Lösungsgeschäft wird eingestellt, Konzentration auf Kernprodukte

Die Software AG ordnet ihre Geschäfte neu

12.12.2003
MÜNCHEN (gh) - Der neue Vorstandschef der Software AG (SAG), Karl-Heinz Streibich, hat das von seinem Vorgänger propagierte Lösungsgeschäft heruntergefahren. Jetzt geht es wieder um Datenbank- und Middleware-Produkte.

Die Ankündigung, mit der das zweitgrößte deutsche Softwareunternehmen zunächst lediglich in einer Pflichtmitteilung aufwartete, kam selbst für Branchenkenner überraschend: Aufsichtsrat und Vorstand hätten die Fokussierung auf zwei Produktlinien beschlossen - einerseits XML-basierende Angebote rund um die Produkte "Entire X" und "Tamino", andererseits die Datenbank "Adabas" und das Entwicklungswerkzeug "Natural". Mit der Rückbesinnung auf die beiden bisherigen Kerngeschäftsfelder gehe die Konsolidierung des Bereichs Forschung und Entwicklung einher, in dem es zu einem Abbau von Kapazitäten kommen werde, hieß es sinngemäß weiter.

In einer am Montag dieser Woche eilig anberaumten Pressekonferenz deutete der seit Oktober amtierende neue SAG-Chef Streibich deshalb auch weitere betriebsbedingte Kündigungen an: "Wir werden nicht für alle betroffenen Mitarbeiter Alternativen finden."

Fest steht in jedem Fall, dass sich die Hessen durch Maßnahmen wie die komplette Auslagerung des technischen Supports für die Produkte Tamino und Entire X an die erst vor kurzem gegründete indische Tochter Software AG India schon im kommenden Jahr Personalkosteneinsparungen von rund zehn Millionen Euro versprechen. Ab 2005 sollen es jährlich zirka 20 Millionen Euro sein.

Für Restrukturierungsaufwendungen werde man 2003 zusätzliche 13 bis 17 Millionen Euro zurückstellen, was auch zu einem negativen Ergebnis nach Steuern führe.

Im Gespräch mit der CW widersprach Streibich vehement dem Tenor einzelner Presseberichte, wonach der Vorstand unter seiner Führung eine erneute Kehrtwende eingeleitet habe. Das Middleware- und Datenbankgeschäft sei und bleibe Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens, insofern sei daran "nichts neu". Allerdings habe sein Vorgänger Karl Heinz Achinger mit der starken Betonung der Vermarktung neu entwickelter Applikationen wie der "Tamino Mobile Suite" (einer XML-basierenden Integrationslösung, mit der sich mobile Endgeräte an große ERP- oder CRM-Systeme anbinden lassen) sowie Ideen zu Lösungen für das Content- und Dokumenten-Management eine "falsche Akzentuierung" vorgenommen. Streibich habe, wie er indirekt weitere Kritik an Achinger übte, in den letzten Wochen die weltweit 80 wichtigsten Kunden der SAG besucht. Dort habe man ihm unisono den Rat gegeben: "Konzentriert euch auf das, was ihr könnt!"

Um mit den eigenen Ressourcen "sinnvoll umzugehen" und sich nicht in "völlig überfrachteten Märkten wie Content-Management" aufzureiben, werde man sich wieder ausschließlich auf die vorhandenen Kernkompetenzen konzentrieren. Diese heißen "modernisierte Mainframe-Umgebungen und XML-basierende Integration". Die weltweit mehr als 3500 Kunden der SAG wollten diesbezüglich eine "zukunftsorientierte und nachvollziehbare Produkt- Roadmap", unterstrich Streibich. Applikationen wie die Tamino Mobile Suite würden deshalb nicht mehr, wie ursprünglich geplant, als vertikale Branchenlösungen weiterentwickelt; einzelne Tools fänden aber weiter Verwendung im Projektgeschäft. In absehbarer Zeit wolle die SAG auf Basis der Tamino-Plattform eine "komplette Integrationssuite" anbieten, in der auch Komponenten wie Portaltechnologien und Werkzeuge zur Analyse von Geschäftsprozessen enthalten sein werden.