Umdenken gefordert

Flexibilität statt starrer Software

19.07.2002

MÜNCHEN (CW) - Richard Gabriel, ein bei Sun beschäftigter "Extremprogrammierer", fordert seine Berufskollegen auf, eher flexible und lernfähige Systeme zu entwickeln statt logische Präzision zur Maxime zu erheben. Der Open-Source-Experte leitet das "Feyerabend-Projekt", das sich zum Ziel gesetzt hat, "die Softwareentwicklung und -verfahren auszubessern". Die Gruppe folgt dabei einer These des Philosophen Paul Feyerabend, wonach man jedes im wissenschaftlichen Sinne fundamentale Gesetz unter gewissen Umständen ignorieren oder das genaue Gegenteil tun sollte. In einem Interview mit der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" hat er diese Maxime auf die Programmierung übertragen.

Nach Ansicht von Gabriel sind heutige Applikationen vor allem deswegen so instabil und brüchig, weil sie mit Methoden entwickelt wurden, die aus den 50er und 60er Jahren stammen.

Inzwischen sei es möglich, Anwendungen aus vielen kleinen Komponenten zu schreiben, deren Zusammenwirken nicht von festem Code bestimmt, sondern von Regeln interpretiert werde. Java trage Ansätze in diese Richtung, meint Gabriel.

Hart geht der Experte mit einer verbreiteten Eigenart der Programmierer ins Gericht: "Ihre Umgangssprache ist Sourcecode. Wenn man die nicht versteht, beachten sie einen nicht." Programmierer sollten bedeutend enger als bisher mit den Endanwendern zusammenarbeiten. (ls)