Die Outsourcing-Kunden sind zufrieden

10.01.2008
Was Service-Level-Agreements (SLAs) und Zuverlässigkeit angeht, erhalten die externen Provider gute Noten. Ihre Service-Orientierung könnte indes besser sein.

Die meisten Anwender haben an den Beziehungen zu ihren Outsourcing-Partnern wenig auszusetzen. Auf die Frage "Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem derzeitigen Outsourcing-Projekt?" äußerten sich insgesamt 80 CIOs und IT-Leiter von Unternehmen verschiedener Branchen überraschend positiv: 57 Prozent gaben an, mit ihrem Auslagerungsergebnissen zufrieden zu sein. 17,7 Prozent der Befragten sind sogar sehr zufrieden. Fast 75 Prozent ziehen also eine positive Bilanz. Das ergibt auf einer Skala von 1 (sehr unzufrieden) bis 5 (sehr zufrieden) einen Mittelwert von 3,8. Die Umfrage wurde von Steffen Hasenkopf an der Fakultät Wirtschaft und Recht der Fachhochschule Aschaffenburg im Auftrag der Intargia Management-Beratung GmbH betrieben.

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wie zufrieden deutsche Anwender mit ihren Outsourcing-Projekten sind;

warum die Dienstleistungs-orientierung der Anbieter zu wünschen lässt;

welche Aufgaben die Provider am besten lösen;

wo noch Nachholbedarf besteht.

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Zuverlässige Provider

Dabei loben die Anwender vor allem die Einhaltung der SLAs: 76 Prozent der Befragten sind mit der Vertragserfüllung ihrer externen Anbieter zufrieden oder sehr zufrieden (Mittelwert: 3,98). An zweiter Stelle liegt der Faktor Zuverlässigkeit (3,88), gefolgt von Flexibilität (3,66), Branchenwissen (3,62) und Kosten-Nutzen-Verhältnis (3,54). Weniger begeistert sind die Anwender von der externen Bearbeitung von Change Requests, der Dienstleistungsorientierung der Provider, ihrem Serviceangebot, der Verfügbarkeit von Experten und Spezialisten sowie mit dem Beitrag der Anbieter zu Innovationen (Plätze sechs bis zehn). Am schlechtesten schnit-ten die IT-Dienstleister beim Thema Strategieberatung ab.

An Aussagekraft gewinnen die Ergebnisse, wenn man sie mit der Bedeutung vergleicht, die die einzelnen Merkmale für die Anwender haben. Hier steht das Thema Zuverlässigkeit an erster Stelle: 98,7 Prozent der Befragten bezeichneten diesen Punkt als wichtig oder sehr wichtig. Den zweitgrößten Stellenwert (94,9 Prozent) hat die Einhaltung der SLAs, gefolgt von der Dienstleistungsorientierung (92,3 Prozent) und dem Kosten-Nutzen-Verhältnis (85,9 Prozent). Damit wird ein wesentlicher Grund für das positive Gesamtergebnis der Studie ersichtlich: Genau bei den beiden Merkmalen, die den Kunden am wichtigsten sind, nämlich Zuverlässigkeit und SLAs, erhalten die Provider auch die besten Noten.

Mangelnde Service-Orientierung

Anders ist es beim Thema Dienstleistungsorientierung: Sie ist für die Anwender das drittwichtigste Kriterium, steht in der Zufriedenheitsskala jedoch nur auf Platz sieben. Ein problematisches Ergebnis, meint Eberhard Schott, Professor für Datenverarbeitung, Marketing und Organisation an der FH Aschaffenburg und Partner von Intargia, der die Umfrage betreut hat: "Der Dienstleistungsgedanke ist eine der Grund-ideen des Auslagerns. Mit einem Anbieter, der hier enttäuscht, entgeht dem Anwender ein wesentlicher Outsourcing-Vorteil", beklagt Schott. Seiner Ansicht nach handelt es sich dabei aber um ein Mentalitätsproblem, das sich nicht von heute auf morgen beheben lässt. "Bei einem Vorhaben mit Mitarbeiterübernahme wird ein Teil der internen IT-Abteilung aus der Unternehmenshierarchie herausgenommen und in einen Servicevertrag gesteckt." Das sei für die Betroffenen oft eine große Umstellung: "Der typische interne IT-Mitarbeiter ist zwar freundlich, aber er versteht sich meist nicht in aller Konsequenz als Dienstleister", beschreibt Schott. "Offenheit und kommunikative Fähigkeiten sind nicht unbedingt seine Stärken." Auch die äußere Erscheinung der IT-Leute entspreche oft nicht den Erwartungen, die Kunden an externe Serviceanbieter hätten. "Die Mitarbeiter müssen sich erst einmal in ihre neue Rolle einfinden, und das dauert", beobachtet der Berater. Um diesen Prozess zu beschleunigen, betreiben die meisten Provider zwar ein aktives Change-Management, und das sei eigentlich auch einer ihrer zentralen Vorzüge: "Outsourcing-Anbieter sollten Experten in der Entwicklung von Mitarbeitern zu Dienstleistern sein." Diesem Anspruch würden aber nicht alle gerecht.

Die geringe Bedeutung, die das Branchenwissen des Providers für die Anwender hat (Rang neun), lässt sich vor allem damit begründen, dass deutsche Firmen bislang vorrangig IT-Infrastrukturservices in Anspruch nehmen: "Die Anwender wollen ihre Desktop-PCs und Laptops, vielleicht auch noch ein paar Server auslagern. Dafür braucht es kein Branchenwissen", so Schott. Den geringsten Stellenwert (Rang elf) hat aus Sicht der Befragten die strategische Beratung. Damit dürfte allgemeine Unzufriedenheit mit diesem Thema (ebenfalls letzter Platz) weitgehend unproblematisch sein. Ähnliches gilt für das Service-angebot der Provider (Bedeutung: Rang zehn, Zufriedenheit: Rang acht) sowie für das Thema Innovation (Rang acht beziehungsweise zehn). Auch die oft schlechte Verfügbarkeit von Experten und Spezialisten fällt nicht sonderlich ins Gewicht. Nach Ansicht von Studienautor Hasenkopf sollten sich die Anbieter aber in diesem Punkt um ein besseres Ergebnis bemühen. Ein umfangreicher Expertenpool sei ein "Begeisterungsfaktor", mit dem sich die Zufriedenheit der Kunden schnell steigern lasse.

Der geringe Stellenwert, den die Faktoren Strategieberatung und Innovation aus Anwendersicht haben, legt die Vermutung nahe, dass das viel zitierte Next Generation Outsourcing hierzulande noch keine so große Rolle spielt, wie es die Anbieter glauben machen wollen. Den meisten Firmen geht es darum, die Kosten zu senken.

Kostensenkung hat Priorität

Qualitative Aspekte - etwa die Erhöhung des Business Value -interessieren sie weniger. "Die Anwender haben sich an das IT-Outsourcing gewöhnt und können inzwischen auch selektive Auslagerungsstrategien umsetzen, die sie jetzt ausbauen wollen. Aber für weitere Schritte sind sie noch nicht bereit", bilanziert Schott. Es könne allerdings auch sein, dass strategische Beratung zwar grundsätzlich als wichtig erachtet wird - aber nicht im Zusammenhang mit dem Outsourcing-Vertrag: "Da spielt sicher die Sorge mit, in eine zu starke Abhängigkeit von einem Service-Provider zu geraten", vermutet der Professor. Er bezweifle daher auch den Sinn von Services aus einer Hand: "Das propagieren die Anbieter immer wieder, aber die Kunden wollen es gar nicht", beobachtet der Experte. "Ihnen geht es vor allem darum, dass ihr IT-Dienstleister zuverlässig ist und sein Kerngeschäft versteht."

IT-Töchter enttäuschen

Schlechte Erfahrungen haben die Anwender offenbar mit dem Auslagern an die eigene IT-Tochter gemacht: In der Umfrage gab kein einziger CIO an, mit den Leistungen der IT-GmbH "sehr zufrieden" zu sein. Von den Unternehmen, die einen externen Provider beauftragt haben, sind es dagegen mehr als 20 Prozent. Das hohe Gefälle begründet Schott mit der mangelnden Professionalität und den unzureichenden Vertriebsstrukturen der IT-Töchter: "Die meisten von ihnen sind einfach nicht so gut wie ein großer IT-Dienstleister", so der Experte. "Mittlerweile sind ja auch viele IT-GmbHs verkauft worden, was die These bestätigt: Wenn auslagern, dann richtig."

Am glücklichsten sind die Nutzer von Application-Hosting-Diensten: Sie stellen mit 24,5 Prozent den größten Anteil an "sehr zufriedenen" Anwendern. An zweiter Stelle liegt das Outsourcing der gesamten Anwendungen mit 18,2 Prozent, gefolgt vom Auslagern der IT-Infrastruktur (17,6 Prozent). Nach Branchen betrachtet, herrscht die größte Zustimmung unter den Finanzdienstleistern, die in der Umfrage auch die größte Gruppe stellen: 37,5 Prozent der CIOs von Banken und Versicherungen bezeichneten sich als "sehr zufrieden". Hintergrund sind die reichhaltigen Outsourcing-Erfahrungen der Branche, so Schott: "Finanzdienstleister sind mittlerweile sehr souverän im Auslagern von allen möglichen Bereichen. Dadurch haben sie die Projekte besser im Griff als viele andere Unternehmen."

Für die Studie wurden nur Personen befragt, die für das Outsourcing-Vorhaben verantwortlich sind. Nach deren Einschätzung überwiegt die positive Einstellung aber auch unter den anderen vom Auslagern betroffenen Personengruppen. So gehen die Befragten davon aus, dass 71 Prozent der Endanwender im Unternehmen und 64 Prozent der beauftragten Provider zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Verlauf des Projekts sind. Allerdings wäre das Ergebnis wohl anders ausgefallen, wenn beide Gruppen direkt befragt worden wären, räumt Schott ein: "Zumindest die Endanwender haben eine völlig andere Sicht auf ein Outsourcing-Projekt. Wenn der CIO zufrieden ist - etwa weil er die Ziele von Standardisierungsmaßnahmen erreicht hat -, heißt das nicht, dass auch die Nutzer in den Fachabteilungen damit glücklich sind." Dieser Interessenkonflikt sei ein Dilemma für die Provider: "Um auch die Endanwender zufrieden zu stellen, müssten die Anbieter mehr leisten, als der Vertrag von ihnen verlangt. Doch dafür werden sie nicht bezahlt", beschreibt Schott. Um herauszufinden, ob und inwieweit sie es trotzdem tun, müsse man die Endanwender direkt befragen. Dies ist nach den Worten des Beraters auch geplant.