Freiberufler: Besser sein als die Konkurrenz in Indien

04.03.2008
IT-Freiberufler sind derzeit gut im Geschäft. Dennoch könnten die fetten Jahren bald vorbei sein, warnt der Bundesverband Selbständige in der Informatik (BVSI) und empfiehlt: Jeder selbständige IT-Profi sollte sich fragen, was er besser kann als Kollegen in Russland, und sein Portfolio erweitern.

Noch ist die Wirtschaftslage ebenso wie die Auslastung vieler IT-Freiberufler gut. Doch der BVSI sieht erste Wolken am Horizont, zumal immer mehr anspruchsvolle Projekte in Billiglohnländer vergeben werden. Selbständige IT-Berater müssten sich "der Realität Offshoring stellen", fordert der Berufsverband. Sie müssten sich fragen: Was habe ich der fachlich vergleichbaren Konkurrenz aus Indien oder Russland voraus? Punkten können Freiberufler hier etwa mit einer Projekt-Management-Qualifizierung, sagt BVSI-Vorstand Dirk Bisping: "Ein IT-Experte, der ein Projekt methodisch richtig abwickelt, zur Teambildung im Projekt beiträgt, mit Konfliktsituationen umgehen und eine Risikoanalyse durchführen kann, bringt dem Unternehmen einen Mehrwert."

Im SAP-Markt zählt die Erfahrung

IT-Freiberufler sollten sich deshalb jetzt in eine möglichst gute Position bringen und ihre Attraktivität für Kunden stärken. "Ich möchte diese Zeit, in der ich exzellent ausgelastet und finanziell gut gesichert bin, insbesondere für meine Qualifizierung nutzen", sagt BVSI- Mitglied und Oracle-Experte Xenofon Grigoriadis. Auch der BVSI empfiehlt, die "fetten Jahre" für die eigene Weiterbildung zu nutzen. Dazu zählen auch Abschlüsse und Zertifizierungen, die nach wie vor beim Kunden sehr gefragt sind.

Dirk Bisping, BVSI: Ein überstürzter Branchenwechsel, etwa in den boomenden SAP-Markt, bringt nichts. Denn die Firmen suchen IT-Profis mit einschlägiger Erfahrung.
Dirk Bisping, BVSI: Ein überstürzter Branchenwechsel, etwa in den boomenden SAP-Markt, bringt nichts. Denn die Firmen suchen IT-Profis mit einschlägiger Erfahrung.
Foto: BVSI

Wer allerdings das IT-Beratungsfeld wechseln möchte, könnte enttäuscht werden. Denn obwohl beispielsweise Unternehmen oft händeringend SAP-Fachleute suchen, bevorzugen sie eindeutig erfahrenes Personal. Ein IT-Freiberufler, der sich für viel Geld hat ausbilden lassen, aber über keine Erfahrung verfügt, wird wahrscheinlich das Nachsehen haben. Insbesondere wenn sich der Markt abkühlen sollte und Unternehmen aus Kostengründen neue IT-Projekte stoppen oder verschieben, werden die Kunden bevorzugt Berater mit langjähriger Erfahrung einstellen. Von einem abrupten Wechsel in ein neues IT-Arbeitsfeld ist also eher abzuraten.

Gezielt das eigene Portfolio erweitern

Statt dessen rät der BVSI dazu, in guten Zeiten gezielt das eigene Portfolio zu erweitern. Dazu gehört es, seine Qualifikation kritisch zu beleuchten und sich zu fragen: Gehöre ich bei einem möglichen Einbruch des Projektmarktes zu den 50 Prozent hochqualifizierten IT-Fachkräften? Bin ich ein Berater, der sein Fachwissen stets auf dem neuesten Stand hält? Bin ich "nur" ein technischer Profi oder überzeuge ich die Kunden auch mit meiner Teamfähigkeit und meiner Persönlichkeit? (am)