Entscheidungsgrundlagen verbreitern - Akzeptanz verbessern

EDV und Fachabteilung als Projektpartner

05.10.1979

Knut Möbius Vertriebsleiter und Referent bei Integrata GmbH Unternehmensberatung, Tübingen.

Die Zusammenarbeit von Fachabteilung und EDV muß bei den Anwender-Projekten intensiver gestaltet werden. Für diese Notwendigkeit spricht nicht nur die absehbare Umkehrung des Kostenverhältnisses Hardware/Software, die bei der Abänderung von Benutzerwünschen stark zu Buche schlägt. Auch die aufgrund zunehmender Systemkomplexität verlangte höhere Spezialisierung von Fachabteilung und EDV sowie die für die Software-Erstellung vorhandenen Technologien machen eine engere Partnerschaft erforderlich. Die folgenden Thesen sollen als Wegweiser zu einer optimalen Arbeitsweise und damit auch zu besseren Problemlösungen dienen.

These 1:

Gegenseitige Anerkennung führt bei allen Beteiligten zu mehr Verständnis. Das Denken, oder noch extremer, das Handeln nach dem Schema "Wir hier in der EDV, ihr da in der Fachabteilung" oder umgekehrt, führt zu einer permanenten Konfrontation, die sehr schnell jenseits rationaler Überlegungen und Verhaltensweisen ausgetragen wird.

Das Erkennen der sachlichen Zusammenhänge fällt schwer.

Änderungen an dieser Verhaltensweise sind schwierig und langwierig. Es geht um mehr als die reine Wissensvermittlung. Grundvoraussetzung für alle Maßnahmen ist hier die freiwillig eingebrachte Bereitschaft der Betroffenen zur Mitarbeit.

Als gangbares Verfahren zur Verdeutlichung von Problemsituationen und zu ihrer Überwindung hat sich die Moderation erwiesen. Mit dieser Methode ist es möglich - schnell und unter Wahrung der Anonymität des einzelnen - Denkweisen und Vorurteile transparent zu machen.

Alles weitere bleibt dann dem "good will" überlassen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß dieser nach den vorangegangenen Maßnahmen groß genug ist für Kooperation und mehr Partnerschaft.

Man muß erkennen, daß Maßnahmen zur Verhaltensänderung erst mit einiger Verzögerung zum Erfolg führen.

These 2:

Der Einsatz hilft, die unterschiedlichen Interessen zu wahren.

Die Stelle des EDV-Koordinators ist schon seit längerer Zeit in der Diskussion und in vielen Unternehmungen mit Erfolg installiert. Die Funktion der personellen Schnittstelle zwischen Fachabteilung und EDV ist abhängig von der Definition der Aufgaben und Kompetenzen, aber auch von der Ausbildung, die man dem Stelleninhaber angedeihen läßt. Der EDV-Koordinator ein Mitarbeiter in der Fachabteilung, benötigt über seine fachspezifischen Kenntnisse hinaus konkretes Wissen über die EDV sowie die Vorgehensweise bei Systemplanung und Realisierung. Nur so ist er auch ein von der EDV anerkannter Vermittler zwischen Fachabteilung und EDV.

Der Lenkungsausschuß ist ein temporäres, projektbegleitendes Gremium, das sich aus Projektleiter, Leiter der tangierten Fachabteilung(en), EDV-Leiter und gegebenenfalls einem Mitglied der Geschäftsleitung zusammensetzen sollte. Seine Aufgaben liegen bei den monatlichen Treffen vor allem in der übergeordneten Projektsteuerung und -überwachung sowie der Schlichtung von im Projektteam nicht lösbaren Problemen oder Konflikten.

Beim EDV-Ausschuß dagegen handelt es sich um ein ständiges Gremium, das die Weichen für die Entwicklung von Hardware-Einsatz und Anwendungs-Software mittelfristig setzt. Beteiligt sollten ein Mitglied der Geschäftsleitung, der EDV-Leiter, die Leiter der von der EDV am stärksten tangierten Fachabteilungen sowie der Datenschutzbeauftragte sein.

Das Gefühl der Ohnmacht gegenüber "einsamen" Entscheidungen, das bis hin zur Resignation führen kann, kommt nicht auf. Gefällte Entscheidungen werden von einer breiten Basis getragen.

These 3:

Eine einheitliche Vorgehensweise bewirkt eine bessere Kontinuität bei der Realisierung neuer EDV-Anwendungs-Systeme.

Die Planung und Realisierung von EDV-Anwendungssystemen sollte nicht mehr als ein kompakter Block gesehen werden. Kennzeichnend für diese Vorgehensweise ist, daß die Planung sehr früh im Sinne der Programmierung definiert wird.

Anzustreben ist eine phasenorientierte Vorgehensweise, die aus Grob- und Feinkonzeption und Programmvorgabe besteht, der sich die Programmierung mit Test und dann die Einführung anschließen.

Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist der, daß der Abschluß der einzelnen Phasen den Charakter eines Check-points hat. Die erarbeiteten Ergebnisse werden dokumentiert und den Beteiligten zur Abstimmung vorgelegt, wobei "Abstimmung" klare, eindeutige Präsentation und Diskussion der Ergebnisse bedeutet. Parallel kann schrittweise das Budget freigegeben werden.

These 4:

Die Verwendung gleicher Methoden und Techniken erhöht die Effektivität der Arbeit und forciert die Zusammenarbeit.

Auch die Methoden und Techniken der Systemplanung und -realisierung sollten einheitlich für das gesamte Unternehmen definiert und eingeführt werden. Besonders ist dabei auf die Durchgängigkeit von der Ist-Analyse bis zur Programmierung zu achten. Entsprechende Methoden-Pakete, die auf formulargestützter Vorgehensweise beruhen, sind vorhanden. Der neueste Trend dieser Systeme geht zur computergestützten Planungs- und Entwicklungsarbeit.

Planung und Entwicklung werden dadurch transparenter. Die Arbeit wird parallel dokumentiert. Die Übergänge von Phase zu Phase werden leichter, Schnittstellen zu anderen Systemen oder Subsystemen besser sichtbar und die Ergebnisse leichter nachvollziehbar. Mit relativ geringem Schulungsaufwand kann auch die Fachabteilung mit diesem Instrumentarium arbeiten. Als sinnvoll hat es sich erwiesen, die Methoden und Techniken im Rahmen konkreter Projektarbeit in ein Unternehmen einzubringen.

These 5:

Direkte Kommunikation schützt weitgehend vor Fehlinterpretationen und vor emotionalen Widerständen.

Einen wesentlichen Beitrag zur direkten Kommunikation kann der EDV-Koordinator durch Weitergabe seiner Kenntnisse von Projekten und Vorhaben leisten. Allerdings sollten während der Planung nur gesicherte Ergebnisse weitergegeben werden. Sonst verkehrt sich das Ziel, der Fachabteilung die Unsicherheit zu nehmen, eher ins Gegenteil.

Als sehr kommunikationsfreundliche Form der gegenseitigen Information hat sich der Informations-Markt erwiesen. Er sollte regelmäßig, spätestens jeweils nach Abschluß einer Projektphase, den Mitarbeitern der Fachabteilung offenstehen.

These 6:

Geeignete Schulungsmaßnahmen erleichtern den Weg zur Partnerschaft.

Der erste Schritt in Richtung auf mehr Kooperation und Partnerschaft sollte darin bestehen, einen Schulungsplan für die in Frage kommenden Mitarbeiter zu erstellen.

Änderungen in der Arbeitsweise verlangen im Anschluß an die grundlegende Schulung ein längeres training-on-the-job.

Sicher erfordert die Erfüllung der Thesen Arbeit und Aufwand. Das Ziel aber heißt: mehr Motivation der Beteiligten, verbesserte Zusammenarbeit. mehr gegenseitiges Verständnis, weniger Reibungsverluste, effizientere Projektarbeit und bessere Anwendungssysteme.