleich aber ein Terrain aufgeben, auf dem sie ihre gestalterischen Fähigkeiten entwickeln könnten.

Was statt dieser aufs im engen Sinn Betriebswirtschaftliche reduzierten Nicht-Strategie nottut, sind Manager, die es verstehen, die Informationsbedürfnisse zu formulieren, zu budgetieren und dann geeignete Architekturen und Lösungen mit kompetenten und herstellerneutralen Partnern im Unternehmen implementieren zu lassen.