Tausch von Wandelschuldverschreibungen spült Geld in die Kassen

Die Woche der Entscheidung: Wer rettet Baan?

10.03.2000
MÜNCHEN (bs) - Die Zeit wird knapp für Baan. Bis Mitte März möchte die Amsterdamer Börsenaufsicht (Amsterdam Exchanges = AEX) wissen, wie der angeschlagene Softwarekonzern seine Finanzen in den Griff bekommen will. Neben Einsparungen diskutieren die Niederländer intern den Börsengang einzelner Unternehmensteile.

"Wir stehen nicht zum Verkauf", hatte Pierre Everaert, Interims-Firmenchef von Baan, am Rande der CeBIT erklärt und damit immer wieder kursierende Übernahmegerüchte dementiert. Man wolle eigenständig bleiben und aus eigener Kraft wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Doch bis wann er den Turnaround schaffen zu können glaubt, ließ er offen.

Zunächst einmal gilt es, die Amsterdamer Börsenaufsicht zu besänftigen: Sie droht Baan mit einer Degradierung vom derzeitigen Blue-Chip-Index auf eine besondere Überwachungsliste, wenn der Konzern es nicht schaffen sollte, seine finanzielle Schieflage zu beheben. Mit Hilfe einer Finanztransaktion will sich der niederländische Standardsoftware-Anbieter nun das dringend benötigte Eigenkapital verschaffen.

Potente Investoren gesuchtEs ist dem Hersteller offenbar gelungen, Inhaber von Wandelschuldverschreibungen zu überzeugen, ihre 1000-Dollar-Papiere, die eigentlich erst im Dezember 2001 fällig wären, in jeweils 160 gewöhnliche Aktien einzutauschen. Dadurch erhält Baan 40,86 Millionen Dollar neues Eigenkapital, das sich nach niederländischen Richtlinien sofort positiv auf die Bilanz auswirkt.

Parallel zu diesen Geldbeschaffungsmaßnahmen ist der Konzern auf der Suche nach einem potenten Investor, sagte Stefan Exner, Geschäftsführer von Baan-Deutschland, der COMPUTERWOCHE. Dabei soll es sich nicht um eine komplette Übernahme handeln, sondern der Geldgeber soll mit Hilfe einer Finanzspritze für die nötigen unternehmerischen Freiheiten bei Baan sorgen. Exner geht davon aus, dass konkrete Namen des oder der Investoren Mitte März bekannt gegeben werden können. Gehandelt werden derzeit Firmen wie Siebel, Oracle und CA, Internet-Companies wie Ariba und Commerce One sowie Fletcher Investments.

Eine weitere, wesentlich nahe liegendere Option ist allerdings die Beteiligung eines Industrieunternehmens an dem angeschlagenen Softwarekonzern. Unter Branchenkennern stehen dabei Boeing - einer der größten Baan-Kunden - oder Philips ganz oben auf der Liste. Der niederländische Elektro-Multi setzt zwar nicht in großem Stil Baan-Software ein, doch durch Baan-CEO Everaert sowie den derzeitigen Finanzchef Robert Ruijter ist eine Nähe zu Philips nicht zu leugnen: Beide waren lange Zeit in Führungspositionen bei dem Konzern tätig.

Wie Deutschland-Statthalter Exner weiter mitteilt, denkt das Baan-Management darüber nach, einzelne Unternehmensteile herauszulösen und separat an die Börse zu bringen. Vor allem die Vermarktung von Trendbereichen wie Customer-Relationship-Management (CRM) oder E-Commerce könnte Geld in die leeren Kassen spülen. Als besonders geeignet für einen separaten Börsengang erscheint daher der Bereich Front-Office, der Software für Vertrieb, Marketing und Service sowie entsprechende Beratungsleistungen anbietet. Da diese Unternehmensteile durch Übernahmen von Aurum, Matrix und Beologic zum Konzern kamen, wären sie recht einfach wieder herauszulösen.