Zehn Prozent Jahresumsatz in Gefahr

EU-Kommission wirft Google-Tochter Motorola Patent-Missbrauch vor

06.05.2013
Mehr als zwölf Milliarden Dollar hat Google für Motorola bezahlt. Doch der Patentschatz des Handy-Pioniers brachte bisher keine durchschlagenden Erfolge in den Ideenklau-Prozessen. Und jetzt droht auch noch eine saftige EU-Strafe wegen Patent-Missbrauchs.

Die Google-Tochter Motorola bekommt massiven Ärger mit der EU-Kommission wegen ihres Vorgehens im Patentkrieg der Mobilfunk-Branche. Die Brüsseler Wettbewerbshüter werfen dem Handy-Pionier einen Missbrauch von Patenten vor, die zum Grundstock von Standards gehören. Motorola droht nun eine Strafe von zehn Prozent des Jahresumsatzes.

Motorola hatte im Ideenklau-Streit mit Apple auch Patente eingesetzt, die zum Kern des Mobilfunk-Standards GPRS gehören. Damit erstritt Motorola Ende 2011 in Deutschland ein Verkaufsverbot und setzte es auch durch. Für kurze Zeit konnte man hierzulande online keine iPhones und iPads mit Mobilfunk-Anschluss kaufen. Erst durch Apples Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe wurde die Vollstreckung ausgesetzt. Der Fall ist immer noch nicht geklärt.

Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass es bei Standard-Patenten keine Verkaufsverbote geben darf, erklärte sie am Montag. Für solche Schutzrechte gelten besondere Regeln: Sie müssen ohne Diskriminierung und zu fairen Konditionen (FRAND) gewährt werden, damit der Wettbewerb nicht behindert wird. Deshalb stuft die Brüsseler Behörde das von Motorola eingelöste Verkaufsverbot als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ein.

Patentmissbrauch als globales Thema

Motorola hatte nach Beginn der EU-Untersuchungen im April 2012 den Einsatz von Standard-Patenten in Prozessen bereits drastisch zurückgefahren. Dem weltgrößten Smartphone-Hersteller Samsung werfen die Brüsseler Wettbewerbshüter ebenfalls Patentmissbrauch vor. Auch die US-Behörden haben das Thema auf dem Radar.

In Deutschland ist die Lage noch etwas komplizierter: Für die FRAND-Patente gelten hier besondere Regeln, die aus dem sogenannten "Orange Book"-Verfahren um wiederbeschreibbare CDs stammen. Die in einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2009 festgehaltene Prozedur sieht unter anderem vor, dass der Nutzer eines Patents dem Inhaber von sich aus ein verbindliches Angebot unterbreiten - und auch einen entsprechenden Geldbetrag hinterlegen muss.

Ein Sprecher der EU-Kommission betonte, dass es im vorliegenden Fall nur um den Streit mit Apple geht. Motorola hatte auch gegen Microsoft Patente für den Videosoftware-Standard H.264 ins Feld geführt. Der Software-Riese verlegte unter Hinweis darauf im vergangenen Jahr sein europäisches Logistik-Zentrum von Deutschland in die benachbarten Niederlande. Die Beschwerde von Microsoft werde in Brüssel noch weiter geprüft, hieß es.

War Motorola viel zu teuer?

Aus Sicht der Kommission müsste eine mögliche Strafe von Motorola Mobility getragen werden und daher würde sich auch nur auf den Umsatz des Handy-Herstellers beziehen. Der Großteil des strittigen Vorgehens habe vor der Übernahme durch Google stattgefunden, sagte der Sprecher zur Begründung.

Motorola hat als Mobilfunk-Pionier viele Standard-Patente im Köcher. Google übernahm das Unternehmen für 12,5 Milliarden Dollar. Erklärtes Ziel dabei war, das Patentarsenal hinter dem mobilen Betriebssystem Android zu stärken, das im Visier der Patentklagen von Apple und Microsoft steht. Mit den Rückschlägen in den verschiedenen patentverfahren könnte sich der Kaufpreis für Motorola nach Ansicht von Experten im Nachhinein als völlig überhöht herausstellen. (dpa/sh)