Trotz Fortschritten in der optischen Massenspeichertechnik:

Die magnetischen Medien sind noch lange nicht am Ende

20.05.1988

Die Zukunft der Magnetplattenspeicher sieht ohne Zweifel gut aus. Denn gemessen an den Anforderungen und der Innovationsschrittweite der Computerhersteller sind die führenden Produzenten von Winchester-Laufwerken im OEM-Geschäft durchaus in der Lage, den heutigen Bedürfnissen entsprechend genügend Kapazität, kurze Zugriffszeiten und Zuverlässigkeit anzubieten.

Mehr noch: Bedingt durch die Konkurrenzsituation werden Entwicklungen vorangetrieben, die sowohl die Kapazität enorm ansteigen lassen, als auch den Formfaktor immer wieder reduzieren.

5 ? Zoll brachte Miniaturisierungsschub

Die Miniaturisierung der Laufwerke ist primär auf die Fähigkeit zurückzuführen, Speicherkapazitäten, die beispielsweise vor wenigen Jahren noch mit 14-Zoll- und 9-Zoll-Laufwerken angeboten wurden, heute mit 5?-Zoll-Formfaktor zu realisieren. Nun fragt man sich, wie einerseits eine solche Reduzierung der Baugröße und somit des Formfaktors und andererseits größere Kapazitäten auf kleineren Plattenformaten möglich sind. Dazu gibt es neue Technologien, die letztendlich dazu dienen, mehr Informationen auf immer kleiner werdendem Platz unterzubringen. Genauer gesagt, es sind Verfahren, die die Maßgrößen TPI (Tracks per Inch) und BPI (Bits per Inch) ansteigen lassen. Dazu ist es erstens notwendig, die Plattenspeichermedien in ihren magnetischen Eigenschaften zu verbessern. Zweitens folgt daraus eine geringe Flughöhe der Schreib-/Leseköpfe.

Seit dem Einsatz von "Plated-Media" und "Thin-Film-Heads" ist es möglich, ein Bit auf wesentlich geringerer Fläche (Zelle) zu speichern. Die Dünnfilmtechnik erlaubt es, kleinere Amplituden, bedingt durch die geringe Zellgröße, exakter zu induzieren. Dabei geht die Flughöhe der Schreib-/Leseköpfe bis auf zirka 10 Mikro-Inch herunter.

Reserven liegen noch in der Schreibdichte Bei den herkömmlichen "Oxide-Media" betrug die Flughöhe noch zirka 35 Mikro-Inch, wobei die Limitierung der Tracks per Inch bei knapp 900 TPI und 15 000 BPI lag. Die Grenzen der Dünnfilmstechniken liegen etwa bei 1400 TPI und 30 000 BPI.

Blickt man voraus in die 90er Jahre, so wird sich eine neue Magnetkopfgeneration etablieren, für die eine Bit-Dichte von 30 bis 40 MBPI und eine Spurdichte von 2500 TPI keine Probleme darstellen werden. Basierend auf der heutigen induktiven Arbeitsweise der Köpfe sind dies die neuen "magneto-resistive Heads". Sie sind in der Lage, den Signal-Output doppelt so schnell zu vollziehen wie die jetzigen. "Thinfilm-Heads". Außerdem sind sie unabhängig von der Plattengeschwindigkeit in bezug auf die Intensität des Lesesignals.

Eine weitere Möglichkeit, die Kapazität magnetischer Medien zu erhöhen, ist das "Vertical-Recording", bei dem die Anordnung der Speicherzellen auf einer Spur nicht horizontal, sondern vertikal erfolgt.

Ein Verfahren zur Kapazitätssteigerung, das mit dem heutigen Stand der Technik realisiert wird und eine Zuwachsrate von 30 Prozent ergibt, ist das von Control Data in einem 5?-Zoll-Laufwerk eingesetzte "Zone-Bit-Recording" (ZBR). Die Modelle WREN IV und WREN V erreichen damit eine Kapazität von 383 MB beziehungsweise 702 MB (unformatiert). Die nächste Generation, die voraussichtlich noch 1988 lieferbar sein wird, bringt es sogar auf über 1 GB.

Gegen eine Implementierung von ZBR auf andere Laufwerktypen oder -größen spricht im Prinzip nichts. Technisch ist zu diesem Verfahren folgendes zu sagen: Die maximale Dichte der Flußwechsel einer Plattenoberfläche befindet sich auf der inneren Spur. Davon ausgehend beträgt die Kapazität bei einem typischen 5?-Zoll-/300-MB-Laufwerk 20 000 BPI. Sie wird erreicht durch die Einteilung der Plattenoberfläche in 35 Sektoren von 512 Bytes, die in radialer Richtung bis zur äußeren Spur voneinander getrennt sind (Abbildung 1a). Die Spurlänge und der Durchmesser erhöhen sich proportional von innen nach außen.

Mit konventionellen Aufzeichnungsmethoden wird auf allen Spuren die gleiche Datenmenge gespeichert, ungeachtet der Tatsache, daß die äußerste Spur - bei 5?-Zoll-Laufwerken - 70 Prozent längere Sektoren besitzt als die innere Spur. Dabei entsteht ein Abfallen der Bit-Dichte von 20 000 BPI (innere Spur) auf 12 000 BPI (äußerste Spur). Dadurch wird natürlich viel nutzbare Fläche verschenkt, da die Schreib-/Leseelektronik auf die Datendichte der inneren Spur abgestimmt ist.

ZBR maximiert nun die Kapazität der Plattenoberfläche in der Weise, daß auf den längeren, äußeren Spuren mehr Daten abgespeichert werden als auf den kürzeren, inneren Spuren. Konstante Schreibdichte brächte mehr Kapazität Optimal wäre die Konstellation von 20 000 BPI der inneren Spur auf allen anderen Spuren des Laufwerks. Das ergäbe eine Steierung von ungefähr 70 Prozent. Doch läßt sich dies nicht realisieren, da das Laufwerk in Sektoren von 512 Bytes formatiert wird. Die Spurenkapazität muß so lange konstant gehalten werden, bis sich aufgrund der Duchmesseränderung ein neuer Sektor hinzufügen läßt ( Abbildung 1b.).

Die Erhöhung der Spurenkapazität um einen Sektor je Zone bringt eine entsprechende Steigerung der Transfer-Rate mit sich, da bei gleichbleibender Umdrehungsgeschwindigkeit auf den äußeren Spuren pro Zeiteinheit mehr Sektoren die Schreib-/Leseköpfe passieren als auf den inneren Spuren.

Die Verarbeitung variabler Übertragungsraten ist mit intelligenten Schnittstellen, die eine entsprechende Puffermöglichkeit besitzen, wie zum Beispiel SCSI, durchaus möglich. Künftig ist sogar damit zu rechnen, daß Steuerungen verfügbar sind. die ZBR-Laufwerke mit ESDI-Schnittstelle betreiben,

Auch bessere MTBF-Werte durch Miniaturisierung

Hinsichtlich Zuverlässigkeit werden heute störungsfreie Arbeitszeiten garantiert, die bei 30 000 Stunden MTBF (Meantime between Failure) liegen. In den kommenden Jahren wird sich dieser Wert auf 40 000 bis 50 000 Stunden MTBF erhöhen. Die Möglichkeit hierzu bietet einerseits die fortschreitende Miniaturisierung der Laufwerke, wobei folgende Kriterien maßgebend sind:

- geringere zu bewegende Masse; - kleinerer Arbeitsradius des Actuators;

- Anzahl der Komponenten wird geringer; - neue Chips erlauben Kompatibilität und Flexibilität bezüglich Performance-Anpassung und Anwendung;

- kompaktere, weniger störanfällige Elektronik;

- kürzere Signalwege und Übertragungszeiten.

Sauberere Arbeit durch Roboter Andererseits spielt die Automatisierung des Produktionsprozesses eine ganz wesentliche Rolle, denn gerade hier besteht die Möglichkeit, Fehlerquellen auszuschalten, die früher durch menschliche Arbeitsprozesse eingeflossen sind. Betrachtet man den Produktionsprozeß in "Clean-Rooms"" höherer Ordnung, so ist die Abgabe von Schmutzpartikeln bei Robotern um ein Vielfaches geringer.

Technische Features, die nicht nur die Zuverlässigkeit, sondern auch die präzise Arbeitsweise der Laufwerke garantieren, sind zum Beispiel Tri-Phase-Servo-Systeme (Abbildung 2) und Thermal-Compensation (Abbildung 3 und 4).

Bei steigender Anzahl der Tracks per Inch ist es ganz sicher ein Vorteil, exakte Spurtreue der Schreib-/ Leseköpfe zu gewährleisten. Dabei wird vom Tri-Phase-Servo-System ein Vergleich von Servo-Bits vorgenommen, die spurübergreifend angeordnet sind (Abbildung 2).

Servosysteme steigern Zuverlässigkeit

Sind die Anteile der Servo-Bits unterschiedlich groß, so "weiß" das Servo-System aufgrund des Differenzbetrages, in welche Richtung das System korrigieren muß. Die Vorteile sind eindeutig. Das System gewährleistet höhere TPI-Dichten und verbessert die "Seek-Time".

Bei Thermal-Compensation kommt es darauf an, die durch thermische Einwirkung eventuell entstandene Verschleppung der Spinde (Abbildung 3) zu korrigieren. Im Normalfall stehen Schreib-/Lesekopf und Spur exakt übereinander (aligned). Jedoch kann durch einen thermischen Drift eine Verschiebung auftreten, die Datenfehler zur Folge haben können (Abbildung 4). In diesem Fall wird eine Rekalibrierung eingeleitet, bei er die Schrittweite bis zur äußeren pur gezahlt wird. Danach wird die exakte Position eingenommen. Kopf und Spur sind dadurch realigned.

Features dieser Art sind bei hochwertigen Laufwerken ein Faktor, der die Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit erhöht. Die Zugriffszeit, in der die Daten dem Host zur Verfügung gestellt werden, kann verbessert werden durch Anwendungen wie Cache-Lookahead-Memory, Disk-Array sowie intelligente Interfaces (SCSI + IPI), das heißt gravierende Änderungen bezüglich schnelleren Datenzugriffs sind im Bereich des Peripherie-Managements und dessen Organisationen zu erwarten.

Karl Becker ist Vertriebsbeauftragter für OEM-Plattenspeicherlaufwerke bei Control Data in Frankfurt.