Notfall 2000/Kommentar

Die Bonner Kapitulation

19.02.1999

Das Trägheitsmoment gilt auch in der Politik. In Sachen Problem 2000 ist die Neuerung der jetzigen Regierung die Einrichtung einer Informationsstelle. Das ist auf zentraler Ebene eigentlich die dritte, nachdem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt) - ziemlich energisch, aber viel zu spät - tätig geworden sind. Geduldige Gemüter mögen zu bedenken geben, daß es sehr schwer falle, die in 16 Jahren Kohl sanft eingeschlummerten Bonner Behördenapparate in Bewegung zu bringen. Unglücklicherweise verstehen IT-Systeme nichts von "Sachzwängen der Politik".

Die Einrichtung der Informationsstelle ist lächerlich, sie hat reine Alibifunktion. Verantwortlich für die Aufklärung der bundesdeutschen Öffentlichkeit ist Hans Daniel, bis dato Leiter des Referats Normung und Standardisierung im Bundesinnenministerium. Den Mann kann man nur bedauern. Wie wenig Kompetenzen man ihm zugestanden hat, läßt sich schon daran erkennen, daß Daniel per E-Mail nur über das BSI (www.bsi.de) zu erreichen ist.

In Großbritannien, den Niederlanden und skandinavischen Ländern sind solche Beratungsstellen der Regierungen mit passablen Etats und Mitarbeiter- stäben ausgestatten. In den USA wurde mit John Koskinen, dem Chef des "Year 2000 Council", einer der bekanntesten Krisen-Manager aus der Wirtschaft, Berater des Präsidenten - mit Weisungsbefugnissen gegenüber Behörden.

Das sind politische Signale für die Öffentlichkeit. Das ist das Minimum, was man auch von einer Regierung, die sich in diesem Fall auf "die Kräfte der freien Wirtschaft" verlassen will, verlangen muß. Die Einrichtung einer schlichten Informationsstelle ist Verzicht auf Politik.