Auch der Workstation-Primus ist vor Verlusten nicht gefeit:

DV-Umstellung reißt Sun in die roten Zahlen

09.06.1989

MOUNTAIN VIEW (IDG) - Ausgerechnet Probleme mit der hauseigenen DV sind nach Vorstandsangaben schuld daran, daß die Sun Microsystems Inc. das laufende Quartal voraussichtlich mit negativem Ergebnis abschließen wird.

Mit schadenfrohen Kommentaren muß Scott McNealy für die nächste Zeit leben. Der President der Sun Microsystems Inc. hatte nämlich der Öffentlichkeit nicht nur die unerfreuliche Nachricht zu präsentieren, daß die Umsatzkurve in diesem Quartal eine Delle bekommt und daß der hochgelobte Workstation-Primus sehr wahrscheinlich rote Zahlen ausweisen muß. McNealy mußte sogar das höchst peinliche Eingeständnis machen, daß die Probleme auf eine mißlungene Systemumstellung in der Hauptverwaltung zurückzuführen sind. Als Sun die alte HP-Minicomputeranlage durch PCM-Mainframes ersetzte, spielte die neue Cullinet-Software nicht mit.

Von dem Reinfall wurden McNealy und seine Spezialisten selbst überrascht:" Ein halbes Jahr lang haben wir die Systeme parallel laufen lassen und die Daten aus unseren Anwendungen hin und her übertragen", erzählt er. "Aber irgendwann müssen Sie schließlich den Stecker aus dem alten System ziehen und das neue endgültig anschließen." Dann passierte es: Fast drei Wochen lang ging im Bestellwesen alles drunter und drüber, die Produktion erhielt fehlerhafte Aufträge.

Wichtige Bauteile für die älteren Modelle Sun-3 und Sun-4 waren, als sie gebraucht wurden, nicht am Lager. Es kam zu extremen Verzögerungen bei den Auslieferungen dieser immer noch sehr gefragten Workstations und der im April vorgestellten neuen Typen - statt 30 nun bis zu 60 Tage nach Auftragseingang. Derzeit dauert die Bearbeitung 45 Tage, und erst im Juli dürfte sich die Lage wieder entspannen.

Cullinet-President Robert Weiler als Lieferant der fraglichen Software, des "Cullinet Manufacturing System ",entschuldigt sich ein wenig hilflos. "So eine Implementation ist ein komplexer Vorgang. Wir haben nun, einen geschätzten Kunden, während der Implementation unterstützt und werden das auch weiter tun." Etwas deutlicher wird das "Opfer" McNealy: Der Übergang auf Cullinet habe Sun viel Zeit gekostet, also auch viel Umsatz betroffen. Angesichts des schnellen Wachstums der Firma sei die Umstellung während des laufenden Geschäfts regelrecht ein "Drahtseilakt" gewesen. Letztlich macht der Cullinet-Kunde seinem Lieferanten keinen Vorwurf: "Das war doch ein fast unvermeidlicher Preis dafür daß wir eine 2-Milliarden-Dollar-Company geworden sind."