EDS - was ist das?

10.12.1976

Von Ing. (grad.) Dieter Bohnemann, Fernmeldetechnisches Zentralamt der Deutschen Bundespost in Darmstadt

Datenfernübertragung ist ohne der Deutsche Bundespost kaum möglich. Ein breites Angebot an Dienstleistungen bietet für fast alle Anwendungen den passenden Fernmeldeweg: Telexnetz, Datexnetz, Fernsprechnetz, Direktrufnetz und überlassene Stromwege mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 bit/s bis 48 000 bit/s und höher. In dieser Aufzählung fehlt das in letzter Zeit häufig erwähnte "EDS-Netz", denn dieses existiert nicht.

EDS heißt Elektronisches Datenvermittlungs-System, es ist eine Gemeinschaftsentwicklung des Fernmeldetechnischen Zentralamtes der Deutschen Bundespost und der deutschen Fernmeldeindustrie. EDS löst die bisherige elektromechanische Vermittlungstechnik für das Telex- und das Datexnetz ab, aber es wird kein neues Netz gebildet.

Neben EDS für die digitalen Netze wird das neue Elektronische Wähl-System EWS für das Fernsprechnetz eingeführt. EWS ist ein rechnergesteuertes Vermittlungssystem mit galvanischer Durchschaltung über ein Koppelnetzwerk.

EDS ist ein rechnergesteuertes, speicherprogrammiertes Vermittlungssystem; die "Durchschaltung" erfolgt im asynchronen Zeitvielfach; eine Verbindung wird rein programmtechnisch ohne mechanische Schaltelemente und ohne galvanische Durchschaltung realisiert.

Das Herz des EDS bildet die Speichereinheit (SE), an die die Programmsteuerungseinheit (PE), die Leitungsanschlußeinheit (LE) und die Geräteanschlußeinheit (GE) angeschlossen sind, die Takterzeugungseinheit (TE) liefert den zentralen Systemtakt. Aus Redundanzgründen sind die meisten Einheiten doppelt vorhanden. Die Redundanz wird teilweise durch Parallelarbeit und teilweise durch Stand-by-Betrieb erreicht.

Die PE steuert den Auf- und Abbau einer Verbindung, die interne Fehlersuche und viele andere Abläufe. In der LE hat jede Leitung einen eigenen Systemanschluß, der ständig den Polaritätszustand der Leitung erfaßt und dem System Änderungen des Zustands mitteilt. Durch die GE können verschiedene Geräte mit dem EDS verbunden werden, beispielsweise Magnetplattenspeicher als externe Großspeicher für die Rufdatenaufzeichnung (als Grundlage für die Gebührenberechnung im Rufdatenrechner).

Dem ersten Anschein nach besitzt das EDS somit alle Merkmale einer handelsüblichen Datenverarbeitungsanlage. Aber die besonderen Aufgaben eines Vermittlungsrechners stellen auch besondere Anforderungen:

- Größere aufgabenbezogene Unterteilung in Einzelheiten.

- Weitaus größere Simultanarbeit, weil die vielen gleichzeitig bestehenden oder aufzubauenden Verbindungen auch "gleichzeitig" Arbeitsanforderungen stellen, die "gleichzeitig" zu erfüllen sind.

- Größere Systemverfügbarkeit, d. h. geringere Wahrscheinlichkeit für einen Totalausfall.

Die erste EDS-Vermittlungsstelle im Netz der Deutschen Bundespost nahm am 16. Mai 1975 in Mannheim den Regelbetrieb auf. Inzwischen sind in Bielefeld, Hamburg, Frankfurt (nur für Auslandsverkehr) und Nürnberg EDS-Vermittlungsstellen eingeschaltet worden, Stuttgart und Düsseldorf werden Anfang 1977 folgen. Weitere elf Vermittlungsstellen sind im Aufbau (CW Nr. 27 vom 2. Juli 1976: "Mit EDS beginnt neues DFÜ-Kapitel"). Bis 1980 sollen 24 EDS-Vermittlungsstellen an 18 Orten in Betrieb sein.

Telexteilnehmer, die an EDS-Vermittlungsstellen angeschlossen sind, können den Nummernschalter an ihrer Fernschreibmaschine vergessen, sie geben die gewünschte Rufnummer mit der Tastatur ein (Tastaturwahl). Das System fordert automatisch die Kennung des Gerufenen an. Geschriebene Betriebssignale geben Auskunft, warum ein Anschluß nicht erreichbar ist.

Mit Hilfe des EDS ist es möglich, "besondere Leistungen" anzubieten:

- Kurzwahl,

- Direktruf,

- Rundsenden,

- Gebührenzuschreiben,

- Anschlußkennung,

- Hinweisgabe,

- Teilnehmerbetriebsklasse.

Die "besonderen Leistungen" Rundsenden und Teilnehmerbetriebsklasse stehen bereits jetzt allen an EDS-Vermittlungsstellen angeschlossenen Telexteilnehmern zur Verfügung. Die anderen werden später bereitgestellt.

Seit dem 1. August 1976 wird mit Hilfe des EDS die Geschwindigkeitsstufe 2400 bit/s im Datexnetz angeboten (CW Nr. 28/29 vom 9. Juli 1976). Die Erfahrungen der ersten Teilnehmer zeigen, daß die Übertragungsgüte wesentlich besser als im Fernsprechnetz ist. Ab Mitte 1977 soll ein Fernschaltgerät für automatische Wahl nach CCITT-Empfehlung V.25 (wie im Fernsprechnetz mit AWD) verfügbar sein. Mit Bereitstellung der "besonderen Leistung Direktruf" - voraussichtlich Ende 1977 - wird Datex 2400 noch weitere Anwendungsmöglichkeiten bieten. Zum Beispiel wird es möglich sein - bei entsprechender Programmierung -, eine Ein-/Ausgabe von einer Datensichtstation aus unabhängig von der Entfernung für ein bis zwei Gebühreneinheiten, das sind 0,10 bis 0,20 DM, abzuwickeln.

Ab 1978 soll die Geschwindigkeitsstufe Datex 300 bit/s mit EDS bereitgestellt werden. Hierfür ist das Alphabet nach DIN 66003 mit Paritybit (entspricht CCITT Nr. 5), einfachem Startschritt und doppeltem Stopschritt (= 11 Bits/Zeichen) vorgeschrieben. Es ist beabsichtigt, bereits 1977 einen Versuchsbetrieb für Endeinrichtungen mit Schnittstelle nach CCITT-Empfehlung V.21 durchzuführen, später soll auch eine Schnittstelle nach CCITT-Empfehlung X20 angeboten werden.

Die Einführung der Geschwindigkeitsstufen 4800 bit/s und 9600 bit/s im Datexnetz mit Schnittstellen entsprechend den CCITT-Empfehlungen V.27 und V.28 ist für Ende 1977 vorgesehen. Ein Versuchsbetrieb soll vorausgehen.

Weitere Einzelheiten über EDS sind in einem Sonderdruck der Unterrichtsblätter der DBP, Ausgabe B, veröffentlicht. Er kann bei der Schriftleitung Unterrichtsblätter der DBP, Fernmeldewesen, Postfach 555, 2000 Hamburg 36, bezogen werden.