Sensoren als Schrittmacher der Automatisierung:

Fabrikhallen ohne Arbeiter keine Vision mehr

02.12.1983

DÜSSELDORF (VWD)-Sensoren mit hohen Leistungswerten und kurzen Ansprechzeiten sind der Angelpunkt für einen breiten Einzug der Elektronik in die industrielle Produktion und Schrittmacher für weitere Automatisierungsfortschritte. Denn nur mit Hilfe von leistungsstarken und qualitativ hochwertigen Sensoren erhalten die für den Produktionsprozeß einzusetzenden Computer das notwendige umfassende Datenmaterial und die Roboter am Fließband den Intelligenzzuwachs, um kompliziertere Aufgaben bei wechselnden Bedingungen wahrnehmen zu können.

Die Interkama in Düsseldorf hat gezeigt, daß die Hersteller von Sensoren und insbesondere die Halbleiterindustrie inzwischen die Zeichen der Zeit erkannt haben. In Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Forschung werden große Anstrengungen unternommen, die Technologie der Sensoren voranzutreiben. Dabei liegt das Schwergewicht bei der Weiterentwicklung der Sensoren auf Silizium-Basis. Als vielversprechend hat sich der Einsatz von Polysilizium, einer Schicht mit vielkristalliner Struktur (im Gegensatz zu dem einkristallinem Silizium für herkömmliche Bauelemente) herausgestellt, die wesentlich unempfindlicher gegen äußere Verunreinigungen ist und ebene Bauelemente ermöglicht.

So hat die erste, vor kurzem auf den Markt gekommene Polysilizium-Temperatursonde eine Ansprechzeit unterhalb von einer Sekunde bei einem Temperaturbereich von über 500 Grad Celsius. Ein Polysilizium-Drucksensor mit Metallmembran befindet sich nach Auskunft von Experten derzeit noch in Entwicklung. Da mit Siliziumsensoren eine Reihe physikalischer Eigenschaften nicht meßbar ist (zum Beispiel Infrarotlicht), wird derzeit auch intensiv mit neuen Materialien für Halbleitersensoren experimentiert, die interessante Sensoreingenschaften versprechen.

Alles, was gesteuert, geregelt oder automatisiert werden soll, muß vorher gemessen werden. Somit ist eine enorme Nachfrage nach Sensoren mit unterschiedlichsten Beschaffenheiten in den kommenden Jahren zu erwarten. Dies wird nicht nur die Halbleiterindustrie beflügeln, sondern auch deren Zulieferindustrie die weltweit allein für 1984 bereits ein Wachstum von 31 Prozent auf rund 3,3 Milliarden Mark vorausgesagt worden ist. Nur mit dem verstärkten Einsatz von Sensoren als

(Meß-)Datenlieferanten für Computersysteme und als Voraussetzung für einen Intelligenzzuwachs bei Robotern wird sich das Konzept einer umfassenden

Steuerung, Überwachung und Automatisierung der industriellen Produktion verwirklichen lassen.

Entwicklung ist nicht aufzuhalten

Dies wird die Produktivität in den Betrieben, die sich durch die Einführung von computerunterstützter Konstruktion und Fertigung (CAD/ CAM) sowie von computerisiertem Engineering (CAE) bereits um bis zu 200 Prozent erhöhte, weiter steigen lassen. Gleichzeitig wird die Zahl der Beschäftigten in der Produktion drastisch sinken, und den dort verbleibenden Mitarbeitern werden hohe Quzalifikationen abverlangt. Diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten, mit ihr ist nur-so gut es geht-zu leben.

Der erste "sehende" Industrieroboter (von Asea) steht bereits am Fließband. Er kann-mit einem integrierten Bildverarbeitungssystem ausgestattet - zumindest schon ein bestimmtes Werkstück erkennen, es bildmäßig erfassen und dessen Position und Orientierung bestimmten. Er ist zur Materialhantierung, einfachen Montage und Vollständigkeitskontrolle einsetzbar. Bei dem derzeitigen technologischen Stand-wie er auf der Interkama zu erkennen war-bedarf es kaum noch Phantasie für die Vorstellung von menschenleeren Fabrikhallen. Sie sind tatsächlich keine Future-World-Vision mehr.