Bald Quarter-Inch-Cartridge-Kapazitäten von 1,35 GB (Teil 2)

Ein Blick auf neue Horizonte in der Welt der QIC-Streamer

14.06.1991

Im ersten Beitrag seiner Analyse zum Thema QIC- oder Helical-Scan-Laufwerke befaßte sich Gernot Schärmeli* mit der Situation in der Streamer-Technologie.

DAT-Laufwerke sollen in Zukunft jedenfalls mehr Kapazität und einen höheren Grad an Miniaturisierung bieten können. Was die Hersteller von Kassetten und Laufwerken tun können, um die Kapazität zu steigern, wird im folgenden Beitrag beschrieben.

Geht es darum, die Kapazität zu erhöhen, gibt es drei Möglichkeiten:

- die Bandlänge steigern,

- die Bpi steigern - das heißt, mehr Bits pro Zoll in Spurrichtung unterbringen oder

- die Spurdichte steigern.

Auf den ersten Blick scheint der Weg über das verlängerte Band am simpelsten. Und dieser Schritt wurde bis dato auch gerne gegangen - oder dem Kunden zumindest als leicht gehbar angepriesen. So erhöhte die QIC-Gemeinde durch Einsatz von 1020 Fuß statt 620 Fuß langen Tapes die Kapazität von 150 auf 250 MB sowie von 320 auf 525 MB. DAT-Drives, die mit 60-Meter-Tapes starteten und 1,3 GB Daten aufzeichneten, bringen es nun (nominelD mit 90 Metern Band auf 2,0 GB. Was aber als einfaches Upgrading aussieht, kann Probleme bereiten. Das Tape muß in allen Fällen dünner werden, und das heißt, es ist schwerer zu beherrschen, weil sich Elastizität sowie Reißfestigkeit verändern. Bei QIC, wo das Band hurtig durch die Cartridge schnurren muß, besteht die Herausforderung darin, die Bandspannungen so gut zu kontrollieren, daß die gefürchteten ISVs, die Instantaneous Specd Variations, im Rahmen des vertretbaren bleiben. "Wackelt" die Tape-Specd allzusehr, "verschluckt" sich der Kopf beim Lesen regelrecht.

Deshalb liefen die Dinge auch etwas anders ab als geplant: Erst die nun endlich seit etwa vier Monaten in Stückzahlen verfügbaren neuen 525-MB-Drives können sensibel genug mit dem dünneren Tape umgehen. Nicht viel besser aber erging es den meisten DAT-Anbietern. Auch hier standen erwartungsvone Kunden mit langen Gesichtern da, weil die Laufwerke der ersten Generation nicht perfekt genug mit dem längeren Band umgehen können. Selbst die Entwickler des DAT-Puschers HP wußten da ihr Leid zu klagen: Das dünnere Band führte zu einem unvorteilhaftem Dynamik-Profil um den Kopf. Wer als Hersteller Glück hat, kann die knifflige Korrektur gerade noch per Firmware-Eingriff schaffen. Wie auch immer - es kann nicht schaden, wenn der Kunde angesichts der Aussichten, daß mittels Bandverlängerung "locker" zu erzielende Upgradings möglich sein sollen, skeptisch bleibt.

Höhere Bandlänge hat ihren Preis

Im übrigen fordert eine Erhöhung der Bandlänge in der Regel ihren Preis: Wird nämlich nicht zugleich dafür gesorgt, daß auch die Bandgeschwindigkeit beim Schnellsuch-Modus steigt, sinkt die mittlere Datei-Zugriffszeit. Bei QIC sollen nun durchweg beide Werte entlang des gesamten Entwicklungspfades bis inklusive der 12 + -Technologie gleichbleiben. Und dabei wurde die Bandlänge unter die bisher maximalen 1020 Fuß zurückgeschraubt. Im QIC-1350-System tut ein lediglich 760 Fuß langes Tape seine Dienste, eine Länge, die sich dann nur noch beim Übergang zur "Extension" QIC-2000 geringfügig auf 875 Fuß nach oben verschiebt, um beim Sprung von 1,35 auf 2 GB mitzuhelfen. Ab dann soll es bei den 875 Fuß bleiben.

Anders die Entwicklungspläne von HP: Dort kämpfen die Laboringenieure zur Zeit mit auf 120 Meter verlängerten (und verdünnten) Tapes - wohlgemerkt aber nicht im Sinne einer "Extension". Um das Band beherrschen zu können, bedarf es einer dritten Generation von DAT-Drives, die laut HPs aktualisierter Road-Map Ende 1992 verfügbar sein werden - mit zusätzlichen Verbesserungen, die die Kapazität dann weit über die 2,6 GB hinaus steigern sollen.

Betrachtet man die zweite "Schraube", an der sich drehen läßt, um die Kapazität zu puschen, nämlich indem man die pro Spur-Zoll untergebrachten Bits erhöht, so bieten sich hier gleich zwei Wege an. Beide ist die QIC-Entwicklung nun gegangen. Zum einen gelang es den Tape-Entwicklern, die magnetischen Eigenschaften weiter zu verbessern.

Neue, auch für die absehbare Zukunft noch verfeinerbare Elementeverbindungen sowie Aufbringungstechniken gestatteten, mehr Magnetfluß-Wechsel pro Zoll auf das Band zu schreiben. Ein Maß dafür ist die Koerzitivität, ausgedruckt in Oerstedt-Einheiten.

Lese-Elektronik könnte Orientierung verlieren

Die Zahl der realisierbaren Flux-Transitions-per-Zoll ist jedoch nicht gleich der Zahl der Bits-pro-Zoll, die ein Kopf aus den Magnetisierungswechseln herausliest. Die Folge einer aufzuzeichnenden Bit-Folge kann nämlich nicht einfach 1:1 auf das Band abgebildet werden, weil sich dann nämlich eine monoton lange Folge von 10 000 Nullen kaum mehr richtig wiederlesen ließe: Die Lese-Elektronik würde schlicht die Orientierung verlieren. Bit-Folgen, die der Host anliefert, zerlegt die Drive-Elektronik vielmehr in eine Folge von gleichlangen Paketen (einige wenige Bits), und übersetzt jedes dieser Pakete zuerst in eine fürs spätere Wiederlesen geeignete Folge von Magnetfluß-Wechseln, kurz: Die Bit-Folgen werden zuerst codiert, bevor sie als Flux-Transitions aufs Band kommen. Die Crux ist nun, wie aufwendig oder sparsam dieser Aufzeichnungscode ist.

Bis dato konnte QIC nur den verschwenderischen Code 4.5- GCR nutzen, der für 4 Bits 5 Fuß spendiert. Mit der neuen Technologie in den 1,35-GB-Drives läßt sich hingegen der Code RLL-1.7 verwenden, der 4 Bits aus nur 3 Fuß Bandlänge herausliest.

Die Anwendung dieses Verfahrens erforderte eine nochmals deutlich verbesserte Genauigkeit, mit der die Bandgeschwindigkeit einzuhalten ist - einen Eingriff, der weit über die Änderungen beim 525-MB-Drive hinausgeht. Und es steckt genau diese kritische Drive-Sensitivität dahinter, wenn Distributoren behaupten, daß man, "eine gänzlich neue Technologie vor sich hat".

Unterm Strich ist es auch praktisch allein der Bpi-Posten, der beim Übergang von 525 MB auf 1,35 GB für den Kapazitätssprung sorgte - und dies trotz einer Bandlängen-Rücknahme von 1020 Fuß auf 760 Fuß. Mit dem neuem 900-Oerstedt-Tape und dem nun Drive-seitig verkraftbaren Code RLL-1.7 konnten die bislang 16 000 Bpi jedenfalls mit einem Schlag auf 51 677 Bpi hochgeschraubt, also mehr als verdreifacht werden.

Mit 51 677 Bpi indessen ist die Leistungsfähigkeit der 900-Oerstedt-Magnetschicht noch nicht ganz ausgeschöpft. Gemäß QIC-2000-Verabredung lassen sich auch jene 66 000 Bpi unterbringen, die zum Sprung von 1,35 nach 2 GB ebenso beitragen wie die erwähnte, geringfügige Bandverlängerung. Bei 66 000 Bpi soll es dann erst einmal bleiben. Mit dieser Bit-Dichte und dem 900-Oerstedt-Band dürfte die gesamte 6 + -GB-Generation auskommen. Einen zusätzlichen Bpi-Schub erfordert erst wieder die 12 + -Generation. Die dann benötigten über 100000 Bpi sollen mit einem Barium-Ferrit-Tape realisierbar sein - was 3M bereits sicher nachgewiesen haben will. Dies alles wird jedoch solange Zukunftsmusik bleiben, solange die QIC-Gemeinde nicht zeigt, daß sie jenen Schritt zu gehen vermag, der zur 6+-Technologie führt.

Einführung von aufwendiger Servo-Technik

Gemeint ist die "Schraube" Nummer drei - die Steigerung der Spurzahl. Experimentiert hat man hier in der Vergangenheit schon mehrmals. So wurden die anfänglichen neun Spuren des 40-MB-Drives schrittweise erhöht auf 18 (150 MB), 26 (320 MB) und nun 30 Spuren beim 1,35-GB-Drive. Und beim QIC-2000-kompatiblen Laufwerk müssen nochmal zwei weitere Spuren zum Lifting auf die 2-GB-Marke beitragen. Dies alles aber nimmt sich als recht leichte Übung aus gegenüber dem, was beim Übergang zur 6 + -Generation ansteht. Dann nämlich gilt es aus 32 Spuren 96 werden zu lassen - und der Knackpunkt ist, daß die Spuren damit zum ersten Mal in der QIC-Geschichte kritisch schmal werden. Es steht die Einführung aufwendiger Servo-Technik also vor der Tür. Ohne sie kam man bisher gerade noch aus, da die Spur selbst beim QIC-1350-Format nicht schmäler als 178 Mikrometer wurde. Auf den ersten Blick scheint hier noch Spielraum zu sein im Vergleich zu den nur 13,5 Mikrometer winzigen Spuren der DAT-Drives, die natürlich bereits von Geburt an eine Servo-Technik als "Essential" mit auf den Weg bekamen. Bei QIC aber macht sich nun der Effekt des schnell schnurrenden Tapes bemerkbar - es flattert.

Mit dem Gang in die 6 + -Zeiten gilt es damit, Abschied zu nehmen vom ruhenden Schreib- oder Lese-Kopf. Die Ingenieure können dem Flattern nur Herr werden, wenn sie den Kopf mit der Spur mitflattern lassen. Das heißt, der Kopf muß wie bisher zur Band-Senkrechten bewegt werden - aber eben sehr viel schneller und sehr viel feinsinniger. Dazu wird auf den Kopfschlitten ein extra Servo-Kopf hinzuaddiert, der parallel zu den Datenspuren eine Servo-Spur aufgezeichnet, sich beim späteren Lesevorgang an diese Servo-Spur "anheftet" und den Lesekopf im synchronen Flatter-Tanz mitführt. Mit einer einzigen Servo-Spur ist es allerdings noch nicht getan. Insgesamt 16 Stück sollen auf die 96 Datenspuren kommen, also für sechs benachbarte Datenspuren eine Servo-Spur. Zusammen sind das dann immerhin 112 Spuren auf 6,35 Millimeter Tape-Breite - oder eine verbleibende Spurbreite von 51 Mikrometer. Nochmals schmälere Spuren - 34 Mikrometer breit - müssen laut 3Ms Technologie-Wachstumsplan die Drives des 12 + -Bereichs lesen können. Wieder soll an der Spurzahl-Schraube gedreht werden: Auf dem Papier stehen 144 Datenplus 24 Servo-Spuren.

Ob 51 Mikrometer oder 34 Mikrometer - an dieser Stelle scheint eine Portion Hellhörigkeit angebracht. 3M spricht bei der Vorstellung des Wachstumspfades von "High-Perform-Systemen" (und meint 1,35 GB) von "Future HIP-Systemen" (und meint die 6+-Ära) und letztlich von "Next-Generation-HIP-Systemen" (die 12+-Ära). Das suggeriert, was es eigentlich nicht sein kann. Eine neue Generation von Drive-Technologie wird nicht erst beim Sprung in die 12 + -Zeiten erforderlich, ab hier ändert sich das Tape. Einer völlig neuen Technologie bedarf es bereits beim Sprung in die 6 + -Ära. Favorisiert, diese Herausforderung am schnellsten zu bestehen, sind jene Hersteller, die schon bisher parallel zu QIC auch DAT oder Hard-Disks herstellten, also Servo-Know-how mitbringen. Nochmals, um ein Hochfahren der 1,35-GB-Generation kann es sich nicht handeln. 96 Spuren, nur mehr 51 Mikrometer dick, verlangen außerdem nicht nur Servo-Technik allein. Es gilt zusätzlich, die Köpfe punktueller lesen zu lernen, mit anderen Worten, sie kleiner zu machen. Deshalb experimentieren die Hersteller auch eifrig mit Dünnfilm-Techniken.

Schaut man hinüber zur Alternativ-Szene DAT und richtet man den Blick auf das, was nach den in diesen Monaten erscheinenden Drives der zweiten Generation kommen soll, so sieht man sehr schnell, daß sich die Ingenieure nicht unbedingt geringeren Herausforderungen gegenübersehen. Denn eines ist klar: An der Schraube Spurzahl wird auch hier ordentlich gedreht werden. HP will sie verdoppeln - was dann zu Spuren von nur mehr 6,5 Mikrometer Breite führt. Die nochmals winzigere "Strichbreite" als solche ist der eigentliche Kern der Herausforderung nicht. Zugute kommt hier der Umstand, daß DAT die Spuren ja von Haus aus überlappend aufzeichnet. Wird der Grad der Überlappung erhöht, erhält man dünnere und damit mehr Spuren. Und Vorteil Nummer zwei: Der Kopf braucht dazu noch nicht einmal schmäler gemacht zu werden Anlaß hierzu bestünde erst, wenn man die Spurdichte mehr als verdoppeln wollte. Spurverdopplung durch mehr Überlappung läßt sich über zwei Wege erreichen - und da kann es sich HP nicht leisten, den einfacheren zu gehen. Beim "einfacheren" Weg würden die Ingenieure einfach die Bandgeschwindigkeit halbieren, also noch langsamer als langsam fahren. Dieser Weg aber ist deshalb nicht der Weg der Wahl, weil die Anbieter bisheriger DAT-Systeme ihrerseits ein ganz spezifisches, nicht zu unterschätzendes Problem im Nacken sitzen haben: die Transfer-Rate (STR) hinkt hinter den anderen Technologien her.

Anders als bei den Punkten Kapazität und Fehler-Sicherheit, in denen DAT QIC von Anbeginn an klar übertrumpfen konnte, war dies nie der Fall in Sachen STR. Schon QICs 320-MB- und 525-MB-Drives gestatten, im fortlaufend streamenden Betrieb 200 KB User-Daten pro Sekunde aufs Band zu bannen. DAT schafft bis dato 183 KB/s. Das ist nicht nennenswert weniger, und so ergab sich das ursprüngliche Vermarktungshandikap auch aus dem Vergleich mit Exabyte-Drives, die nämlich 250 KB/s sichern konnten und heute gar 500 KB/s sichern. Mag auch Exabyte nun angesichts der inzwischen übergeordneten Frage "QIC oder DAT?" zurückgedrängt sein. Vor einem Jahr mußte HP noch gegenhalten mit Argumenten wie "Viele Hosts schaffen gar keine höheren Transferraten als die unsrigen" und "Der Kunde will automatisch sichern, und da kommt es auf die TR gar nicht so sehr an". So richtig diese einstigen Argumente im Prinzip waren, sie konnten nicht jeden Kunden befriedigen und die Strategen bei HP schon gar nicht. Denn bereits heute nehmen sich die Dinge schlagartig anders aus. Die 1,35-GB-Drives können satte 600 KB/s transportieren - sofern die Umgebung das mitzumachen imstande ist. Daß letzteres mehr und mehr der Fall sein wird, ist abzusehen. Die Hosts werden durchaus schneller und die Drives zunehmend in Multitasking-Umgebungen eingebunden.

(wird fortgesetzt)