Fliegender Rollenwechsel - denn die alten Hierarchien wanken

13.09.1985

Gesellschaftspolitische Entwicklungen fordern auch von der Datenverarbeitung ihren Tribut. Um die Aufgaben der Zukunft fach-, sach- und kostengerecht lösen zu können, ist ein neues Selbstverständnis der DV-Spezialisten angebracht. Der rein technisch orientierte Experte kann die vielfältigen Anforderungen in einem modernen Unternehmen, das auf die Informationsverarbeitung angewiesen ist, nicht mehr erfüllen. Das geforderte neue Rollenverständnis wendet sich deshalb hin zu einer echten Dienstleistungsphilosophie, die allerdings auch eine Erweiterung des Kompetenzspektrums verlangt: An Bedeutung gewinnt hier die menschliche Komponente. Partnerschaftliche Gesprächsführung und kollegiales Beraterverhalten unter Berücksichtigung psychologischer und gruppendynamischer Gesetzmäßigkeiten sind das Gebot der Stunde. Nur so kann vorhandene Widerstand gegen Innovationen gewinnbringend In die tägliche Arbeit umgesetzt werden.

Das Verhältnis zwischen DV Bereich und den DV-Spezialisten einerseits und den Anwendern, Benutzern und Fachbereichen andererseits ist seit einiger Zeit im Wandel begriffen. Noch bis vor relativ kurzer Zeit war dieses Verhältnis von einseitiger Abhängigkeit von der DV geprägt. Mittlerweile führen die all gemeine Popularisierung von DV Wissen und das Denken in DV-Kategorien zu einer stärkeren Ausgewogenheit:

- Der DV-Bereich mit seinem "Herrschaftswissen im elfenbeinernen Turm" wird zunehmend entmythologisiert.

- Die Anwender emanzipieren sich, werden kritischer und erklären sich immer mehr für mündig. Wo bei dieses Streben nach stärkerer Autonomie durch den Einsatz technischer Insellösungen zum Teil sicher auch als mehr oder weniger unterschwellige Racheaktion interpretiert werden kann für eine aufgrund eigener Inkompetenz lang erduldete Hinhaltetaktik und Entmündigung durch die DV-Spezialisten. Viele Verselbständigungen laufen sogar unter der Hand.

- Berührungsängste bauen sich zunehmend ab.

- Beratungs- und Serviceansprüche sowie Forderungen nach schnellen anwenderbezogenen DV-Lösungen von seiten der Anwender steigen.

Allerdings ist weiterhin ein immer noch starkes Kompetenzgerangel, verbunden mit entsprechenden Macht- und Positionskämpfen, zwischen eher systemtechnisch orientierten herkömmlichen DV-Spezialisten, den Vertretern neuerer technologischer Entwicklungen, wie zum Beispiel der Bürokommunikation und den Vertretern der Struktur- und Ablauforganisation zu beobachten. Alle drei Stabsbereiche kämpfen, zumindest teilweise zum Zweck der eigenen Machterhaltung oder des Machtausbaus, um die DV-Versorgung der Anwender. In diesem Kompetenz- und Machtgerangel ist der eigentlich betroffene Anwender der mehr oder weniger gelackmeierte Vierte, insoweit er zum umbuhlten Spielball von "fremden" Interessen wird.

Ebenso herrscht auf Seiten der DV-Spezialisten weiterhin eine rein technologische Betrachtungsweise vor mit all ihren Folgeproblemen. Datenverarbeitung wird von den DV-Spezialisten zum Teil immer noch fast ausschließlich als rein technisches Werkzeug zur rationelleren Bewältigung von Arbeitsvorgängen angesehen. DV-Systeme haben aber nahezu immer mehr oder weniger starke und mehr oder weniger intendierte Zusatzauswirkungen. So wirken sich DV-Systeme in der Regel auf die Arbeitsbedingungen und die Qualität des Arbeitsplatzes aus, indem sie die Qualifikation des Tätigkeitsfeldes und die bisher durch langjährige Routineerfahrung erworbene Verhaltenskompetenz und Verhaltenssicherheit in Frage stellen oder auch radikal verändern.

Individuelle Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeit nehmen ab durch die Normierung der Abläufe. Teilweise entsteht ein "Erledigungssog".

Tätigkeiten werden quantitativ und qualitativ völlig transparent. Mühsam aufgebaute formelle und informelle Kommunikations- und daraus resultierende Einfluß- und Prestigestrukturen werden ungültig. Arbeiten werden völlig neu strukturiert und mit neuen ungewohnten Systemen gesteuert und kontrolliert. Arbeitsplätze werden verlagert oder ganz wegrationalisiert. Innerhalb und zwischen Abteilungen und Bereichen finden zum Teil massive Einfluß- und Machtverschiebungen statt.

Alle diese Folgen haben zum Teil Auswirkungen von erheblicher Tragweite auf die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Anwender und konsequenterweise damit auch auf ihre psychologische Befindlichkeit und ihr Selbstwertgefühl mit allen Folgeauswirkungen auf das Betriebsklima und die Arbeitseffizienz.

Berücksichtigt wird aber bei der Entwicklung und Einführung von DV-Systemen und den damit verbundenen Vorbereitungs- und Begleitmaßnahmen nach wie vor nahezu ausschließlich die rein technisch-organisatorische Dimension - besten falls noch unter Einbeziehung ergonomischer Aspekte. Die eigentlichen Interessenkonflikte, Probleme, Widerstände und Schwierigkeiten liegen aber auf den anderen oben skizzierten Ebenen. Soweit diese nicht in genügendem Maß von vornherein von den DV-Spezialisten, dem Linienmanagement und den Anwendern systematisch mit ins Kalkül gezogen werden, sind Folgeprobleme und Folgekosten sozusagen vorprogrammiert.

Betriebe sind aber keine gesellschaftlichen Inseln. Die Einstellung zur Datenverarbeitung und die spezielle Art und Weise ihres Einsatzes werden deshalb zunehmend mitbeeinflußt durch allgemeinere Tendenzen in der Gesellschaft. So wird zum Beispiel in der veröffentlichten Meinung die Kehrseite technischer Entwicklungen und rein technologischen Denkens immer stärker in Frage gestellt und problematisiert.

Die sogenannte Informationsgesellschaft wird kritisch unter die Lupe genommen, Neben der Information als scheinbar unvermeidbarem Produktionsfaktor und der Information als wohl kaum mehr verhinderbarem Konsumgut wird in erster Linie die Information, soweit sie als Verdatung zum absoluten Kontrollmittel zu werden beginnt, stark problematisiert. Neuere Beispiele dafür sind der erfolgreiche Widerstand gegen die geplante Volkszählung und den computerisierten Personalausweis sowie die Aussage des Bundesverfassungsgerichtes zum "Recht auf informationelle Selbstbestimmung".

Nicht mehr zu übersehen ist der allgemeine Trend "small is beautiful". Die Unzufriedenheit mit relativ starren zentralistischen Großsystemen und Allgemeinlösungen ist im Wachsen begriffen. Ihre Immobilität, ihre mangelnde Flexibilität und geringe Anpassungsfähigkeit gegenüber sich immer schneller ändernden "Umwelten" sowie die mit zentralistischen Großsystemen einhergehenden Bürokratisierungstendenzen und nicht zuletzt die damit verbundene Intransparenz von Entscheidungsprozessen und Anonymisierung von Verantwortung erweisen sich mehr und mehr als dysfunktional.

Sie werden als nicht mal geeignet angesehen, den "Status quo" wenigstens einigermaßen störungsfrei zu verwalten, um so weniger erwartet man sich von ihnen eine zukunftsträchtige Gestaltung. Neben der Diskussion über die Multis mögen weitere Beispiele dafür sein die Auswüchse der Gemeindereform. die Mammutschulen und die Unfähigkeit der etablierten Großparteien, an die Wurzeln gesellschaftlicher Probleme heranzugehen. Auch in bezug auf die - Einstellung zum Verwaltungsstaat als zentralem bürokratischen Großsystem ist dies deutlich zu spüren. Die öffentliche Verwendung von Begriffen wie zum Beispiel "Staatsverdrossenheit", "Loyalitätsverweigerung" und "Alltagswiderstand" auch in der seriösen Presse kennzeichnen eine solche Einstellung.

Demgegenüber verstärken sich die Bestrebungen nach kleineren überschaubaren Einheiten. Ihre Attraktivität beruht auf der möglichen Eigen- und klar zuordnungsfähigen Fremdverantwortung, den transparenten und flexiblen Regelungs- und Steuerungsmechanismen, den alternativen und kreativen Gestaltungsmöglichkeiten und ihrem allgemeinen Organisationsprinzip "so wenig Zentralisierung wie unbedingt nötig und so viel Dezentralisierung und gestalterischer Freiraum wie möglich".

Diese unübersehbare Tendenz zum Organisieren in kleinere überschaubare Einheiten ist sicherlich teilweise eine alternative Flucht in die Innerlichkeit im Sinne eines geschlossenen, scheinbar heilen Systems. Andererseits werden aber solche Strukturen von vernetzten offenen Kleinsystemen bewußt und professionell geplant als zeitgemäßere und funktionalere Alternative zu den bestehenden inflexiblen bürokratischen Großsystemen, die einen Großteil ihrer Energie zu ihrer eigenen Systempflege verbrauchen.

Nicht zuletzt verlangen der immer härter werdende Markt- und Wettbewerbsdruck sowie die sich immer schneller ändernden Umwelten und Anforderungen von Organisationen und Unternehmen im Rahmen eines "management of adaptive change" Systeme, die höhere Rentabilität und Wirtschaftlichkeit versprechen, da sie stärkere Flexibilität und Umsteuerungsmöglichkeit im Markt ermöglichen, Fehlerquoten schneller und besser reduzieren und den Informationsaustausch über die Bereichsgrenzen hinweg besser und schneller organisieren und garantieren.

Die grundlegenden spezifischen Merkmale solcher Systeme bestehen darin, daß sie schnell zu entwickeln, pflegeleicht und flexibel sind.

Aus diesen DV-spezifischen Entwicklungen und ihrer Vernetzung mit allgemeinen gesellschaftlichen Trends ergeben sich konkrete Anregungen, Perspektiven und Konsequenzen sowohl für das Zusammenspiel zwischen Datenverarbeitung und Anwendern als auch für das Selbst- und Rollenverständnis der DV selbst:

DV-Sachentscheidungen können nur auf der Basis vorgelagerter strategischer Grundsatzentscheidungen getroffen werden, das heißt, strategische, taktisch-operative und in deren Folge organisatorische Unternehmensentscheidungen müssen vom zuständigen Linienmanagement unter Einbeziehung und Nutzung aller vorhandenen Informations- und Ideenressourcen vorab getroffen werden. DV-Systeme haben eine eindeutige untergeordnete instrumentelle Dienstleistungsfunktion im Rahmen dieser vorab getroffenen Grundsatzentscheidungen. Erfüllt das Linienmanagement diese strategische Aufgabe nicht oder nur ungenügend, kommt es zu dem eingangs beschriebenen Zustand, daß mit der Entwicklung und Einführung von DV-Systemen unter der Hand zum Teil schwerwiegende organisatorische und sogar zielrelevante Veränderungen sozusagen unbeabsichtigt mitgeschehen als Folge scheinbar systemtechnischer Zwänge. Dies gilt auch in bezug auf die zu fällende Entscheidung, welchen Systemen von welchem Hersteller mit welchen systemtechnischen Möglichkeiten, Grenzen und struktur- und ablauforganisatorischen Implikationen schließlich der Vorzug gegeben werden soll.

Es bedarf einer neuen Rollenperspektive für die DV-Spezialisten, das heißt, DV-Spezialisten müssen ihr Selbst- und Rollenverständnis weiterentwickeln: vom rein technischen Systemspezialisten weg hin zum akzeptierten Anwendungsberater und Problemloser auf der Basis einer echten Dienstleistungsphilosophie. Dazu bedarf es einer Erweiterung des Kompetenzspektrums in Richtung auf eine vierfache Qualifikation:

- fachlich-technische Produkt- und Systemkompetenz, erweitert auf den gesamten Sektor der Kommunikation; speziell die

"Systemverliebten und Programmierzauberer" der ersten Generation sind zur Zeit in Gefahr, neue technologische Entwicklungen zu verschlafen.

- Feldkompetenz, das heißt mehr Wissen, Verstehen und Ernstnehmen der Situation, Ziele, Zwänge, Probleme und Sprache der Anwenderbereiche.

- Koordinations- und Steuerungskompetenz, das heißt professionelle Techniken der Leitung von Projektgruppen sowie zur Ermittlung und Analyse des wirklich handlungsrelevanten Informationsbedarfs anstelle der Sammlung rein persönlicher Einschätzungen und einseitiger subjektiver Sichtweisen auf dem zu engen Hintergrund der momentan bestehenden Situation.

- Verhaltenskompetenz, das heißt partnerschaftliche Gesprächsführung und kollegiales Beraterverhalten unter Berücksichtigung verhaltenspsychologischer und gruppendynamischer Gesetzmäßigkeiten.

Nur auf der Grundlage einer derartigen mehrdimensionalen Kompetenzausstattung wird der notwendige Rollenwechsel vom DV-Fachidioten zum "situations- und verhaltenssensiblen Kommunikationsmanager" und zum akzeptierten "ehrlichen Makler zwischen Anwenderansprüchen und DV-technischen Möglichkeiten" zu verwirklichen sein.

Konsequenterweise müssen für die Entwicklung und Einführung von DV-Systemen Spielregeln etabliert und eingehalten werden, die eine Vorgehensweise garantieren, welche den Bedürfnissen und Anforderungen der skizzierten Gesamtsituation gerecht wird. So bedarf es zum Beispiel einer strategischen Vorabklärung der Ziele, des Stellenwertes und der Leistungserwartungen in bezug auf das gewünschte DV-System durch das zuständige Fachbereichsmanagement.

Die letztlich betroffenen Mitarbeiter müssen frühzeitig und weitgehend in die Entwicklung einbezogen werden: Weshalb wollen beziehungsweise müssen wir etwas verändern? Welche direkten und indirekten Auswirkungen wird eine Veränderung nach sich ziehen? Welche Chancen sind zu erwarten und welche Risiken oder Probleme sind zu befürchten in bezug auf die Art der Aufgabenerledigung, die Qualifikation des Arbeitsplatzes, das eigene Können und die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten?

Die bei diesem Entwicklungsprozeß mögliche oder nicht verhinderbare Veränderung von Macht-, Einfluß- und Prestigefaktoren darf nicht tabuisiert, sondern muß offen angegangen werden. So weit wie möglich sind in diesem Vorstadium auch Alternativen anzudenken, um möglichst vielen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Im Anschluß an diese Vorabklärungsprozesse muß der Dialog erfolgen zwischen dem Fachbereich beziehungsweise den Benutzern und den Spezialisten der Datenverarbeitung über die gesammelten Wünsche und den Leistungserwartungen an das DV-System und den tatsächlichen Möglichkeiten. In diesen Dialog sind gegebenenfalls andere tangierte technologische und organisatorische Funktionsstellen einzubeziehen. Ein gemischtes Projektteam wird dann in der Regie der Anwender ein konkretes Modell, gegebenenfalls mit Alternativen, ausarbeiten und die zur Einführung notwendigen Begleitmaßnahmen entwickeln.

Diesem Vorgehen liegen folgende allgemeine Prinzipien zugrunde:

- Vom Anwender her denken, das heißt unter anderem auch "in Problemlösungen, nicht in Systemen denken"; "die Betroffenen dort abholen, wo sie sich mit ihrem Wissen, ihren Erfahrungen, ihren Einstellungen, Unsicherheiten und Ängsten befinden..."

- Die Autonomie der Anwender stärken wollen, anstelle sie für dumm zu halten und im Interesse der eigenen Machterhaltung sie in diesem Stadium auch halten zu wollen.

- Soviel Gestaltungsfreiraum wie möglich zulassen, aber die notwendige übergreifende Vernetzung sichern.

- Die allgemeine Sensitivität bezüglich der Verdatung als Kontrollmittel voll berücksichtigen.

Unabhängig von der Vorgehensweise ist allerdings bei jedem Veränderungsvorhaben, das in irgendeiner Weise Einstellungen, Verhaltensgewohnheiten, Verhaltenssicherheiten oder die gewachsene Einfluß- und Machtverteilung berührt, Widerstand eine völlig natürliche Reaktion. Auch wenn es in der Regel keine Veränderung ohne Widerstand gibt, so garantiert eine rechtzeitige Einbeziehung und Beteiligung der Betroffenen doch, daß das, was hinter dem Widerstand steckt, schneller und offener auf den Tisch kommt und, durchaus auch konfrontativ, ausgetragen werden kann. Andernfalls würden diese Dinge viel länger versteckt bleiben und sich als "vested interests" in angeblich rein sachliche Argumente verkleidet für längere Zeit störend und blockierend in Form von Fußangeln und Schienbeintritten unterm Tisch wie Sand im Getriebe auswirken.

Für eine in der Zukunft besser in das Unternehmen integrierte Datenverarbeitung ist weiterhin entscheidend, daß die Alleinherrschaft der DV-Spezialisten von einem kooperativen Informationsmanagement abgelöst wird. Die Gesamtsteuerung der DV-Angelegenheiten darf wegen ihrer überaus engen Verzahnung mit unternehmensstrategischen, produkt- und leistungsrelevanten- sowie organisatorischen Aspekten einfach nicht den DV-Spezialisten allein überlassen bleiben.

Als Ergänzung zur reinen Linienverantwortung des EDV-Leiters für seinen Bereich muß ein kooperatives Steuerungssystem installiert werden, in dem die direkten Anwender, das Management der Fachbereiche, mitbetroffene andere Stabsstellen, wie zum Beispiel Organisation und Bürokommunikation, und die DV-Spezialisten in gemeinsamer Zuständigkeit und Verantwortung die wesentlichen Grundsatzentscheidungen treffen, die Gesamtstrategie und notwendige operative Eckwerte festlegen, Transparenz über die geplanten Vorhaben, Kosten, Nutzenerwartungen und organisatorische Implikationen herstellen und die Umsetzung nach gemeinsam abgestimmten Prioritäten koordinieren und überwachen, um rechtzeitig eventuell notwendige Korrekturen und Umsteuerungen vornehmen zu können.

Vereinfacht und fast trivial formuliert könnte man sagen: Das Unternehmen respektive die Fachbereiche müssen die DV steuern und nicht umgekehrt. Nur so kann eine rechtzeitige Versachlichung der Aushandlung von durchaus legitimen Interessenskonflikten und damit verbundener Machtpolitik erfolgen.

Die bisherige Form der Einbeziehung der Betroffenen, wie zum Beispiel der DV-Benutzerkreis, reicht bei weitem nicht aus. Teilweise handelt es sich um ein bloßes Feigenblatt, insofern eben dort entweder wiederum nur die "Fachidioten" unter sich sind oder insofern ein solches Benutzergremium den DV-Spezialisten nur dazu dient, im Sinne einer ungleichgewichtigen und einseitigen Interessenwahrnehmung Daten zu sammeln, eigene Vorstellungen zu unterbreiten und gegebenenfalls die immer wieder notwendigen Rechtfertigungen unterzubringen.

Was unbedingt erforderlich scheint, ist ein gesichertes Gesamtmanagement des technischen Informationswesens - aber eben durchaus nicht notwendigerweise in der Form der üblichen hierarchischen Oberzuständigkeit eines allgewaltigen Informations-System-Direktors, sondern möglicherweise auch in der alternativen Form eines allerdings mit klaren Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortungen ausgestatteten kollegialen Gremiums. Andernfalls drohen die gleichen verdeckten Machtkämpfe und Grabenkriege neu aufzuleben.

Um die Bedingungen der Möglichkeit und die konkreten Voraussetzungen für einen solchermaßen ganzheitlichen und integrierten Ansatz zu schaffen, sind entsprechende Einstellungs- und daraus resultierende Verhaltensänderungen sowie teilweise überhaupt ein stärkeres Problembewußtsein notwendig. Denn neue Wege bedingen neue Verhaltensweisen und neue Strukturen. Wenn man nicht darauf warten will, bis erhöhter Leidensdruck oder gar ein Krisenschock keine andere Wahl mehr zulassen, wird man rechtzeitig Entwicklungsprogramme in die Wege leiten müssen.

Personen- und funktionsgruppenbezogene Informations-, Schulungs- und Trainingsprogramme zur Schaffung von Problembewußtsein und zum Abbau von Sprach- und damit Verständigungsproblemen können zwar durchaus sinnvoll sein, werden aber in der Regel nicht ausreichen. Parallel dazu müssen unnötige und unfunktionale hierarchische und strukturelle Barrieren abgebaut und an deren Stelle gezielte kommunikative und organisatorisch geregelte Vernetzungen aufgebaut werden.

Verständigung auch auf kooperativ-kollegialer Ebene und die Verhinderung des Mißbrauchs von Funktions- und Expertenmacht müssen sozusagen strukturell abgesichert werden und dadurch einen höheren Grad von Verbindlichkeit bekommen. Auch hier werden wegen der tatsächlichen oder befürchteten Änderung von Verhaltenssicherheiten und Machtkonstellationen natürlicherweise Widerstände auftreten, die es im oben beschriebenen Sinn zu bearbeiten gilt.

*Dr. Klaus Doppler, München, ist selbständiger Psychologe, Berater für Organisationsentwicklung und Trainer für Gruppendynamik.