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Vision vom 3D-Internet bis 2020

Die neue virtuelle Wirklichkeit

11.03.2010
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Für Mark Kingdon, CEO von "Second-Life"-Betreiber Linden Lab, ist das 3D-Internet nur noch eine Frage der Zeit und der Handel mit virtuellen Gütern der Zukunftsmarkt schlechthin.

CW: Der Medienhype um die Second Life ist - zumindest in Deutschland - schon längst vorbei. Lebt die virtuelle Welt noch?

Mark Kingdon, CEO von Second-Life-Betreiber Linden Lab, erwartet den Durchbruch für das 3D-Internet bis 2020.
Mark Kingdon, CEO von Second-Life-Betreiber Linden Lab, erwartet den Durchbruch für das 3D-Internet bis 2020.
Foto: Linden Lab

KINGDON: Gerade in den Bereichen E-Learning, Forschung, Collaboration und Events ist Second Life sehr nützlich. Unternehmen, auch deutsche wie der TÜV Nord, bilden ihre Mitarbeiter hier in geschlossenen Bereichen weiter und sparen sich damit Zeit und Reisekosten. Studenten besuchen virtuelle Vorlesungen, die sie im echten Leben aus Zeit- oder Entfernungsgründen nicht wahrnehmen könnten. Musiker geben virtuelle Konzerte und weisen gleichzeitig auf ihre Real-Life-Arbeit hin. Die Integration von Web-Collaboration-Tools schreitet voran und macht Second Life so auch für weltweit tätige Unternehmen interessant.

CW: Wie wollen Sie mit Second Life Geld verdienen?

KINGDON: Vor allem auf unserem "Virtual Goods Marketplace", auf dem Second-Life-Anwender aus aller Welt virtuelle Güter kaufen und verkaufen können. Lizenzierte Markenklamotten und Damenschuhe, aber auch Einrichtungsgegenstände für die virtuelle Wohnung sind dort derzeit die Renner - gerade auch unter den sehr spendierfreudigen deutschen Nutzern. Allein im vergangenen Jahr haben wir über die Plattform 576 Millionen Dollar umgesetzt und 55 Millionen Dollar an die Anwender ausgezahlt, die ihre virtuellen "Linden-Dollar" in echtes Geld umgetauscht haben.

CW: Wer nutzt diese Handelsplattform - Privatanwender oder Unternehmen?

KINGDON: Das System wird von allen Anwendern gleichermaßen gut angenommen. So richtig aktiv sind aber eher die Business-Nutzer, die mit dem virtuellen Güterhandel die Ausgaben für Entwicklung und Betreuung ihrer Second-Life-Dependancen wieder hereinholen.

CW: Haben Sie Probleme mit Markenrechtsverletzungen?

KINGDON: Wir halten uns an den amerikanischen Digital Millennium Copyright Act (DMCA), der harte Strafen für Urheberrechtsverletzungen im Web vorsieht. Zumeist kommen derartige Probleme aber gar nicht auf, weil seitens Unberechtigter selten reale Designs kopiert werden. Weitaus beliebter sind originäre Second-Life-Produkte, die in ihrer virtuellen Form im wirklichen Leben oft gar nicht abgebildet werden können.

CW: Sie preisen Second Life auch als Start ins dreidimensionale Internet. Warum?

KINGDON: Zunächst einmal besteht kein Zweifel daran, dass das 3D-Internet kommen wird. Den anfangs simplen Linkstrukturen folgten die interaktiven Web-2.0-Seiten und Social-Media-Angebote - der nächste logische Schritt ist das räumliche Online-Abbild der Wirklichkeit. Wir experimentieren deshalb viel mit Crossmedia-Angeboten innerhalb von Second Life - zum Beispiel können wir mittlerweile Websites, Online-Bibliothekskataloge, Präsentationen und YouTube-Videos direkt in die Spielewelt einbinden. Unsere Anwender nutzen damit schon jetzt mehrere Kanäle über eine einzige 3D-Oberfläche. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird sich das dreidimensionale Internet auf breiter Front durchsetzen.