Erstellungsverträge sollten wohldurchdacht sein:

Ein Satz zuviel kann nicht schaden

13.04.1984

Es gibt viele gute Ratschläge, wie man Softwareprojekte intern durchführen soll. Der allgemeine Ratschlag für die Abfassung von Softwareverträgen bei externer Durchführung lautet, alle diese vernünftigen Regelungen auch mit dem externen Partner zu vereinbaren. Hinzu kommt dann daß jede weitere Schnittstelle, hier die zum Softwarehaus, Reibungsverluste mit sich bringt, die möglich gering gehalten werden sollten.

Es ist heute guter Stil, Softwareprojekte in Phasen durchzuführen. Das sollte man dann auch bei Verträgen über Softwareprojekte tun. Bei großen Projekten kann man mit je einem getrennten Vertrag für das Konzept den Entwurf und die Realisierung arbeiten. Bei kleinen Projekten kann man alles in einem Vertrag zusammenfassen, aber deutlich Einschnitte bilden. Wer glaubt, daß solches Vorhaben mehr Zeit kostet, hat das noch nie richtig ausprobiert.

Festpreise beinhalten für beide Seiten Risiken. Dementsprechend sollte man angesichts der Schwierigkeiten, die Aufgabenstellung sauber zu definieren, einen Festpreis jeweils nur für eine der drei genannten Phasen auf einmal vereinbaren. Für die Erarbeitung eines Konzeptes taugen Festpreise kaum etwas, wenn beide Vertragspartner das Konzept gemeinsam erarbeiten wollen. Man sollte eher verlangen, daß das Softwarehaus Luft aus den Stundensätzen läßt, weil ihm ja das Festpreisrisiko abgenommen wird.

Der Auftraggeber sollte bedenken, daß er dem Softwarehaus nur die Erstellung eines Programms überläßt, nicht die Führung des gesamten Projektes. Immer noch meinen viele Auftraggeber, daß das Softwarehaus zu dem frühzeitig vereinbarten Festpreis die gesamte Verantwortung übernommen habe, auch die für die Rückkopplung mit den Benutzern, für die Erstellung von Testdaten, für die Lieferung von Detailinformationen und so weiter. Also könne man bequem abwarten, bis das Softwarehaus die Programme zur Abnahme anmeldet.

Der Auftraggeber sollte sich nicht nur die richtigen Softwerker aussuchen, sondern vertraglich vereinbaren, daß sie ihm auch für die Dauer des Projektes erhalten bleiben. Muß das Softwarehaus einen Softwerker austauschen, soll es verpflichtet sein einen Nachfolger parallel einzuarbeiten. Damit man über den Umfang der erforderlichen Einarbeiten nicht zu streiten braucht, sollte sich dieser strikt an dem Umfang der Tätigkeit des ausscheidenden Mitarbeiters ausrichten.

Zur Qualitätssicherung gehört weiterhin die Berücksichtigung des Grundsatzes, daß man Qualität in ein Programm nicht hineinprüfen, sondern nur hineinentwickeln kann. Also muß der Auftraggeber phasenweise die Ergebnisse überprüfen. Diese sollten für den Benutzer auch nachprüfbar sein. Also sollte vereinbart werden, daß die Bedienungsanweisung vor Beginn der Codierung vorgelegt wird.

Zahlungen sollten möglichst an die Lieferung von Zwischenergebnissen geknüpft werden. Die vorletzte Zahlung sollte erst nach Abnahme der Pflegedokumentation fällig werden, die letzte mit Ende der Gewährleistungsfrist.

Angesichts der erst kurzen und stürmischen Entwicklung der EDV gibt es praktisch kaum Handelsbräuche, was ein Softwarehaus im einzelnen schuldet und was nicht: Quellformate von verwendeten Standardbausteinen, Bedienungsanweisung, Dokumentation für die Pflege der Programme, Einweisung oder Unterstützung bei der organisatorischen Einführung der Programme. Der Auftraggeber kann sich also kaum darauf berufen, daß diese oder jene Leistung, die er als selbstverständlich erwartet, verkehrsüblich und also geschuldet sei. Er muß, will das Softwarehaus die Leistung nicht erbringen, jede einzelne Leistung dem Softwarehaus abringen.

Deswegen hilft der Satz, den man zu einem - unter Umständen vor Vertragsabschluß besprochenen - Punkt in den Vertrag schriftlich aufnimmt, sehr viel. Selbstverständlich gibt es auch da einen abnehmenden Grenznutzen für jeden weiteren Satz. Ich habe aber bisher kaum Verträge in die Hand bekommen, bei denen sich nicht hier und dort noch ein Satz mehr gelohnt hätte.

Datenverarbeiter - beruflich doch eigentlich stark an Formalismus gewöhnt - haben im Bereich von Verträgen und von Vertragsdurchführung oft eine starke Abneigung gegen Formalismus. Gerade bei der Vertragsdurchführung sollte man aber denjenigen Formalismus, den man bei Vertragsschluß vereinbart hat oder der unter Kaufleuten ohnehin üblich ist, einhalten. Man verliert als Auftraggeber (auch als Softwarehaus) bald seine Glaubwürdigkeit, wenn man sich daran nicht hält. Läuft das Projekt schief, läßt sich das ohne Dokumente kaum ausreichend beweisen. Richter schütteln ohnehin oft den Kopf, wie salopp Datenverarbeiter Aufträge abwickeln

* Dr. Christoph Zahrnt in Rechtsanwalt in Neckargemünd