Die sieben Hürden der IT-Modernisierung

16.06.2008
Von Stefan Ueberhorst
Für eine Legacy-Modernisierung spricht vieles - dagegen auch. Der IT-Dienstleister Unisys hat CIOs nach den größten Blockaden für derartige Projekte gefragt und sieben grundlegende Probleme identifiziert.

Dass sie um eine Legacy-Modernisierung nicht herumkommen, wissen die meisten Unternehmen. Schließlich wollen sie von neuen Entwicklungen wie Open Source oder Service-orientierten Architekturen (SOA) profitieren. Doch ein Big-Bang-Umstieg kommt vielfach nicht in Frage. Gesucht wird vielmehr ein Transformationsprozess, der die Vorteile alter Installationen mit denen neuer Architekturen kombinierbar macht. Auf diesen Zug sind die IT-Dienstleister inzwischen aufgesprungen. Sie bieten Services für das Re-Hosting, Re-Factoring oder Code-Wrapping an, also Methoden, mit denen sich Legacy-Applikationen auch in moderner Umgebung nutzen lassen.

Trotzdem tun sich viele Unternehmen schwer damit, den Mehrwert der IT-Modernisierung zu sehen, wie eine von Unisys veröffentlichte Untersuchung zeigt. Das Dienstleistungsunternehmen hat eigenen Angaben zufolge ein Jahr lang den Dialog mit 50 CIOs und IT-Entscheidern aus privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen geführt. Dabei kristallisierten sich sieben Problembereiche heraus, mit denen sich die IT-Verantwortlichen konfrontiert sehen, wenn sie Modernisierungsprojekte in Gang setzen wollen.

Schwer darstellbarer RoI

Eigentlich verspricht eine IT-Modernisierung Kostenersparnis. Trotzdem gibt es immer wieder Schwierigkeiten, ein Vorschussbudget für die Finanzierung solcher Projekte zu erhalten. Da Modernisierung kein fester Posten im IT-Haushalt ist, müssen die Gelder dafür woanders freigeschaufelt werden.

Tatsächlich ist es für viele IT-Manager ein reichlich frustrierendes Unterfangen, höhere Stellen vom Geschäftswert oder Return on Investment (RoI) einer Modernisierungsinitiative zu überzeugen. Argumente hinsichtlich neuer technischer Möglichkeiten oder des geringeren Personalbedarfs werden dort häufig als reine IT-Angelegenheit betrachtet und stoßen deshalb auf taube Ohren.

Zudem sind die meisten Legacy-Installationen finanziell abgeschrieben, so dass nur noch ihre Wartungskosten budgetiert werden. Eine Modernisierung, die zunächst ohne neue Funktionen auskommt, also lediglich den Status quo konserviert, wird deshalb nicht gerade die Investitionsbereitschaft beflügeln. Die Verantwortlichen sollten - notfalls mit externer Hilfe - den Geschäftswert der bestehenden Infrastrukturen im Vergleich zu dem eines modernen und agilen Systems analysieren und die Ergebnisse den finanzierenden Stellen vermitteln. Zielführend wäre es auch, die Risiken und verpassten Chancen aufzuzeigen, die sich aus einem Aufschub der Innovationsprojekte ergeben.

Scheu vor dem Risiko

Unternehmen befürchten oft Schlimmes für ihre Kerngeschäftsbereiche, wenn sie unternehmenskritische Applikationen verändern. Häufig zählen Legacy-Installationen zu den IT-Beständen, die am ehesten erneuert werden müssten. Gleichzeitig handelt es sich aber um geschäftskritische Systeme, die meist noch einwandfrei laufen. Wer hier eingreift, riskiert Kopf und Kragen, wenn etwas schiefgeht. Umgekehrt fällt das Lob im Erfolgsfall vergleichsweise bescheiden aus.

Verständlicherweise wählt das Gros der IT-Verantwortlichen deshalb die Option, alles beim Alten zu belassen. Allerdings laufen die CIOs damit Gefahr, dass ihnen früher oder später ein Projekt aufgezwungen wird. Und dann müssen sie reaktiv anstatt proaktiv handeln.

Mangelnder Antrieb

Für viele ITEntscheider ist kein persönlicher Nutzen einer Modernisierung erkennbar. Das gilt vor allem, wenn bisher alles gut läuft und ein Wechsel lediglich die bekannten Funktionen auf eine modernere Plattform bringt. Warum sollten sie also etwas ändern wollen? Umgekehrt droht ein Karriereknick, falls das Modernisierungprojekt aus dem Ruder laufen, das Budget sprengen oder bei der Live-Schaltung versagen sollte. Zudem haben die IT-Abteilungen ohnehin alle Hände voll zu tun. Deshalb stehen sie weiteren Aufgaben skeptisch gegenüber.

Andererseits sollte sich jeder IT-Verantwortliche die Folgen der Untätigkeit vor Augen führen. Immerhin besetzt er eine Position, in der er in der Lage sein sollte, Projekte mit großem Nutzen in kurzer Zeit und mit geringem Risiko zu stemmen. Diesem Ruf sollte der CIO gerecht werden.

Fehlende Geduld

Modernisierungsprojekte werden auf das Tagesgeschäft aufsummiert, sind komplex und verlangen einen beträchtlichen Planungs- sowie Bewertungsaufwand. Wie bei anderen Projekten gilt der Grundsatz: Je größer der Zeitrahmen, desto länger, bis sich ein Nutzen einstellt, und desto größer das Risiko eines Abbruchs.

Wichtig ist deshalb ein definierter Zeitplan, der konkrete, möglichst kleine Schritte vorgibt. Zudem muss er eventuell erforderliche Änderungen während des Projekts berücksichtigen und dokumentieren sowie eine ständige Fortschrittsanzeige zur Verfügung stellen.

Einseitige Information

Viele CIOs und IT-Entscheider beklagen die Einseitigkeit von Informationen. Anbieter preisen Produkte und Dienstleistungen an, aber es sind kaum unabhängige Auskünfte zu bekommen, die dem Unternehmen helfen würden, richtig in seine individuelle IT-Umgebung zu investieren. Den CIO plagt deshalb häufig die Sorge, dass er sich Konzepten oder Techniken verschreiben könnte, die später wenig Spielraum für marktbedingte Veränderungen zulassen.

Die Skepsis ist verständlich: Ohnehin fällt es den IT-Verantwortlichen schwer, Modernisierungsprojekte in Gang zu bringen. Auf das ständige unterschwellige Gefühl, sie hätten möglicherweise einen falschen Weg eingeschlagen, würden sie dabei gern verzichten.

Schwierige Balance

oben auf der Prioritätenliste der IT-Abteilungen stehen die tagesaktuellen Aufgaben und Maintenance-Verpflichtungen. Mindestens 70 Prozent des IT-Budgets sind den Wartungs- und Supportaktivitäten zugewiesen. So sehen die Voraussetzungen aus, unter denen Arbeitsfokus und Geldmittel in Richtung Modernisierung gelenkt werden sollen.

Ein IT-Modernisierungsprojekt mündet also in einen schwierigen Balanceakt. Kommt aus irgendwelchen Gründen Druck ins Tagesgeschäft, wird ein solches Projekt erfahrungsgemäß sehr schnell hintangestellt. IT-Verantwortliche sagen: Man müsste einen Weg finden, die Reifen während der Fahrt zu wechseln.

Sorge um die Servicequalität

Unternehmen reagieren auf neue Techniken erst einmal misstrauisch. Sie fürchten, die Veränderung könnte Service und Performance der existierenden Systeme beeinträchtigen. Immerhin wurden die Bestandsapplikationen über Jahre hinweg so eingestellt, dass sie hohen Anforderungen bezüglich Sicherheit, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit genügen. So hegt denn mancher IT-Manager Zweifel, ob diese Eigenschaften auch in einer neuen Umgebung gewährleistet sind.

Schon das Upgrade des Betriebssystems oder der Wechsel auf neue Hardware kann die Performance beeinträchtigen, weil die betagten Programme für diese Systeme nicht entworfen wurden. Hier ist ein inkrementelles Vorgehen bei der Modernisierung angesagt, das eine detaillierte Beschreibung der geforderten Servicequalität und eine darauf abgestimmte Modellierung der künftigen Produktivlandschaft einschließt.

Fazit

Die Hürden der IT-Modernisierung liegen hoch, viele Unternehmen werden sich deshalb solchen Projekten weiterhin verschließen. Ändert sich das Geschäftsmodell fundamental, wird es aber unumgänglich sein, mit der Modernisierung zu beginnen - dann allerdings verbunden mit großen Anstrengungen und hohen Kosten. Unisys empfiehlt deshalb ein proaktives Herangehen an das Modernisierungsthema, indem der Wechsel schrittweise, aber konsequent in der IT-Organisation etabliert wird.

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