Premiere für Supercomputer im Flugplanungsbetrieb

Ein Vektorrechner im Einsatz gegen logistische Alpträume

27.10.1989

ST. PAUL/FRANKFURT (IDG/ CW) - Die komplexe Logistik von Fluggesellschaften könnte sich als eine Nische für Supercomputer erweisen: Die amerikanische Northwest Airlines nutzt als erste einen ConvexVektorrechner für die Planung des Personal- und Flugzeugeinsatzes.

Bis 1982 erledigte die Gesellschaft den Job noch "per Hand", danach fuhr man die Anwendungen auf zwei Unisys-7040-Rechnern. Beide Lösungen waren mit der Bewältigung des logistischen Alptraumes überfordert: 5200 Piloten und 7000 Flugbegleiter sind in 315

Maschinen auf 1300 täglichen Flügen zu 135 Zielflughäfen unterwegs. Grund genug für Northerwest Airlines, 1,5 Millionen Dollar in einen luftgekühlten Convex-C220-Vektorrechner zu investieren

Preisvorteil spricht für Convex-Rechner

Auch Cray Research hatte die Fluggesellschaft umworben; die im Vergleich zur C220 höhere Geschwindigkeit des Cray Computers, überwog jedoch nicht den Preisvorteil des Convex-Rechners.

Der ist seit Juni im Einsatz und wird von seinen Besitzern heiß geliebt: "Wir glauben, die Convex hat sich in vier Monaten bezahlt gemacht", sagt Elroy Olsen, Direktor Personaleinsatz bei Northwest.

Er verweist auf Einsparungen in Höhe von 1,2 Prozent bei den sogenannten "Penalties", Zahlungen an das Personal für Wartezeiten bei Aufenthalten und Anschlußverbindungen.

Der Convex-Rechner ist nach Olsons Worten in der Lage, viermal mehr mögliche Flugpläne auszuarbeiten als die alte Unisys-Anlage, dadurch könne der Zeitplan der Flotte optimiert werden.

Auf dem Rechner läuft Anwendungssoftware, die unter einer Northwest-eigenen Source-Version des Airline Pairing Planning System (APL) von Unisys entwickelt wurde. Das Programm benötigt zunächst einen Flugplanentwurf, der Daten, Zeiten, Flughäfen und Flugzeugtypen vorgibt. Diese Parameter werden mit den Daten über das verfügbare Personal verbunden, wobei Faktoren zu berücksichtigen sind wie Hotelkosten, Aufenthalte der Crews, Spesensätze, arbeitsvertragliche Regelungen, staatliche Vorschriften und natürlich das Timing der Anschlußflüge. Am Ende steht eine Liste von "legalen" Lösungen, die diese Kriterien berücksichtigen. Hieraus wählen dann die Piloten, höhere Dienstgrade haben Vortritt, ihre Routen und Flugzeiten. Das Reservierungssystem für die Hotelzimmer der Crews läuft auf einem Unisys-1100-Mainframe, der von der Convex-Anlage gefüttert wird. Diese übergibt auch Daten an ein statistisches Subsystem beim Northwest-Management.

Die hohe Anzahl von Flugplan- Iterationen, von der Olson so begeistert ist, hat allerdings eine üble Kehrseite: "Wenn man die Einsatzpläne für eine bestimmte Maschine an einem bestimmten Tag differenziert und legale Touren erzeugt, kommt man auf einige hundert Milliarden Möglichkeiten", klagt Julie Ludvigsen, Flugplan-Entwicklerin bei Northwest. Zusammen mit Kollegen hat sie in einem Versuch herausgefunden, daß der Convex- Rechner schon bei , einer begrenzten Menge von einer Million Möglichkeiten 13 Stunden benötigt, um alle Zuordnungen von Personal, Hotels, Routen etc. auszurechnen. Bisher bleibt Northwest nichts übrig, als nur eine Untermenge zu berücksichtigen.

Dennoch prüft die Gesellschaft neue Algorithmen speziell für die Vektorverarbeitung; außerdem hat man bestehende Programme mit Hilfe des Convex-C220-eigenen Compilers vektorisiert, um das Planungssystem zu verbessern.

Auch andere Fluggesellschaften befassen sich mit dem Gedanken, Supercomputer in der Flugplanung einzusetzen. Ein Sprecher von American Airlines sagte, sein Unternehmen untersuche, ob es einen Parallelrechner für "verschiedene strategische Anwendungen" benutzen könne.

Die Lufthansa AG hat zwar Probleme mit der Flugzeug-Umlaufsteuerung wegen zu langer Zugriffszeiten der Oracle-Datenbank. Diese ist zusammen mit anderen Applikationen auf einer Microvax abgelegt, und man will dafür einen eigenen Daten bankrechner anschaffen, aber Supercomputer, so ein Mitarbeiter, seien noch kein Thema bei der Lufthansa. +