Elektronische Beschaffungssysteme mit ERP-Anbindung: Firmen straffen den Einkauf

04.05.2007
Elektronische Beschaffungssysteme erleben durch Komplettlösungen für Einkäufer und Lieferanten sowie On-Demand einen zweiten Frühling. Anwender legen Wert auf ERP-Anbindung und investieren in Sourcing-Systeme.

Werkzeuge für den elektronischen Einkauf im Unternehmen (E-Procurement) gibt es schon seit einiger Zeit. Nach einer längeren Flaute verspüren Softwareanbieter und Dienstleister nun wieder frischen Wind. Die gestiegene Nachfrage hängt natürlich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung zusammen, doch nicht nur. In den letzten Jahren haben Lieferanten ihre Systeme erweitert , sodass sie ihren Kunden Katalogdaten liefern sowie deren elektronische Bestellungen abwickeln können. Die Grundlagen sind also geschaffen. Zudem setzt sich der Trend in der Industrie fort, vorproduzierte Teile hinzuzukaufen statt selbst zu erzeugen. Und da Firmen ihren Einkauf zentral organisieren, Niederlassungen aber selbständig bestellen können sollen, müssen bestehende betriebswirtschaftliche Applikationen erweitert werden.

Hier lesen Sie ...

  • warum E-Procurement-Systeme gefragt sind;

  • wie Einkäufer und Lieferanten über Software angebunden werden;

  • was die Hersteller an neuen Lösungen und Konzepten auf den Markt bringen;

  • welche Rolle Mietangebote (On-Demand) dabei spielen.

Bei Nokia Siemens Networks laufen die Beschaffungsvorgänge weitgehend unabhängig von den ERP-Systemen ab. Die ehemalige Netzsparte des Konzerns hatte sich aus Gründen der Flexibilität in den Workflows gegen die von Siemens favorisierte Bestellsoftware "SAP Enterprise Buyer Professional" entschieden. Mit "Myorders" können Niederlassungen dezentral einkaufen, trotzdem sorgt die Lösung firmenweit für Transparenz.
Bei Nokia Siemens Networks laufen die Beschaffungsvorgänge weitgehend unabhängig von den ERP-Systemen ab. Die ehemalige Netzsparte des Konzerns hatte sich aus Gründen der Flexibilität in den Workflows gegen die von Siemens favorisierte Bestellsoftware "SAP Enterprise Buyer Professional" entschieden. Mit "Myorders" können Niederlassungen dezentral einkaufen, trotzdem sorgt die Lösung firmenweit für Transparenz.

Angeschafft werden E-Procurement-Systeme nicht mehr nur von Konzernen, sondern auch von mittelständischen Unternehmen. Neben Kaufsoftware stoßen Hosting-Angebote (auch "Software-as-a-Service" oder "On-Demand" genannt) auf Interesse, insbesondere zur Anbindung von Lieferanten. Dieser Trend war auch auf der Fachmesse "E-Procure & Supply" in Nürnberg Ende April dieses Jahres zu vernehmen.

Belegbare Einsparpotenziale

Dass Firmen durch die Nutzung elektronischer Beschaffungswerkzeuge Geld sparen können, sieht der Bundesverband Materialwirtschaft Einkauf und Logistik e.V. durch eine eigene Studie untermauert. Anwenderunternehmen, zu denen immer mehr mittelständische Firmen zählen, könnten demnach im Schnitt zwischen zehn und 35 Prozent bei Prozesskosten einsparen. Die Einstandspreise für gekaufte Waren ließen sich durchschnittlich zwischen fünf und zehn Prozent reduzieren.

Der Verband befragte zum vierten Mal im Vorfeld E-Procure & Supply Betriebe und fertigte daraus das "BME-Stimmungsbarometer Elektronische Beschaffung 2007". Interviewt wurden 95 Unternehmen, davon 49 Großfirmen mit über 2000 Angestellten. Analysiert werden die Befragungsergebnisse vom Lehrstuhl Industriebetriebslehre der Universität Würzburg.

Effizienz und Übersicht

Unternehmen wollen ihre Beschaffung effizienter gestalten, da die Vorgänge, bestehend aus Bedarfsanforderung, Produktsuche, Lieferantenauswahl, Erwerb und dessen finanzielle Abwicklung zum Teil Verwaltungskosten verursacht, die Wert der bestellten Waren übersteigen. E-Procurement ersetzt manuelle Bestellungen per Telefon und Fax. Einkäufer im Unternehmen lösen Orders über eine Software aus, indem sie Waren aus einem elektronischen Katalog auswählen. Dem Lieferanten werden die Daten übermittelt, so dass er den Auftrag bestätigen kann. Je nach Integrationstiefe lässt sich der Vorgang von der Bestellung bis zum Bezahlen der Rechnung in der Software abwickeln.

Weitgehend automatisierte Beschaffungsabläufe gestatten es, genau zu analysieren, welche Produkte zu welchem Preis und zu welchen Konditionen angeschafft werden. Solche Einblicke decken Einsparpotenziale auf. Automatisierte Beschaffungsprozesse sollen außerdem verhindern, dass Mitarbeiter an der Einkaufsabteilung vorbei sowie ohne Berücksichtigung von mit bestimmten Lieferanten ausgehandelten Konditionen Waren ordern ("Maverick Spending") und so mitunter Geld verschwenden.

Mehr als Warenkorb und Kataloge

Aus elektronischen Katalogen Artikel auswählen, in einen virtuellen Warenkorb legen und einen Kaufauftrag erzeugen vermag heute jedes Bestellsystem. Vermehrt richten die Softwareanbieter ihr Augenmerk darauf, neben den Einkaufs- auch die Lieferantensysteme beziehungsweise deren Daten anzubinden.

Einkaufslösungen müssen zudem weltweit nutzbar sein, damit Anwenderunternehmen sie an all ihren Standorten verwenden können, und sich dabei möglichst nahtlos in die vorhandenen IT-Prozesse eingliedern können. Dazu zählt zum Beispiel, beschaffte IT-Komponenten automatisch in der Anlagenbuchhaltung zu vermerken und elektronische Geräteakten zu führen. Neben den klassischen Disziplinen wie Katalogaufbereitung und Transaktionsverarbeitung arbeiten Hersteller an Methoden, um Dokumente wie Lieferantenverträge und CAD-Zeichnungen zu verwalten und mit Auftragsdaten zu verknüpfen.

Komplexe Produkte einkaufen

Zu den typischen Produkten, die per E-Procurement beschafft werden, zählen C-Teile. Dass sind Waren mit geringerem Wert, ohne die das Unternehmen aber nicht auskommt, beispielsweise Büromaterial. Doch nicht nur Papier und Büroklammern werden digital geordert: Auch höherwertige Produkte wie Motoren und Getriebe beschaffen Firmen zunehmend mit Hilfe von elektronischen Bestellsystemen. Solche Erzeugnisse bestellt man indes oft nicht über einen Warenkatalog: Vielmehr werden dem beauftragten Werk Spezifikationsdaten und Zeichnungen übermittelt, weshalb sie auch "zeichnungsgebundene Produkte" heißen. Hier liegt der Schwerpunkt der Software vor allem auf dem reibungslosen Austausch von Dokumenten und Auftragsdaten zwischen allen Beteiligten.

In manchen Fällen steht der Lieferant für eine Bestellung jedoch noch nicht fest, sondern er wird per Ausschreibung ermittelt. Beschaffende Unternehmen machen ihren Bedarf über Sourcing-Systeme (Sourcing = Lieferantenauswahl) kenntlich. Den Zuschlag erhält der Bieter, der am günstigsten, schnellsten oder mit der höchsten Qualität liefern kann.

Sortiment für jede Konzerntochter

Zu den Herausforderungen bei der C-Teile-Beschaffung zählt, viele Lieferanten mit umfänglichen Katalogen zu verwalten. Für Einkaufsorganisationen großer Firmen hat der Spezialist Heiler Software AG aus Stuttgart ein "Product Content Management" geschaffen. Damit lassen sich Lieferantendaten prüfen und in den internen C-Teile-Shop einpflegen. Mit der Lösung könnten Firmenchef Rolf Heiler zufolge Konzerne die Kataloge an die jeweiligen Töchterfirmen anpassen. Beispielsweise hätte innerhalb der RWE die Kraftwerkssparte andere Preise und ein anderes C-Teile-Sortiment als zum Beispiel die für den Stromnetzbetrieb verantwortliche Gesellschaft.

Bestellungen lösen schon lange nicht mehr nur die Angestellten in der Einkaufsabteilung aus. Vielmehr sind es die Bedarfsträger in den einzelnen Fachabteilungen, die Kaufaufträge erzeugen. Für solche Gelegenheitsnutzer, die vielleicht nur einmal im Monat eine Bestellung erzeugen, hat Heiler das Frontend des Kernprodukts "Premium Business Catalog" aufgebessert. Über ein Web-Interface können Anwender einkaufen, wobei die dabei erzeugten Daten an ein das Materialwirtschaftsmodul ("MM") eines angebundenes SAP-System weitergeleitet werden. Die Web-Schnittstelle kann als Alternative zum SAP-Programm "Enterprise Buyer Professional" genutzt werden.

Bestelldaten und CAD-Zeichnungen

Mit C-Material kennt sich auch der On-Demand-Spezialist Onventis aus. Der wie Heiler in Stuttgart beheimatete Anbieter hat die Funktionen der Lösung "Tradecore SRM" ausgebaut, so dass sich nun Firmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau zeichnungsgebundene Produktionsgüter ordern können. Bisher wurden in Betrieben hierzu Kaufaufträge per Fax an Lieferanten verschickt und die dazugehörigen CAD-Zeichnungen via E-Mail oder per Post zugestellt. Das Problem dabei ist, Änderungen zu verwalten. Schnell passiert es, dass die Beteiligten mit unterschiedlichen Versionen einer Zeichnung arbeiten. Laut Hersteller bietet das Onventis-System eine zentrale Dokumentenbereitstellung. Will eine Firma beispielsweise ein Getriebe extern fertigen lassen, wird die Bestellung im ERP-System erzeugt und auf ein von der Onventis-Software betriebenes Lieferantenportal gestellt. Der Supplier erhält eine E-Mail mit Link auf den für ihn vorgesehenen Portalbereich. Dort findet er die Auftragsdaten sowie die Zeichnungen und kann eine Auftragsbestätigung erzeugen. Darüber hinaus erlaubt es das Beschaffungssystem, die zu einem Auftrag relevanten CAD-Dokumente automatisch zusammenzustellen und wie beschrieben zu übermitteln. Auf diese Weise, so Onventis, können sich Fertigungsbetriebe die langwierige manuelle Suche nach Zeichnungsdateien sparen. Zwar klingt das Konzept überzeugend, ob es aber auch bei den Lieferanten Anklang findet, steht noch nicht fest. "Im Gegensatz zu C-Teilelieferanten müssen Zulieferer des Maschinenbaus erst noch überzeugt werden", hat Onventis-Mitgeschäftsführer Carsten Kappler festgestellt.

Controlling für den Einfauf

Da Firmen wissen wollen, wofür sie im Einkauf Geld ausgeben, hat Healy Hudson die eigenen Beschaffungslösungen durch Controlling-Funktionen ergänzt. Damit, so verspricht der Hersteller aus Mainz-Kastel, könnten Anwender in Erfahrung bringen, wie viel Umsatz sie mit einem Lieferanten gemacht haben. Zudem liefern die Daten eine Grundlage, mit Zulieferern Rahmenverträger beziehungsweise bessere Konditionen auszuhandeln. Solche Methoden gehen über die rein operativen Vorgänge des Bestellens hinaus. Allerdings sind die von Healy Hudson erdachten Konzepte noch recht neu. Ob sie sich am Markt durchsetzen, muss sich weisen. Im Gegensatz dazu hat Softcon CIS aus Oberhaching schon über Jahre Erfahrungen mit Beschaffungs-Controlling sammeln können. Kunden sind dem Unternehmen zum Teil Firmen, die beispielsweise mit selbstgebauten Controlling-Werkzeugen auf der Grundlage von SAP BW gescheitert sind. Helfen sollen die Softcon-Analysefunktionen dabei, aus ERP-Daten eine Übersicht über Kosten pro Warengruppe, Lieferant beziehungsweise Rahmenvertrag zu erhalten. Weitere Funktionen erlauben es, aufgrund von Vorgaben wie etwa eine geforderte Kostenreduktion um fünf Prozent, Beschaffungsvorgänge sowohl auf Monatsbasis als auch über Jahre hinweg zu planen. Softcon stellt diese Mechanismen über ein On-Demand-System bereit.

Portal für Lieferanten

Während einige Zulieferer schon massenhaft elektronische Bestellungen ihrer Kunden verarbeiten gibt es andere, die dies nur sporadisch tun. Für Letztere würden sich Anschaffungen in kostspielige Software kaum lohnen. An solche Firmen wendet sich zum Beispiel der Dortmunder Hersteller Jcatalog mit den zusätzlichen Funktionen des "Supplier Portal". Das in der Regel vom beschaffenden Unternehmen betriebene System bietet Zulieferern eine Möglichkeit, Bestellungen und Eingangsrechnungen online in einer Self-Service-Oberfläche zu bearbeiten. Einkaufsorganisationen von Firmen sollen sich dieses Produkt anschaffen, damit sie möglichst alle ihre Lieferanten elektronisch anbinden können.

Die meisten Kunden der E-Procurement-Spezialisten nutzen SAP-Software, deshalb bieten praktisch alle Softwarefirmen eine Schnittstelle zu R/3 beziehungsweise Mysap ERP 2005 an. Die Wallmedien AG aus Paderborn war bisher ganz auf SAP-Kunden fokussiert, wendet sich mit "WPS Easyprocure" (Wallmedien Procurement System) nun auch an Unternehmen mit heterogener Applikationslandschaft. Durch Übernahmen haben Konzerne auch eine Reihe von Anwendungen erworben, so dass die SAP-Lösung nicht immer tonangebend ist. Bei solchen Kunden hatte der SAP-Spezialist bislang den Kürzeren gezogen. Easyprocure agiert als eigenständige Bestellsoftware und gestattet wie andere Anwendungen eine Suche nach Produkten in Katalogen, Bestellungen und Genehmigungen, ist jedoch nicht an eine ERP-Umgebung gebunden.

Abweichler aufspüren

Gemeinsam mit der Paderborner Firma Meplato hat Wallmedien einen Hosting-Dienst für Lieferanten und Einkäufer namens OCI-Hub entwickelt. Mit ihm lassen sich externe Lieferantensysteme und Katalogsysteme anbinden. Darüber hinaus verfügt der Hub über Controlling-Funktionen: Firmen können feststellen, ob beispielsweise ein zu bestellender Artikel auch tatsächlich mit dem Lieferanten ausgehandelt wurde und der vereinbarte Preis stimmt. Bei Abweichungen kann das System die Transaktion blocken oder eine Warnung anzeigen. Zudem erlaubt es der OCI-Hub, alternative und günstigere Lieferanten ausfindig zu machen.

Wallmedien reagiert damit auf den Trend, Lieferanten vermehrt über On-Demand-Lösungen anzubinden Einerseits müssen Supplier somit keine eigene Software anschaffen und einführen. Andererseits ersparen sich die Einkaufsorganisationen so den Stress mit der Katalogpflege. Mitunter kümmern sich zwischengeschaltete Dienstleister um die Aufbereitung der Kataloginformationen.

Duet hilft beim Vertrags-Management

Neben den Spezialisten haben auch ERP-Hersteller E-Procurement-Systeme aufgelegt. SAP fasst Funktionen für die elektronische Beschaffung und Lieferantenverwaltung in der Lösung "Mysap SRM" (Supplier Relationship Management) zusammen. Version 6.0 befindet sich im "Ramp-up" (Pilotbetrieb bei ausgewählten Kunden). Verbessert wurde die Benutzerführung, die nun auf moderneren Web-Techniken aufsetzt ("Webdynpro for Abap"). Nutzer hatten sich über das Frontend beklagt – zur Freude von Spezialisten, die SAP-Anwendern die eigenen, benutzerfreundlicheren Produkte angeboten haben. Zudem verwendet das SRM-System eine neue Katalog-Engine, die auf der Netweaver-Komponente "Master Data Management" (Stammdaten-Management) aufsetzt. In der Vergangenheit hatte SAP eine Partnerlösung des Herstellers Click Commerce (vormals Requisite Technology) beziehungsweise eine eigene Komponente ("CCM") verwendet, beide Konzepte jedoch später verworfen. Auch hier hatte der Mitbewerb profitiert und war mit Drittsystemen zum Zuge gekommen: Nahezu alle Anbieter von Katalog-Systemen können die SAP-Schnittstelle OCI bedienen (Open Catalog Interface).

Eine weitere Neuerung von Mysap SRM 6.0 ist das Vertrags-Management: Anwender sollen in der Lage sein, aus Vertragsdokumenten im Word-Format die entsprechenden operativen Vertragsdaten im ERP-System zu erzeugen. Grundlage dafür ist "Duet", ein von SAP und Microsoft entwickeltes Integrationsprodukt, das die SAP-Software mit Microsoft-Office-Programmen wie Outlook und Word verbindet. Außerdem können die Softwarenutzer so während der Vertragslaufzeit einfacher als bisher auf legale und operative Vertragsinformationen zugreifen. Bisher mussten sie sich die Merkmale aus der ERP-Umgebung und einer Dokumentenablage zusammensuchen.

SAP bereitet On-Demand SRM vor

Vergangenes Jahr hatten die Walldorfer mit Frictionless Commerce einen US-amerikanischen Anbieter von On-Demand-SRM-Lösungen gekauft. Die darin enthaltenen Methoden für die Lieferantenauswahl ("E-Sourcing") sollen sukzessive in Mysap SRM aufgehen. Ferner will SAP E-Procurement-Funktionen demnächst On-Demand anbieten, und zwar nach einem ähnlichen Modell wie beim CRM-Produkt zur Miete. Nutzer der Mietangebote können später auf eine lizenzkostenpflichtige Software umsteigen, die in ihrer eigenen IT-Landschaft installiert wird ("On-Premise").

Auf SAP-Kunden, die On-Demand-Programme favorisieren, setzt auch das schwedische Unternehmen IBX. Es bietet eine gehostete Plattform nebst Beratungsdienstleistungen für Firmen an, die SAP-Systeme intern betreiben, für das Beschaffungswesen aber eine Mietlösung bevorzugen. IBX verwendet hierzu SAPs "Enterprise Buyer Professional", das in eine Infrastruktur bestehend aus Sourcing-, Beschaffungs- und Zahlungsabwicklungsmodulen eingebettet ist. Um auf dem deutschen Markt besser Fuß zu fassen, hatte IBX die Spezialanbieter Portum (Sourcing) und Trimondo (Beschaffungsdienstleister) nebst einer Reihe von Bestandskunden erworben.

Lieferanten bauen Shop für Kunden

Doch nicht mehr nur IT-Firmen betreiben E-Procurement-Plattformen: Die Würth Gruppe betreibt mit "ePOS" einen Online-Shop für Firmenkunden, die bei ihren zum Würth-Konzern gehörenden Lieferanten elektronisch ordern können. Angeboten werden Schrauben und Befestigungen, Werkzeuge und Artikel für den Arbeitsschutz. Einkäufer können über eine Scanner-Lösung namens "Orsyscan" Artikel per Barcode-Scan erfassen, indem das Lesegerät auf Etiketten im Lager richten. Eine Software füllt dann automatisch den Warenkorb in ePOS und ersetzt so die Tipparbeit. Laut Thomas Falk, E-Commerce-Verantwortlicher bei Würth Industrie nutzen 80 Würth-Kunden die Mehrlieferantenplattform. Der darüber erzielte Umsatz ist noch gering: In diesem Jahr soll er sich auf 1, 2 Millionen Euro belaufen.

Anspruchsvolles E-Procurement

Laut Ronald Bogaschewsky, Professor am Lehrstuhl für Industriebetriebslehre an der Universität Würzburg und BME-Vorstandsmitglied, geht der Trend zu anspruchsvolleren Einkaufslösungen. Dies schließt Warenbestellungen ein, die nicht über standardisierte Kataloge geordert werden können. "Wer heute bereits E-Procurement nutzt, baut die Funktionen weiter aus." Vermehrt würden auch Funktionen zur Lieferantenbewertung installiert.

Intensiv genutzt werden E-Procurement-Systeme im Mittelstand. Mitunter arbeiten Firmen dieser Größe intensiver mit den Lösungen als die Mitarbeiter großer Unternehmen. "Bestellsysteme sind in Konzernen schwerer durchzusetzen als in kleinen und mittelständischen Betrieben", so Bogaschewsky.

Zudem gehen Firmen dazu über "Global Sourcing" zu betreiben, sich also in China und anderen aufstrebenden Märkten nach Lieferanten umzusehen. Oft ließen sich in diesen Regionen elektronische Geschäftsbeziehungen jedoch noch nicht ausreichend gut abbilden.

Bogaschewsky zufolge wird das Einsparpotenzial durch Sourcing in Ländern wie China überschätzt. Zwar ließen sich Waren möglicherweise günstiger beziehen, doch entstünden Kosten durch Lagerhaltung, Logistik und Qualitätssicherung. Außerdem würden die Firmen mit ihren existierenden Lieferanten zu wenig in Verhandlung treten und bezögen diese oft zu spät in die Entwicklung von neuen Produkten ein. Dem Professor zufolge könnten deutsche Firmen insbesondere bei der Produktentwicklung sparen, indem sie beim Design Material berücksichtigen, dass sich per Katalog ordern lasse. Dabei seien die Konzepte des "Procurement Engineering" schon seit langer Zeit bekannt: "In der Entwicklung werden bis zu 70 Prozent der Produktkosten festgelegt.

Verbesserungspotenzial bietet nicht nur das Bestellen im Unternehmen, sondern auch die Handhabung von Lieferantenrechnungen. Der schwedische Anbieter Basware mit Sitz in München beispielsweise vermarktet mit "Purchase Management" E-Procurement-Software für mittelgroße Bestellvolumina, die mit der Rechnungseingangslösung "Invoice Processing" kombiniert werden können. Auf die elektronischen Bestellungen folgenden Papierrechnungen von Lieferanten lassen sich einscannen, erfassen und verbuchen, womit auch die Rechnungsbearbeitung und –prüfung gestrafft werden kann.