Erfahrungen nach dem "Trial-and-error-Prinzip": DV-Erstanwender: Friß oder stirb

02.05.1980

HANNOVER (to) - Während immer komfortablere und leistungsfähigere Systeme entwickelt werden, versucht sich der potentielle Erstanwender vorsichtig durch den Computerdschungel zu kämpfen. Eine Möglichkeit, sich qualifiziert auf den Einsatz eigener EDV und die auf ihn zukommenden Probleme vorzubereiten, gibt es für den interessierten Unternehmer jedoch noch nicht. Das "Trial-and-error-Prinzip" ist für ihn nach Meinung einiger CeBIT-Aussteller der einzig gangbare Weg zur eigenen Rechnerlösung.

"Ich möchte nicht in der Haut des DVE Einsteigers stecken", bekennt Peter Gabriel, Bereichsleiter West der Gier Electronics GmbH, "man kann ihm nicht helfen, er muß probieren". Einen unabhängigen Berater hinzuzuziehen, schlägt Ralph Hoibakk, Managing Director der Tandberg Data A/S, vor.

Anbieter von Branchenlösungen geben freilich zu bedenken, daß die Beratungskosten häufig mehr als die Hälfte des Systempreises ausmachen.

So hoffnungslos die Situation auch aussehen mag, so bestehen doch Möglichkeiten, die Gefahr einer Fehlinvestition herabzusetzen. Referenzen heißt der Geheimtip der Branchen-Insider. Ein Alles-aus-einer-Hand-Anbieter, der auf die Baubranche spezialisiert ist, zeigt jedoch auch hier ein Risiko auf, indem er sagt: "Wir haben unsere Software bereits seit zehn Jahren, unsere Kunden sind zufrieden, Fehler sind nicht mehr drin. Allgemein interessante Kundenwünsche werden kostenlos von uns in einer Neuversion implementiert und auch als kostenlose Serviceleistung bei anderen Anwendern installiert." Von neuen Softwaretechnologien weiß man hier anscheinend nichts, und daß gewisse Änderungen in einem solchen Paket einfach nicht machbar sind, wenn der Preis dafür in einer vernünftigen Relation zum Gesamtpreis bleiben soll, wird scheinend nichts,und daß gewisse Änderungen in einem solchen Paket einfach nicht machbar sind,wird schamaft verschwiegen.

Trotzdem bleibt die Mund-zu-Mund-Propaganda eine gute Orientierungshilfe, sofern der Newcomer kritisch und selbstbewußt ist, meint Tandberg-Manager Hoibakk. Auch Gabriel empfiehlt Referenzen: allerdings solle der Einsteiger "nicht zu schnell zu viel" installieren wollen. "Für den DV-Markt selbst", so der Gier-Mann, "ist es nachteilig, wenn

der Anwender schlechte Erfahrungen macht." Wer mit seiner Erstinstallation Schiffbruch erleide, sei er für immer für die Datenverarbeitung verloren.

Nach Aussagen Gabriels sehen viele der größeren Anwender dieses Problem ganz klar. Es muß im eigenen Interesse liegen, die EDV-Neulinge vor Deflorationsqualen zu bewahren. Trotzdem würden in dieser Richtung keine Schritte unternommen Lakonisch erklärt zum Beispiel Dietger Kruschel, Pressereferent von ICL Deutschland: "Wir führen unser System vor: der Interessent kann sich dann selbst sein Urteil bilden." Ein kritischer Manager könne auch in einer ihm ungewohnten Situation selbstsicher urteilen. Kruschel steht mit dieser Meinung nicht allein.