10 Jahre "CIO des Jahres"

Einmal Sieger sein

24.10.2012
Am 22. November verleihen COMPUTERWOCHE und CIO-Magazin zum zehnten Mal die höchste deutsche IT-Auszeichnung. Gewinner, Juroren und Sponsoren berichten, was es braucht, um ein guter CIO zu werden - und warum die Teilnahme am "CIO des Jahres" in jedem Fall lohnt, auch wenn man nicht auf dem Siegertreppchen landet.

Einmal als Matchwinner auf dem Platz stehen!" Darum habe er beim Wettbewerb mitgemacht, sagt Vorjahressieger Peter Leukert. "Normalerweise ist IT-Manager ja wie Torwart im Fußball: Man kann nur Spiele verlieren, aber keine gewinnen", erklärt der ehemalige Commerzbank-CIO. Über IT spreche man im Unternehmen nur, wenn etwas nicht funktioniert. Aber: "Beim CIO des Jahres kann man gewinnen und von anderen Siegern lernen", ergänzt Leukert, inzwischen Global CIO der New Yorker Börse NYSE Euronext.

Damit ist das Wichtigste gesagt zum "CIO des Jahres": Rechtschaffene CIOs sollen wenigstens einmal im Jahr aufs Podest. Die Community feiert sie, wenn sie innovativ sind, für übergreifende Prozesse sorgen und maßgeblich zum Geschäftserfolg beitragen. Der "CIO des Jahres" ist die höchste Auszeichnung für IT-Chefs in Deutschland. Bewerben können sich alle IT-Leiter, die in einem Konzern oder einem mittelständischen Unternehmen arbeiten. Zugelassen sind IT-Verantwortliche, die eine interne oder ausgelagerte IT-Organisation leiten. Wer ein oder mehrere spannende IT-Projekte abgeschlossen hat, zwischen IT und Business vermitteln kann und zukunftsträchtige IT-Entscheidungen trifft, hat im Wettbewerb gute Chancen. Dass der Zufall keine Chance hat, dafür sorgt unsere kompetente Fachjury, die neben den Redaktionen der Computerwoche und des CIO-Magazins aus folgenden Mitgliedern besteht:

- Professor Dr. Manfred Broy, Lehrstuhl für Software- und System-Engineering, TU München,

- Professor Dr. Hubert Österle, Institut für Wirtschaftsinformatik, Universität St. Gallen,

- Professor Dr. Arnold Picot, Institut für Unternehmensentwicklung und Organisation, LMU München,

- Frank Riemensperger, Mitglied im Präsidium des Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung Accenture Deutschland,

- Professor Dr. August-Wilhelm Scheer, Universität Saarbrücken, Gründer der Scheer Group und langjähriger Bitkom-Präsident,

- Dr. Friedrich Wöbking, langjähriger CIO im Vorstand der Dresdner Bank und der Allianz Gruppe.

Die Jury prüft eingehend, ob die Kandidaten Projekte erfolgreich abgeschlossen haben, technische und fachliche Kompetenz besitzen, zwischen IT und Business vermitteln können, Einfluss im Unternehmen besitzen und die Fähigkeit mitbringen, zukunftsträchtige Entscheidungen zu treffen. CIOs können in drei Kategorien gewinnen:

1. Großunternehmen (mit mehr als 2000 Mitarbeitern),

2. Mittelstand (bis 2000 Mitarbeiter),

3. Global Exchange Award (für das erfolgreiche Management internationaler Projekte über mindestens zwei Kontinente hinweg).

Ein Preis entsteht

2002 machte sich die Redaktion der Computerwoche erstmalig daran, die wichtigsten Persönlichkeiten der IT-Branche zu benennen und in einem Sonderheft zu präsentieren: "Die IT-Macher: 100 Impulsgeber der deutschen IT-Szene". Darunter fanden sich Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik sowie Forschung und Lehre. Vom Erfolg dieser Aktion beflügelt, beschloss die Redaktion, jährlich eine solche Liste zu erstellen, jetzt mit dem Fokus auf CIOs. Und ein Ranking sollte es sein.

Ein umfangreicher Fragebogen, der die Arbeit der IT-Leiter beleuchtet, wurde entworfen und die bislang redaktionelle Jury um externe Experten wie namhafte Informatikprofessoren und Wirtschaftsvertreter erweitert. Die Jury nominierte 150 CIOs, die die Fragebögen erhielten und aufgefordert wurden, sich zu bewerben. 2003 war es dann so weit: Der erste "CIO des Jahres" wurde gekürt, damals hieß er noch "IT-Executive des Jahres". 2004 wurde die Kategorie "Mittelstand" hinzugefügt, 2010 kam der "Global Exchange Award" für herausragende internationale Projekte hinzu. Mittlerweile ist die Liste der Gewinner zu einem "Who`s who" der deutschen IT-Szene herangewachsen:

Großunternehmen

2003 - Peter Sany, Novartis Pharma

2004 - Dirk Berensmann, Postbank

2005 - Michael Neff, Heidelberger Druck

2006 - Klaus Straub, Audi

2007 - Wolfgang Gaertner, Deutsche Bank

2008 - Rainer Janßen, Münchener Rück/ Munich Re

2009 - Michael Gorriz, Daimler

2010 - Johannes Helbig, Deutsche Post Brief

2011 - Peter Leukert, Commerzbank

Mittelstand

2004 - Bernd Hilgenberg, Fressnapf

2005 - Bodo Deutschmann, Kögel Fahrzeugwerke

2006 - Jörg Heilingbrunner, Union Technik

2007 - Werner Scherer, Döhler

2008 - Bodo Deutschmann, Kögel Fahrzeugwerke

2009 - Matthias Schulz, EasyCash

2010 - Manuel Fischer, Cetrel

2011 - Carsten Bernhard, AutoScout24

Global Exchange Award

2010 - Thomas Henkel, Amer Sports

2011 - Patrick Naef, Emirates

Auch im kommenden Jahr suchen COMPUTERWOCHE und CIO-Magazin wieder die besten IT-Leiter im deutschsprachigen Raum. Warum es sich lohnt, mitzumachen, erklärt Rainer Janßen, CIO Munich Re und CIO des Jahres 2008: "Allein das Ausfüllen des Fragebogens ist eine nützliche Übung. Man wird gezwungen, sich über die Qualitäten der eigenen Organisation Rechenschaft abzulegen." Kurzum: Mitmachen! (www.computerwoche.de/cio-des-jahres)

Von Karen Funk

Was ein CIO können muss (Teil 1)

"Exporte ankurbeln"

Frank Riemensperger ist Jurymitglied beim "CIO des Jahres", Mitglied im Präsidium des Bitkom und Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland. Er betont die Bedeutung von CIOs in einer Exportnation.

CW: Was muss ein CIO können?

Riemensperger: Zunächst muss er passgenaue, funktionierende Lösungen für sein Unternehmen schaffen. Nur wenn die IT tadellos funktioniert, gibt es für die Arbeit des CIO Akzeptanz. Ich sage aber auch: Es braucht IT-Lösungen aus Deutschland für die Welt. Wir sind eine Exportnation und brauchen in den Unternehmen innovative IT-Ansätze, die uns Wettbewerbsvorteile auf den Wachstumsmärkten schaffen. Dazu kann ein guter CIO viel beitragen.

CW: Aber nur, wenn sein Unternehmen auch innovativ ist ...

Riemensperger: Die Digitalisierung der Geschäftswelt in allen Branchen läuft auf Hochtouren - unabhängig vom Innovationszyklus im einzelnen Unternehmen. Der CIO muss in jedem Fall für seine Firma eine digitale Vision entwickeln. Er braucht Antworten darauf, wie die künftige digitale Kundenbindung aussieht, wie die digitale Lieferkette funktioniert, wie das gesamte Unternehmen digital abgebildet und über Realtime Analytics künftig das operative Geschäft gesteuert wird.

CW: Was hilft dem CIO eine digitale Vision, wenn der IT sowieso keine innovative Rolle zugebilligt wird?

RIEMENSPERGER: Jetzt kommen wir zur Königsklasse: Die besten CIOs schaffen es, auf Basis ihrer digitalen Vision das Unternehmen mitzunehmen und zu transformieren. Dafür müssen sie die richtigen Trends erkennen, sie brauchen Persönlichkeit, Kommunikationsstärke und die Fähigkeit, ein High-Performance-Team zu führen. Filippo Passerini von Procter & Gamble ist in meinen Augen ein solcher CIO.

CW: Im CIO-Jahrbuch beschreiben Sie Passerini als einen Chief Innovation Officer. Ihm gegenüber stellen Sie die Chief Infrastructure Officers, denen Sie keine große Zukunft vorhersagen. Warum nicht?

Riemensperger: Im CIO-Jahrbuch geht es darum, wie die IT-Welt in zehn Jahren aussieht. Wir erkennen einen klaren Trend zum Sourcing von Business-Services - in diesen wird die Infrastruktur als integraler Bestandsteil mit eingekauft werden. Die strategische Bedeutung eines CIO wird sich dann sicher nicht mehr an der Infrastruktur festmachen. Es wird natürlich weiterhin Infrastrukturverantwortliche geben, aber sie werden zwei Stufen unter dem Vorstand agieren.

CW: Sie sitzen seit diesem Jahr in der Jury zum CIO des Jahres. Welche Bewerbungen fanden Sie gut?

Riemensperger: Sehr gut gefallen hat mir die Vielfalt. Die CIOs haben zum Teil ihre Legacy-Systeme modernisiert oder ihre Lieferanten kommerziell umstrukturiert. Einige haben auch digitale Visionen entwickelt, aus denen neue Dienstleistungen entstehen. Einer hat eine Lösung geschaffen, die für seine gesamte Branche Bedeutung haben wird. Das ist so eine Lösung, von der ich eben sprach: in Deutschland entwickelt und für den Export geeignet. Absolut preisverdächtig.

Was ein CIO können muss (Teil 2)

"Skaleneffekte heben"

René Schuster ist Geschäftsführer von Telefónica. Der spanische Telco-Dienstleister sponsert den Global Exchange Award, mit dem CIOs ausgezeichnet werden, die auf mindestens zwei Kontinenten erfolgreich sind.

CW: Was muss ein CIO können, um preisverdächtig zu sein?

Schuster: Ein CIO ist dann hervorragend, wenn er mehr ist als nur ein Manager der Technologie im Unternehmen.

CW: Was meinen Sie damit konkret?

SCHUSTER: Dass er als technologischer Visionär die Basis für neue Geschäftsmodelle schafft. Dass er mit alten Paradigmen bricht und im Idealfall eine treibende Kraft für positive Veränderungen im gesamten Unternehmen ist. Dazu muss er glaubhafte und nachhaltige Partnerschaften mit den Business Units unterhalten und zugleich demonstrieren, dass er sein Geschäft beherrscht.

CW: Welche CIOs halten Sie für herausragend?

Schuster: Ich habe in meiner Karriere mit einigen hervorragenden CIOs zusammengearbeitet. Herausragend sind diejenigen, die eine klare und ambitionierte Vision mit einem souveränen Management verbinden. Daneben sind für mich Persönlichkeitsaspekte wie Offenheit, Konsistenz, Transparenz und Integrität unerlässlich.

CW: Warum halten Sie den Global Exchange Award für besonders wichtig?

Schuster: IT ist heute in jedem größeren Unternehmen global. Umso wichtiger ist es, dass ein CIO in internationalen Dimensionen denkt und Projekte länder- und kulturübergreifend erfolgreich steuern kann. Dabei wird es für Konzerne immer wichtiger, Skaleneffekte zu heben. Im Grunde ist das die Hohe Schule der CIO-Kunst.

Was ein CIO können muss (Teil 3)

"Business verstehen"

Ralf Reich ist Deutschland-Chef von Wipro. Der indische Dienstleister hat den "CIO des Jahres" über viele Jahre gefördert und ihn mit zu seiner Blüte geführt.

CW: Herr Reich, welche Eigenschaften muss ein CIO mitbringen, um beim "CIO des Jahres" eine Chance zu haben?

Reich: Der CIO verändert sich gerade - von demjenigen, der das Business unterstützt, zu demjenigen, der das Business überhaupt erst möglich macht. Während IT strategisch wichtiger wird, verliert die IT-Abteilung aber auch an Kontrolle durch so gravierende Trends wie Consumerization, die dafür sorgen, dass die IT geschäftszentrierter wird. Angesichts dieser Veränderungen muss ein CIO des Jahres sein Technologiewissen mit geschäftsrelevanten Entscheidungen verknüpfen können.

CW: Was heißt das genau?

Reich: Er sollte ein waches Auge auf neue Technologien haben und diese mit Potenzial umsetzen. Denn nur so kann er schnell auf Marktveränderungen reagieren und sicherstellen, dass sein Unternehmen darauf vorbereitet ist.

CW: Spielt Kostenbewusstsein eine Rolle?

REICH: Eine große! Weil die angespannte Wirtschaftslage immer wieder für drastische Einschnitte bei den IT-Budgets sorgt, muss ein CIO IT-Entscheidungen vorweisen, die das Business spürbar positiv beeinflusst haben. Ganz wichtig ist aber: Ein CIO muss heute ein Vorbote von Wandel sein und sein Unternehmen mit Hilfe der IT zu seinen Zielen führen.

CW: Welche CIOs halten Sie für beeindruckend?

Reich: Herausragende CIOs sind fest in der Geschäftsstrategie ihres Unternehmens verwurzelt und wissen, was Mehrwert schafft. Sie stehen nicht an der Seitenlinie und behindern durch die IT, sondern überbrücken proaktiv die Lücke zwischen IT-Systemen und den Bedürfnissen des Business.

CW: Das Business-Verständnis muss also sehr groß sein?

Reich: Ja, CIOs verstehen das Business heute besser als die IT und sind viel mehr in Kontakt mit anderen Führungskräften jenseits der IT, um deren Blickwinkel zu begreifen.

CW: Welche CIOs haben Sie in den vergangenen Jahren besonders beeindruckt?

Reich: Das ist schwer zu sagen, besonders weil ich seit vielen Jahren mit CIOs zusammenarbeite, die ihr Unternehmen erheblich beeinflussen. Wenn ich zurückblicke auf die vielen CIOs, die einen großen Eindruck auf mich gemacht haben, erinnere ich mich sehr gerne an die Zusammenarbeit mit Michael Gorriz von Daimler, Johannes Helbig von der Deutschen Post und Matthias Moritz von Bayer Healthcare. Sie haben nicht nur einen scharfen Verstand für Technologie und dafür, wie man sie ins Business integriert, sondern sie haben gleichzeitig immer proaktiv und smart IT-Systeme und Technologie eingesetzt, die den Unternehmenswandel unterstützen.

Was ein CIO können muss (Teil 4)

"Klettern"

Jürgen Kunz ist Geschäftsführer von Oracle Deutschland und Sponsor des "CIO des Jahres" in der Kategorie Mittelstand. Er hält Klettern für den besten Sport, um sich für den CIO-Job fit zu machen, genau genommen: Free Climbing.

CW: Sie klettern seit mehr als 30 Jahren. Und dann auch noch in der verschärften Variante des Free Climbings, also ohne technische Hilfsmittel beim Vorstieg. Warum tun Sie sich das an?

Kunz: Free Climber benötigen eine Menge von Attributen, die man im Management auch gut gebrauchen kann. Sie müssen diszipliniert sein. Sie müssen trainieren, damit sie sich überhaupt eine größere Aufgabe zutrauen können. Sie müssen aber auch teamfähig sein. Man macht`s ja nicht alleine.

CW: Das sind lauter Fähigkeiten, die man beim Fußball auch lernt.

Kunz: Beim Klettern kommt aber noch hinzu, dass Sie den Mut entwickeln, ein kalkulierbares Risiko einzugehen. Und dazu die richtige Selbsteinschätzung. Es ist das Schlimmste beim Bergsteigen und beim Klettern, wenn man sich überschätzt. Sie gefährden dann ja nicht nur Ihr eigenes Leben, sondern auch das des Seilpartners.

CW: Wenn CIOs im Job sagen müssen: Das ist zu gefährlich, das machen wir so nicht - können sie in der Kletterwand lernen, wie man das am besten macht?

Kunz: Wenn man überzogene Risiken eingeht, ist das beim Klettern genauso tödlich wie im Job. Aber man muss Risiken eingehen, selbstverständlich. Ansonsten kommt man keinen Schritt weiter. Ich würde sagen: Es hilft in solchen Situationen, wenn man authentisch bleibt.

CW: Wie bleibt man authentisch?

Kunz: Sich selbst in jeder Situation wieder auf den Prüfstand zu stellen ist wichtig. Vielleicht muss man dann sagen: Wir müssen noch trainieren. Vielleicht muss man auch sagen: Wir brechen jetzt ab. Es gilt, das möglichst frühzeitig zu erkennen. Das ist ja bei Projekten im Unternehmen nichts anderes. Es wird immer dann problematisch, wenn man glaubt, das kriegt man schon irgendwie noch hin.

CW: Also haben CIOs nicht wirklich die Möglichkeit, sich ins Seil fallen zu lassen ...

Kunz: Nicht wirklich. CIOs sind am scharfen Ende des Seils.*

*Zur Erklärung: Wer in einer Seilschaft vorklettert, also am "scharfen Ende des Seils" ist, stürzt bei einem Fehltritt bis zum zuletzt gesetzten Sicherungshaken ab. Das kann ein mehrere Meter tiefer, schmerzhafter Fall sein. Wenn Sie CIO sind und mehr über Klettern erfahren möchten, melden Sie sich für die CIO-Bergsteigergruppe an, die am 13. und 14. Juni 2013 das nächste Mal aufsteigt. Kontakt: Horst.Ellermann@cio.de