Den Mitarbeitern Entwicklungsperspektiven im Unternehmen aufzeigen:

Fluktuation im DV-Bereich so niedrig wie möglich halten

16.09.1988

*Josef Westermaier ist Personalreferent für den Bereich "Informationsverarbeitung " bei der Bayerische Motoren Werke AG, München.

DV-Spezialisten sind auch in Anwenderunternehmen gefragt. Allerdings ist der Arbeitsmarkt für diesen Bereich leergefegt. Immer mehr Betriebe gehen deshalb dazu über, durch Aufzeigen von Karrieremöglichkeiten, Vakanzen im Hause erst gar nicht entstehen zu lassen. Bei BMW wird dieser Weg bereits erfolgreich beschritten.

"BMW bietet in der Informationsverarbeitung (IV) anspruchsvollere Aufgaben als so manche Computerfirma" - mit dieser Headline machte das Unternehmen in jüngster Vergangenheit auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für IV-Fachleute aufmerksam.

Nach Jahren starken Wachstums hat der reine Informationsverarbeitungsbereich bei BMW - in Abgrenzung zu den Bereichen der Anwender und Nutzer der Informationsverarbeitungstechnik - mehr Mitarbeiter als manches namhafte Softwarehaus.

Die Mitarbeiter sind folgenden Einsatzfeldern zuzuordnen:

- Softwareentwicklung für kaufmännisch-administrative Anwendungen,

- Softwareentwicklung für technische Anwendungen,

- Hard- und Softwareplanung, Netzwerkplanung, Datenmanagement, Systemtechnik,

- Rechenzentren.

Der Bedarf an IV-Arbeitskräften war bis jetzt in allen Einsatzfeldern annähernd gleich hoch, so daß sich sowohl für den IV-qualifizierten Berufsanfänger als auch dem berufserfahrenen IV-Profi aller einschlägigen IV-Berufsbilder - vom Operator bis zum Systemprogrammierer, vom Organisationsprogrammierer bis zum IV-Projektleiter - attraktive Aufgaben boten.

Inzwischen wurde durch eine Umorganisation nach den

Wachstumsjahren eine Konsolidierungsphase im IV-Bereich eingeleitet. Dadurch zeichnet sich ein Bedarfswandel an IV-Fachleuten ab. Quantitativ ergibt sich der Bedarf jetzt weniger durch Zusatzbedarf als vielmehr durch Ersatzbedarf infolge einer Fluktuation in die Fachbereiche und auf den freien IV-Personalmarkt.

Der durch Fluktuation entstandene Know-how-Verlust kann durch die ausschließliche Einstellung von IV-Berufsanfängern ohne hohen Ausbildungsaufwand und Zeitverlust nicht ausgeglichen werden, so daß der Besetzung der Vakanzen mit qualifizierten und berufserfahrenen IV-Spezialisten und Profis Vorrang eingeräumt werden muß. In dieser Situation trifft BMW auf einen IV-Arbeitsmarkt, der im wesentlichen durch die erhöhte Nachfrage nach diesem Personenkreis gekennzeichnet ist.

Während der Gesamtnachfrage nach IV-Fachleuten ein durch hohe Absolventenzahlen der Universitäten und Fachhochschulen sowie der IV-Akademien und privaten Bildungsinstitute mittlerweile ausreichend großes Angebot an qualifizierten IV-Berufsanfängern gegenübersteht, ist das Angebot an qualifizierten und berufserfahrenen IV-Fachleuten verhältnismäßig niedrig. Dieses Spannungsfeld gestaltet nicht nur die Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter schwierig, sondern bedeutet auch erhöhte Fluktuationsgefahr.

In der momentanen Situation gewinnt daher das firmeninterne Angebot bei der Deckung des IV-Personalbedarfs noch höhere Bedeutung als bisher. Dies gilt um so mehr, sobald es die Entscheidung um solche IV-Arbeitsplätze zu treffen gilt, deren Besetzung für einen entwicklungsfähigen Mitarbeiter die Chance zu einem beruflichen Aufstieg bedeuten kann.

Insofern muß unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Marktsituation dem unternehmensweiten Prinzip "Aufstieg vor Einstieg" im IV-Bereich in besonderem Maße Rechnung getragen werden.

Denn vor der Frage, ob eine Vakanz intern oder extern zu besetzen ist, muß es oberstes Ziel sein, die Vakanz erst gar nicht entstehen zu lassen. BMW verfolgt bei der Beschaffung des IV-Personalbedarfs zwei Wege: auf dem externen Beschaffungsmarkt durch aktives Einwirken auf diesen selbst, intern durch intensivierte Maßnahmen der Personalentwicklung. Die aktive Gestaltung des externen Marktes setzt in erster Linie bei den einschlägigen Ausbildungsstätten für "informationsverarbeitende Berufe" an. Vor allem durch die verstärkten Kontakte zu den für die Informationsverarbeitung relevanten Studiengängen der Universitäten und Fachhochschulen sowie den DV-Akademien und privaten Bildungsinstituten ergeben sich Möglichkeiten, potentielle Mitarbeiter auf IV-spezifische Belange des Unternehmens aufmerksam zu machen und einen auf BMW abgestimmten Praxisbezug zu vermitteln. Dies geschieht durch die Vergabe von:

- Doktorarbeiten,

- Diplomarbeiten,

- Praktikanten- und

- Werkstudentenplätzen sowie

- die Übernahme von Lehraufträgen durch BMW-Mitarbeiter und

- die Teilnahme an Veranstaltungen der "Studenteninitiativen".

Durch die Präsenz auf Computermessen (Systems, CeBIT, Systec) im Rahmen des Karrierezentrums der COMPUTERWOCHE will BMW in erster Linie einen praxisorientierten Beitrag zur Personalberatung von "IV-Neulingen" aber auch IV-Profis leisten.

Wird an den Ausbildungsstätten das Vorfeld des Beschaffungsmarktes im Hinblick auf IV-Berufsanfänger aufbereitet, soll durch ein Mehr an Transparenz über die BMW-IV-Umgebung das Interesse der IV-Profis geweckt werden. Dies wird am ehesten gewährleistet mit einer aktiven Informationspolitik bei der Teilnahme an Fachtagungen, Mitarbeit an Forschungsprojekten, Entsendung von IV-Mitarbeitern in Fachgremien sowie in verstärktem Maße durch Kontakte zu Hard- und Softwareherstellern.

Im Rahmen der internen Beschaffung ist zu gewährleisten, daß durch eine gezielte Personalentwicklung einerseits IV-Personal zur Besetzung rechtzeitig zur Verfügung steht und andererseits erhöhte Fluktuation mangels Entwicklungsperspektiven vermieden wird. Den Erfordernissen der Personalentwicklung im IV-Bereich muß in zweierlei Hinsicht Rechnung getragen werden:

- durch eine kontinuierliche und bedarfsorientierte Fort- und Weiterbildung des IV-Mitarbeiters, eine Funktion, die für den Erfolg in informationsverarbeitenden Berufen unabdingbare Voraussetzung ist,

- durch die Möglichkeit zum hierarchischen Aufstieg sowohl in der Führungs- als auch insbesondere in der Fachlaufbahn.

Zur Gewährleistung des außerordentlichen Bildungsbedarfs geht BMW die zwei klassischen Wege:

- "Training on the job", das in der komplexen vielfältigen Hard- und Software sowie Anwendungsumgebung im Rahmen eines ausgewogenen "job rotations" dem Mitarbeiter alle Spektren moderner IV-Technologie bietet,

- "Training of the job", das einerseits durch eine eigens für den besonderen Bildungsbedarf in den IV-Bereich integrierte Schulungskomponente und durch die Teilnahme an Seminaren bei hardware- und softwareabhängigen oder unabhängigen Instituten gewährleistet wird.

Die Karriereplanung für den IV-Mitarbeiter wird dadurch bewerkstelligt, daß im Rahmen von Mitarbeiterpotential-Analysen förderungsfähige und -willige Mitarbeiter ermittelt und in Personalentwicklungsgesprächen Ziele, Interessen, Defizite und Maßnahmen zu deren Beseitigung sowie künftige Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt werden. Darüber hinaus wird daran gedacht, das Thema Fachlaufbahn weiter zu intensivieren, um ausgeprägten Spezialisten ohne Führungsneigung Perspektiven zu eröffnen.