Eito sieht Westeuropa als Wachstumslokomotive

Deutsche Info-Society ist nach wie vor nicht Weltspitze

18.02.2000
MÜNCHEN (CW) - Deutschland ist in Sachen Informationsgesellschaft auf einem guten Weg, muss allerdings im internationalen Vergleich noch an Tempo zulegen. Dies ist das Fazit einer Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Weltweit kann sich die IuK-Industrie indes nach wie vor eines Booms erfreuen - vor allem in Westeuropa.

Die Informationsgesellschaft und die IuK-Branche entwickeln sich hierzulande mit ungebremster Dynamik. Die Wachstumsraten des Jahres 1999 lagen zumeist im zweistelligen Bereich. Elf Millionen Deutsche verfügen inzwischen über einen Internet-Anschluss (plus 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr), mehr als 20 Millionen Bundesbürger telefonieren mobil (plus 47 Prozent), mehr als 26 Millionen PCs sind zwischen Berchtesgaden und Flensburg installiert (plus acht Prozent).

Hohe ISDN-Verbreitung alleine genügt nichtDie Netzinfrastruktur gehört mit einer international einzigartigen ISDN-Dichte weltweit zu den leistungsfähigsten. Trotz dieser an sich guten Zwischenbilanz konnte der in bestimmten Sektoren bestehende Rückstand auf die führenden Länder des angelsächsischen Sprachraums und Skandinaviens bislang nicht aufgeholt werden. So lauten die wichtigsten Ergebnisse der Studie "Wege in die Informationsgesellschaft/Edition 2000", die Jörg Menno Harms, Bitkom-Vizepräsident und Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett-Packard GmbH, in Frankfurt am Main vorstellte.

Weltweit entwickle sich, so Harms, die Informationsgesellschaft weiter mit hoher Geschwindigkeit. 43 Millionen Menschen seien im vergangenen Jahr erstmals ins Internet gegangen. Die "globale Online-Community" zähle jetzt 176 Millionen Mitglieder, sechs Prozent davon seien Deutsche. Nach Berechnungen des Bitkom wird weltweit die Zahl der Internet-Nutzer in diesem Jahr auf rund 220 Millionen anwachsen. Die Zahl der weltweit installierten PCs stieg 1999 um 56 auf jetzt 440 Millionen. Die verkauften Mobiltelefone legten im gleichen Zeitraum um 104 auf 413 Millionen zu. Für das laufende Jahr dürfte in beiden Bereichen die Marke von 500 Millionen Geräten überschritten werden - allerdings in einer anderen Reihenfolge. Harms zufolge ist davon auszugehen, dass Ende 2000 global erstmals mehr Handys als PCs im Einsatz sein werden.

Die Bitkom-Studie zeigt, dass in Deutschland die Situation im Bereich der TK-Infrastruktur einerseits und der Endgeräte andererseits nach wie vor auseinander klafft. Zwar befinde sich jeder vierte ISDN-Anschluss der Welt in einem deutschen Haushalt oder Unternehmen, und auch bei der Zahl der Breitband-Anschlüsse rangiert Deutschland mit 53 Anschlüssen je 100 Haushalte nur knapp hinter den USA und innerhalb Europas mit weitem Abstand an der Spitze. Die Kapazitäten dieser Infrastruktur würden allerdings, wie Harms betonte, nur unzureichend genutzt. Die Internet-Rate liege beispielsweise in Finnland fünfmal höher als in Deutschland. Nach wie vor seien PCs das wichtigste Zugangsgerät zum World Wide Web. Deutschland komme derzeit aber auf lediglich 32 PCs je 100 Einwohner und liege damit unter den Industrieländern im hinteren Mittelfeld. Und was noch schlimmer ist: Der Abstand zur Spitzengruppe hat sich 1999 sogar vergrößert. In den USA liegt die PC-Rate inzwischen bei 61 Prozent, in Schweden bei 58 Prozent.

Den zweiten bestimmenden Trend sieht Verbandssprecher Harms in der Mobilkommunikation. Ende 1999 wurde in Deutschland die Marke von 20 Millionen Mobilfunkteilnehmern übersprungen. Der Bitkom erwartet, dass in den kommenden Jahren jeweils weitere sechs Millionen Deutsche in die mobile Kommunikation einsteigen. Dennoch sei festzustellen, dass Deutschland bei der Verbreitung von Handys im westeuropäischen Vergleich zurückliege. In Italien telefoniere beispielsweise schon jeder Zweite mit einem Handy. Generell seien, wie Harms weiter ausführte, hierzulande auch die Investitionen in IuK-Technologien "unterhalb jenes Niveaus, das notwendig ist, um international in die Spitzengruppe aufzusteigen". Mit durchschnittlich knapp 2500 Mark pro Einwohner befinde sich Deutschland lediglich im Mittelfeld. Die Schweiz liege demgegenüber bei 4600 Mark, die USA bei 4000 Mark. Der Bitkom-Sprecher kritisierte in diesem Zusammenhang, dass besagte Rückstände zwar schon seit Anfang der 90er Jahre bekannt, aber immer noch nicht behoben sind. "Diese Lücke endlich zu schließen muss neben der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur vordringlichsten Aufgabe deutscher Politik werden", forderte Harms nachdrücklich.

Das vom Bitkom propagierte weltweite Wachstum der IuK-Branche beziehungsweise -Anwendungen wird auch durch jüngste Zahlen des European Information Technology Observatory (Eito) untermauert. Demnach erhöhte sich 1999 das weltweite Marktvolumen für IuK-Technologien samt entsprechenden Dienstleistungen um 9,3 Prozent von 1,45 (1998) auf 1,59 Milliarden Euro. Westeuropa gelang es dabei, seinen Anteil am Weltmarkt mit 31 Prozent (USA: 35 Prozent, Japan: elf Prozent, Rest der Welt: 23 Prozent) eindrucksvoll zu festigen. Mit einem Plus von zwölf Prozent konnte Westeuropa auch die mit Abstand größte Wachstumsrate verbuchen, gefolgt vom Rest der Welt (10,7 Prozent) und den USA (8,1 Prozent). Auch im laufenden sowie im kommenden Jahr soll sich dieser Trend laut Eito nicht wesentlich verändern.