Downsizing als neuer Kurs

26.07.2001

CW: Um welche Maßnahmen handelte es sich bei der Kurskorrektur im Einzelnen?

Köhler: In einem ersten Schritt galt es, das Beteiligungsportfolio zu bereinigen und die immensen Kosten zu senken. Mit der Umstrukturierung und dem Verkauf von Tochtergesellschaften konnte der Personalbestand, der ursprünglich schon für das Jahr 2000 mit mehr als 290 Mitarbeitern geplant war und im Juni 255 Mitarbeiter erreicht hatte, bis zum 31. Dezember auf 184 Mitarbeiter verringert werden. Bis Ende dieses Jahres planen wir einen weiteren Personalabbau auf zirka 135 Mitarbeiter. Die Umstellung vom Direktvertrieb zum Partnervertrieb in Polen, Tschechien und Ungarn hat neben der Senkung der Personalkosten auch bei den Sachkosten Einsparungen bewirkt. Des Weiteren haben wir die Geschäftsstellen in Wien und Berlin geschlossen.

CW: Sie sagten, dass sich die Integration der Tochtergesellschaften als schwierig erwies. Ist es Ihnen jetzt gelungen, die Beteiligungsunternehmen in den Konzern effektiv zu integrieren?

Köhler: Entgegen der vom alten Management vorgesehenen Integrationsstrategie haben wir den Tochtergesellschaften die operative Eigenverantwortung zurückgegeben. Die dem Konzernverbund angehörenden Unternehmen erfüllen heute einen eigenständigen Produkt- und Marktauftrag, etablieren ein spezifisches Branding und verfügen über einen eigenen Marktauftritt. Erste Erfolge am Markt zeigen uns, dass dieser Schritt notwendig und richtig war.

CW: Das Ziel lautete also "kleiner und schlanker". Downsizing wird in der heutigen Management-Theorie aber als phantasielos abgestempelt, und allein durch die Entlassung von knapp der Hälfte der Mitarbeiter dürften die Kunden wohl kaum wieder Vertrauen fassen.

Köhler: Das ist vom Grundsatz her richtig. Der Tritt auf die Kostenbremse war eine notwendige, aber keine hinreichende Maßnahme. Im zweiten Schritt galt es, sich wieder auf die eigentlichen Kernkompetenzen zurückzubesinnen. Und die liegen für CPU im Kreditgeschäft und in der Wertpapierberatung - zwei zentrale Finanzdienstleistungen und zwei Fachgebiete, für die das Unternehmen bereits seit vielen Jahren hochwertige Finanzsoftware anbietet. CPU hat das Ziel, einer der führenden Anbieter von Software für die Beratung und Bearbeitung im Kredit- und Wertpapiergeschäft zu sein - und daran arbeiten wir.

CW: Was ist daran so neu? Das von Ihnen eben Gesagte war doch schon ein Teil der Story zum Börsengang - auch wenn es mit einer anderen Strategie verfolgt werden sollte.

Köhler: Und dieser Teil war auch in Ordnung so. Ich betone noch einmal: Die Strategie des alten Managements war nicht in allen Punkten abwegig. Was wir jetzt betreiben, ist nicht die völlige Abkehr von diesem Weg, aber die notwendige Konzentration auf unsere eigentlichen Kernkompetenzen. Deshalb intensivieren wir derzeit auch die Weiterentwicklung unserer beiden Kernprodukte "INA Investment Advisor" in der Wertpapierberatung und "CPU C5" im Kreditgeschäft.

Bei der neuen Version "CPU C6", die in rund 15 Monaten auf den Markt kommt, wird es sich um eine integrierte Web-fähige Systemlösung zur Beratung, Entscheidung und Bearbeitung im Kreditgeschäft für Privat- und Firmenkunden handeln. Die softwaremäßige Unterstützung reicht dabei von der Qualifizierung des Vorhabens über die Produktauswahl bis hin zur kompletten Bearbeitung. Die Steuerung des gesamten Prozesses erfolgt über ein einheitliches, arbeitsplatz- und bereichsübergreifendes Workflow-Management. Die Planungen sehen ferner die Archivierung aller Vorgänge in einer elektronischen Kreditakte vor.

Unsere zweite "Perle" ist die gerade erwähnte Standardsoftware "INA Investment Advisor", die den Beratungsprozess im Wertpapiergeschäft mit Hilfe künstlicher Intelligenz in einem Expertensystem abbildet. Die Software lässt sich in LAN- sowie Internet-Umgebungen integrieren und läuft bereits an über 7500 Beraterarbeitsplätzen führender Retail- und Privatbanken. Sie sehen also, dass wir durchaus von einer Akzeptanz unserer Produkte im Markt sprechen können.

CW: Von der großen Systemhaus-Vision des früheren CPU-Managements haben Sie damit aber endgültig Abschied genommen. Dabei drängt sich aber noch eine weitere Frage auf: Warum singen Sie so sehr das Hohelied auf Standardsoftware, wo doch bekanntlich Ihre Klientel, die Banken, mit Lösungen von der Stange wenig am Hut hat?

Köhler: CPU ist ganz klar ein Softwarehaus. Zu unseren Kernaufgaben zählen die Neu- und Weiterentwicklung von Programmen für die eben geschilderten Applikationen und deren Anpassung an individuelle Kundenanforderungen. Insofern kann ich dort, wo Sie ein Problem sehen, keines erkennen. Wir planen, entwickeln, implementieren und betreuen anwenderspezifische Lösungen zur Organisation und Optimierung von Kundenprozessen. Unsere Lösungen sind damit quasi Maßanfertigungen auf Basis von Standardprodukten.