Taurus Necktrainer gegen Schleudertrauma

Fraunhofer IGD: Robotertherapie statt Physiotherapie

12.11.2007
Von pte pte
Schöne neue Welt: Statt einer erfahrenen Physiotherapeutin sollen sich Patienten mit Schleudertrauma künftig einem Roboter anvertrauen.

Wissenschaftler des Frauenhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung (IGD) haben ein Gerät zum Training der Halswirbelsäulenmuskulatur entwickelt. Der "Taurus Necktrainer", der Technologien aus den Bereichen Virtual Reality und Robotik miteinander verbindet, soll in Zukunft als eine Alternative zur kostenintensiven Physiotherapie einsetzbar sein. Das Trainingssystem wird vom 14. bis 17. November auf der Medica in Düsseldorf zum ersten Mal einem breiten Publikum präsentiert. "Technisch gesehen kombiniert das vorgestellte Gerät Technologien aus den Bereichen Virtual Reality und Robotik", erklärt Ulrich Bockholt, stellvertretender Abteilungsleiter am IGD, im Gespräch mit pressetext. Mit Hilfe eines Datenhelms wird der Trainierende in eine virtuelle Welt entführt, in der sein Sichtfeld so eingeschränkt ist, dass er dieses nur durch Kopfbewegungen und nicht durch bloße Augenbewegungen steuern kann.

"Über ein Display werden dem Nutzer bestimmte Übungen vorgegeben, die spezifische Kopfbewegungen anregen", erklärt der Forscher. Bislang wurden dazu zwei verschiedene Szenarien entwickelt: Beim "Virtuellen Weltall" verfolgt der Nutzer mit seinem Blick den Flug der Erde durch das Weltall, und beim "Fomel-1-Spiel" soll der Fahrer den Kopf während der kurvenreichen Strecke möglichst gerade halten. Während der Simulationen werden über den Datenhelm dabei genau dosierbare Kräfte auf den Kopf des Benutzers übertragen und die auftretenden Muskelkräfte gemessen. "Diese Rückkoppelung ist wichtig, um das Krafttraining richtig zu dosieren und den erzielten Kraftaufbau zu messen", ergänzt Bockholt.

"Ursprünglich ging es eigentlich darum, ein Diagnoseverfahren für Schleudertraumata zu entwickeln", so Bockholt. Gemeinsam mit Kollegen der Uniklinik Ulm hatte man bereits im Jahr 2000 ein entsprechendes Forschungsprojekt gestartet. Seit 2003 arbeite man am Taurus-Projekt. "Derzeit gibt es nur wenige Trainingsgeräte zur Kräftigung der Halswirbelsäulenmuskulatur am Markt. Meist erfolgt das Training in diesem Bereich durch professionelle Physiotherapeuten, was sehr kostenintensiv ist", erläutert der Forscher. Ziel sei es, ein alternatives Trainingssystem anzubieten, das ein gezieltes, effizientes und selbstständiges Trainieren der Halswirbelsäulenmuskulatur ermöglicht.

Eine komparative Studie an der Universitätsklinik Ulm, die zur Evaluierung der entwickelten Trainingstechnik durchgeführt worden ist, lieferte durchaus positive Ergebnisse. "Im Vergleich zum herkömmlichen Training mit dem Theraband durch einen Physiotherapeuten konnten wir bei den Probanden, die den Taurus Necktrainer nutzten, einen höheren Kraftzuwachs, eine stärkere Vergrößerung des Muskelvolumens und eine deutliche Verbesserung der Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Bewegungen beobachten", fasst Bockhold die Resultate der durchgeführten Tests zusammen.

Aufgrund der positiven Testergebnisse ist sich der Forscher sicher, dass das Projekt weiterverfolgt wird. "Der nächste Schritt wäre dann die Produktisierung, von der wir zurzeit noch meilenweit entfernt sind", schildert Bockholt. Ziel des aktuellen Auftritts bei der Medica sei es deshalb vor allem einen Partner für die Weiterentwicklung des Trainingsgerätes gewinnen zu können. (pte)