Erst müssen sich die Organisatoren einigen

05.03.1982

Es gibt keinen Zweifel, daß im Büro- und Verwaltungsbereich der privaten Unternehmen sowie der öffentlichen Betriebe und Institutionen noch weitreichende Rationalisierungsreserven und Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung vorhanden sind. Nach bereits weit fortgeschrittener Ausschöpfung der Reserven im Produktions- und Fertigungsbereich stellt die Automatisierung im Büro- und Verwaltungsbereich sicherlich den entscheidenden Ansatzpunkt aller Bemühungen der nächsten Jahre in dieser Hinsicht dar.

Verdeutlicht man sich dies an einigen Zahlen, so zeigt sich, daß die Produktivität im Produktionssektor in den letzten 100 Jahren um zirka 1400 Prozent stieg, während im Bürobereich eine Steigerung von 40 Prozent erreicht wurde. Jüngste Untersuchungen zeigen, daß von 1969 bis 1979 die "Büro-Produktivität" um 4 Prozent stieg, während sich allein die Personalkosten verdoppelten.

Nach Untersuchungen der Fraunhofer-Gesellschaft ist der Anteil der mit Informations-intensiven Tätigkeiten in privater Wirtschaft oder in der öffentlichen Verwaltung Beschäftigten in unserem Lande von 1950 bis 1978 von einem Fünftel auf ein Drittel gestiegen.

Amerikanische Analysen haben gezeigt, daß dieser Anteil in den USA heute bereits mit rund 50 Prozent anzusetzen ist (Abbildung 1).

Bei uns - so die jüngsten Zahlen - wird dieser Zeitpunkt 1990 erreicht.

Die mit dem Schlagwort "Informatisierung" zu kennzeichnende Entwicklung wird begleitet von einer rasanten Entwicklung der Informationstechnologie im Büro.

Bei einer groben Erfassung und Systematisierung der verschiedenartigen Technologien, die heute im Rahmen automatisierbarer Funktionsbereiche im Büro zum Einsatz kommen, lassen sich drei Kategorien unterscheiden:

- Datenverarbeitung,

- Textverarbeitung und

- Informations-Übermittlung beziehungsweise Kommunikation.

Informationstechniken im Büro

Waren diese Techniken zunächst - im wesentlichen durch technisch/ historische Gründe bedingt - eigenständige Teil- oder Subsysteme eines Informationssystems, so ist gerade in jüngster Zeit eine zunehmende Integration oder zumindest Teilintegration der sich getrennt entwickelnden Technologien festzustellen. Die bisher im wesentlichen isolierten Teile eines betrieblichen Informationssystems, welches den gesamten Bereich betrieblicher Leistungserstellung überragt und überspannt, wachsen zu den verschiedensten Formen integrierter Lösungen zusammen. Die beiden Informationsarten "Daten" und "Texte" lassen sich nur schwer gegeneinander abgrenzen: In der Datenverarbeitung dominieren quantitative Informationen (Zahlen), in der Textverarbeitung nicht-quantitative, das heißt verbale Informationen ("Worte").

Somit richtet sich auch der Verarbeitungsprozeß schwerpunktmäßig

- einmal auf arithmetische und logische Operationen an formatierten Daten (vorwiegend in Form von Kurzsymbolen und Zahlen),

- zum anderen auf die formale und inhaltliche Manipulation der Worte und Wortkomplexe (nichtformatierte Daten)

auch wenn in betrieblichen Dokumenten in der Regel beide Informationsarten vertreten sind.

Dennoch zeigt sich, daß unter organisatorischen Aspekten die Informationsverarbeitungsprozesse aller drei Bereiche auf das engste miteinander verknüpft sind.

Die Alternativen reichen von der Datenfernverarbeitung über die Textkommunikation bis zu den integrierten, multifunktionalen Bürosystemen. Ein entscheidender Schritt hierzu wird allerdings erst mit der Integration von Text- und Datenverarbeitungsfunktionen in einem Gerät möglich sein. Und damit ergeben sich verschiedenartige Kriterien und Funktionen, denn Datenverarbeitung und Textverarbeitung sind durch recht unterschiedliche Charakteristika gekennzeichnet.

Die Datenverarbeitung zeigt

- große Datenbestände, die trotz aller allgemeinen Dezentralisierungstendenzen in der Verarbeitungsfunktion nach wie vor sinnvollerweise zentral archiviert, aktualisiert und gepflegt werden,

- schnelle Prozessoren, speziell auf rechenintensive Aufgaben ausgelegt,

- spezielle schnelle Peripherie, die dediziert auf DV-spezifische Aufgabenstellungen ausgerichtet ist,

- kompliziertes Handling, zum Beispiel im Closed-shop-Betrieb,

- aufwendige Programmierung mit komplexen Programmier- und Kommandosprachen.

Die Textverarbeitung benötigt

- gute Druck- und Schriftqualität durch spezielle Drucker,

- einfaches Mischen von Texten mit Daten, wie Standardtexte und Individualinformationen, Adressen,

- einfache Bedienung und Software,

- komfortable Textgestaltung, zum Beispiel Groß-/Kleinschreibung, Umlaute und so weiter.

Bei der Integration gilt es nun, die komparativen Vorteile der unterschiedlichen Bürotechnologien zu nutzen, sie zu kombinieren und gemeinsam einzusetzen. Es gilt, Leistungen der Datenverarbeitung (Geschwindigkeit der Rechner- und Speicherkapazität) am Arbeitsplatz des Sachbearbeiters oder der Schreibkräfte verfügbar zu machen und zwar unter den Bedingungen komfortabler Textsysteme (Bedienungs- und Benutzfreundlichkeit, Textgestaltung etc.).

Betrachtet man die typischen Aufgabengebiete von Textverarbeitungssystemen, so zeigt sich, daß zahlreiche Funktionen vorhanden sind, die über die Textbearbeitung hinausgehen und in den Bereich der textorientierten Informationsverarbeitung reichen. Hier sind also deutlich "systeminterne" Integrationstendenzen zu sehen (Abbildung 2).

Probleme der Integration

Einmal haben sich - bedingt durch die äußerst stürmische Entwicklung im EDV-Bereich - EDV-Organisatoren von der Büroorganisation "zu weit" entfernt. Textorganisatoren und DV-Organisatoren sprechen heute zwei unterschiedliche Sprachen, was vor allem in den vollkommen unterschiedlichen Begriffsinhalten von "Programming"

- Textprogramming

- Computer-Programming deutlich zum Ausdruck kommt.

Durch die bisher getrennt verlaufene Entwicklung von Daten- und Textverarbeitung sprechen die entsprechenden Organisatoren ihre eigenen Sprachen und benutzen ihre eigenen Codes, Informationen und Steuerzeichen: "Texthandbuch, Fließtextsteuerung, Zeilen- und Seitenumbruch" sind dem DV-Organisator meist völlig unbekannt: Der Textorganisator hat meist keine Kenntnisse über "Datei-Organisation", über "Zugriffe auf eine Datenbank" über "Programmierung in höheren Programmiersprachen".

Der Übergang von diesen mehr im Humanbereich liegenden Problemen zu den stärker systemtechnischen Problemen ist fließend.

Dies kann an einigen Beispielen recht gut verdeutlicht werden:

- Die Datenstruktur auf Floppy-Disk und Magnetplatte sind durch die getrennte Entwicklung völlig verschieden voneinander, so zum Beispiel die Satzstruktur für unformatierte und formatierte Zeichenketten.

- Unterschiedliche Programmiersprachen bei der Datenverarbeitung und dem Textsystem.

- Der Zeichencode im Rechner ist EBCDI, im Textsystem meistens ASCII.

- Völlig andere Datenbabspeicherung bei der Satzlänge und Blocklänge.

- Groß- und Kleinschreibung sowie Umlaute für die Textverarbeitung völlig verschieden (kein Zeilenumbruch in der Datenverarbeitung, völlig andere Papiervorschub-Steuerzeichen als im Textsystem, automatische Silbentrennung, Unterstreichung, Ein- und Ausrückungen).

Lösungsansätze

Hinsichtlich integrativer Bemühungen der Integration von Daten- und Textverarbeitung in einem System zeichnet sich die Entwicklung zur Zeit in der Weise ab, daß

- zum einen versucht wird, Textautomaten zu Universalmaschinen auszubauen, indem sie durch problemorientierte Sprachen frei programmierbar werden,

- zum anderen wird verstärkt spezielle Textverarbeitungs-Software für EDV-Anlagen entwickelt und dem Anwender zur Verfügung gestellt.

Erste Ansätze in diese Richtung haben wir bereits zu verzeichnen: Einerseits wird zunehmend Textverarbeitungs-Software für EDV-Anlagen angeboten, zum anderen ermöglichen mehr und mehr Textautomaten die freie Programmierung in kommerziellen Programmiersprachen. Dennoch muß festgestellt werden, daß die umfassende integrative Lösung fehlt. Computer liefern noch nicht den funktionalen und bedienungsfreundlichen Komfort moderner Textautomaten; diese wiederum können mit den Anwendungs-Software-Paketen der EDV keineswegs konkurrieren.

Schnittstellen und Übertragungsprozeduren

Bei der Integration verschiedener Systeme sind zahlreiche weitere Probleme zu lösen: Schnittstellen und Übertragungsprozeduren müssen zur Verfügung stehen; Anpassungen der Betriebssysteme sind erforderlich.

Es scheint so, daß in den Unternehmungen integrierte, technisch bereits heute weitgehend realisierbare Informationssysteme zusammenwachsen. Bisher getrennt laufende Entwicklungslinien treffen sich in der Zukunft (Abbildung 3). Neben Texte und Daten werden Sprache und Bilder treten. Verarbeitung und Übertragung dieser vier Komponenten werden zu integrierten Büro-informations- und

-kommunikationssystemen führen. Das "automatisierte Büro" rückt also näher (Abbildung 5, Quelle 2). Allerdings sollte bei allem Verständnis für die Faszination technischer Neuerungen nicht vergessen werden, daß diese Systeme nur dann sinnvoll eingesetzt werden können, wenn sie den Forderungen und Erwartungen von Benutzer, Aufgabe und Arbeitsplatz entsprechen.