Smart Glasses, Smart Watches, Smartbands etc.

Die Wearables kommen

17.01.2014
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mit den Wearables schreitet die Evolution im IT-Umfeld weiter voran – wenn auch etwas langsamer als erwartet. Ein Überblick über die neuesten Modelle 2014.

Gerade erst hat sich ein Großteil der IT-Nutzer daran gewöhnt, ihre E-Mails und andere wichtige Informationen auch mobil via Smartphone und Tablet aufzurufen. Nun scheint sich mit den Wearable Devices der nächste logische Schritt anzubahnen. Die Devices erlauben es dem Träger eines solchen Geräts nämlich, direkt auf (mehr oder weniger) relevante Informationen zuzugreifen, ohne sich von seiner eigentlichen Tätigkeit abzuwenden.

Besonders gut ist diese Funktionalität in Cyberbrillen wie Google Glass gelöst – hier werden die Informationen in Form eines kleinen Bildes ins Sichtfeld des Nutzers eingeblendet. Smartwatches und Fitness-Armbänder, die eingegangene Anrufe und Mitteilungen oder Vitaldaten anzeigen, verlangen nach etwas mehr Aufmerksamkeit als die Datenbrillen, immerhin ersparen aber auch sie häufig den Griff zum Smartphone oder Tablet und eignen sich damit – zumindest in der Theorie – hervorragend für Beruf und Freizeit.

Einen ersten Ausblick darüber, was die IT-Gemeinde aus diesem Segment in diesem Jahr erwartet, gab die wohl wichtigste Elektronikmesse CES, die vom 7. bis 10. Januar in Las Vegas stattfand. Tatsächlich waren die kleinen tragbaren Elektronikgeräte neben Heimvernetzung, 4K-Fernseher und Car-IT eines der Topthemen im Las Vegas Convention Center, wobei der Hauptfokus bei den intelligenten Uhren und Fitnessassistenten lag. Sony etwa zeigte nach der Smartwatch 2 nun auf der Messe das SmartBand im Stil des Fitness-Begleiters Nike+ Fuelband. Das Herzstück des Armbands, Sony Core, kann allerdings wesentlich mehr als lediglich die Fitness-Aktivitäten des Trägers darzustellen – ob dies jedoch Sinn macht und unbedingt benötigt wird, ist ein anderes Thema. So wird es wohl nicht nur Datenschützer beunruhigen, dass das Gadget im Verbund mit der „Lifelog“-App auf dem verbundenen Sony-Smartphone sämtliche Aktivitäten des Nutzers aufzeichnet, etwa, wo und wann er unterwegs war, welche Musik er gehört hat und welche Fotos er dort geschossen hat.

Schmuck wird smart

In dem Schmuckarmband steckt ein Sensor, der die über den Tag konsumierte UV-Menge Dosis misst und bei drohender Überdosis Alarm schlägt.
In dem Schmuckarmband steckt ein Sensor, der die über den Tag konsumierte UV-Menge Dosis misst und bei drohender Überdosis Alarm schlägt.
Foto: Netatmo

Einfacher und klarer verständlich sowie absolut harmlos ist die Funktion des (primär) für Frauen gedachten Armbands JUNE von Netatmo, das auf der CES ein nettes Kontrastprogramm zu den unzähligen Fitness-Gadgets darstellte: In dem Schmuckstück steckt ein Sensor, der die über den Tag konsumierte Sonneneinstrahlung misst und die Informationen via Bluetooth LE an die dazugehörige Smartphone- oder Tablet-App weitergibt. Diese erinnert dann die Nutzerin rechtzeitig daran, Sonnencreme aufzutragen oder einen schattigen Ort aufzusuchen, um Sonnenbrand und vorzeitige Hautalterung zu vermeiden. Aktuell funktioniert das knapp 100 Euro teure Armband allerdings nur mit iOS, eine App für Android ist in Entwicklung. Weniger konkret ist der französische Hersteller bislang, was eine maskulinere Version von JUNE angeht, hier heißt es abwarten.

Ähnlich hübsch präsentierte sich das Smart Juwel von Cambridge Silicon Radio (CSR). Der von Cellini designten Modeschmuck kann via Bluetooth mit dem Apple Notification Center Service (ANCS) von iOS gekoppelt werden und informiert anschließend per LED-Blinklicht über eingegangene Nachrichten etc. Aktuell kann der Nutzer selbst auf dem Prototypen nur die Farbe der LED einstellen, interessierten Entwicklern bietet CSR allerdings mit einem speziellen Starter Development Kit die Möglichkeit, eigene Anwendungen dafür zu programmieren.

Auch bei den auf der CES vorgestellten Smartwatches gibt es einige gute Ansätze zu beobachten. So machen nun einige Uhren, etwa die Pebble Steel mit Metallgehäuse oder die mit energiesparendem Mirasol-Display ausgestattete Qualcomm Toq, nun endlich einen – dem Preis angemessenen - Eindruck und eignen sich tatsächlich für das Handgelenk von Erwachsenen. Andere Anbieter wie Kronoz oder Martian gehen dagegen den entgegengesetzten Weg und versuchen die potenziellen Käufer mit besonders preisgünstigen Smartwatches aus der Reserve zu locken. Obwohl bereits für unter 150 Euro zu erwerben, warten die Gadgets dabei mit interessanten Features wie Sprachsteuerung und konfigurierbaren Vibrationsalarm auf - optisch wirken sie aber leider wie direkt aus dem Kaugummiautomaten geholt. Insgesamt erinnert die Situation bei den Smartwatches immer noch stark an die CES 2011, als einzig die Erwartung eines Apple-Tablets zu einer ganzen Schwemme von konkurrierenden Android-Geräten führte. Zynisch gesprochen wird es wohl auch hier höchste Zeit, dass Apple den Wettbewerbern den Weg weist – falls die Gerüchte von einer iWatch stimmen.

Schwacher Start bei Cyberbrillen

Ob es an der Technologiehürde, der Konkurrenz von Google Glass oder an den noch mauen Markterwartungen liegt, ist schwer abzuschätzen, tatsächlich aber waren Datenbrillen auf der CES deutlich in der Unterzahl. Zu den wirklich nennenswerten Vertretern gehörte das Moverio BT-200, das Epson als Nachfolger seiner aktuellen Cyberbrille vorstellte. Die neue binokulare, transparente Smart-Brille ist nun mit 88 Gramm etwa 60 Prozent leichter als ihr Vorgänger BT-100 (277 Gramm) und verfügt jetzt über Kamera, Gyroskop, GPS und Beschleunigungssensor. Filme können über die Brille in 2D oder 3D mit Dolby Digital Plus-Tonqualität angeschaut werden. Das Bild ist dabei mit 700 Candela doppelt so hell wie beim Vorgänger, wirkt jedoch bei einem Sichtfeld von bis zu 812 Zentimetern Breite in qHD-Auflösung (960 mal 540 Pixel) sehr pixelig.

Die Bedienung der BT-200 erfolgt über ein Multitouch-Trackpad, das in die Vorderseite einer externen Box verbaut ist, die via Kabel mit der Brille verbunden ist. In dem Kästchen, quasi der Computing-Einheit, stecken außerdem ein mit 1,2 GHz getakteter Zwei-Kern-Prozessor und 1 GByte Arbeitsspeicher sowie der Akku – für diesen gibt der Hersteller eine Laufzeit von sechs Stunden an. Außerdem läuft der an die Brille angeschlossene Taschencomputer mit Android 4.0.4, unterstützt WLAN 802.11 b/g/n.

Der verbaute Speicher beträgt acht GByte Speicher, lässt sich aber via SD-Karte um bis zu 32 GByte erweitern. Zudem ist es möglich, über DLNA, Miracast oder Bluetooth 3.0 eine Verbindung zu anderen Endgeräten herzustellen.

Obwohl die voraussichtlich ab Mai verfügbare Epson Moverio BT-200 mit knapp 700 Euro deutlich billiger ausfällt als das Entwicklermodell von Google Glass, dürfte sich die Nachfrage bei Privatnutzern zunächst in Grenzen halten. So ist es alleinig zum Konsum von Filmen (über ein aufsetzbares Verdunkelungsmodul) zu teuer, für andere Einsatzszenarien wie Augmented Reality fehlt zumindest aktuell noch eine kritische Menge an Apps. An diesem Missstand will Epson jedoch nach eigenen Angaben bis zum Marktstart arbeiten. So soll voraussichtlich im März eine spezielle Entwickler-Website live geschaltet werden, ab Mai verspricht der Hersteller Anwendern dann bereits im Moverio Apps Market speziell für die Cyberbrille entwickelte Anwendungen.

CES-Besucher beim Testen des HD-Prototyps von Oculus Rift.
CES-Besucher beim Testen des HD-Prototyps von Oculus Rift.
Foto: Bremmer

Auf Virtual- statt Augmented-Reality setzt das Startup Oculus VR, das zur CES einen neuen Prototyp seiner Cyberbrille mitgebracht hatte. Das Modell Crystal Cove besitzt nun ein hochwertiges OLED-Display mit Full-HD-Auflösung, das deutlich klarere und schärfere Bilder als der Vorgänger ermöglicht. Das eigentliche Highlight aber sind die LED-Sensoren in der Außenhülle – sie sorgen dafür, dass außer den Kopf- auch die Körperbewegungen sofort in der Bilddarstellung wiedergegeben werden (Position Tracking). Resultat ist laut Oculus VR ein noch intensiveres Spielerlebnis. Die Company sieht neben dem Gaming viele weitere Anwendungsgebiete. Unter anderem nutzt die NASA einem „Engadget“-Bericht zufolge bereits Oculus für virtuelle Touren zum Mars und der ISS. Etwas schwieriger tut sich die Company dabei, fertige Endgeräte für Privatnutzer zu liefern. In diesem Jahr könnte es endlich soweit sein und – wie ein kurzer Test des Spiels „EVE: Valkyrie“ mit der verbesserten VR-Brille Oculus Rift am Intel-Stand ergab – lohnt sich das Warten auf jeden Fall!