Frost & Sullivan sieht wachsenden Europamarkt

Deutsche Anwender sind beim Outsourcing äußerst skeptisch

20.03.1992

HANNOVER (CW) - Das Geschäft mit der DV-Auslagerung, so prophezeien die Marktforscher von Frost & Sullivan International, wird überall in Europa einen kräftigen Aufschwung erleben nur nicht in dar Bundesrepublik. Grund für den internationalen Boom sei der überall spürbare anhaltende Kostendruck auf Behörden und Unternehmen.

Für 1996 rechnen die Auguren mit einem Marktwert von europaweit zehn Milliarden Dollar. Nicht einmal fünf Prozent davon, nämlich 442 Millionen Dollar, werden nach Einschätzung der Marktforscher in Deutschland erwirtschaftet. Dieses Ergebnis entspricht der bisherigen Marktentwicklung: Im vergangenen Jahr lag das gesamte europäische Marktvolumen mit etwa 2,4 Milliarden Dollar um eine knappe Milliarde über dem Vorjahresresultat - in Deutschland wurden jedoch nur 199 Millionen umgesetzt.

Den mit Abstand größten nationalen Markt für DV-Auslagerung haben die Analysten in Großbritannien ausgemacht, wo 1991 mit 922 Millionen Dollar gut ein Drittel des gesamten europäischen Marktvolumens erwirtschaftet wurde. Im Jahre 1996, so die Prognose, dürften auf den, britischen Inseln 4,9 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Zweitgrößter Markt wird laut Frost & Sullivan Frankreich sein, wo das Marktvolumen auf 2,04 Milliarden Mark veranschlagt wird. An dritter Stelle soll Italien mit einem Volumen von 1,2 Milliarden Dollar liegen.

Einen der zentralen Gründe für den Auslagerungstrend sehen die Marktbeobachter im Mangel an qualifiziertem Personal. Die Betonung liegt auf dem Attribut qualifiziert, denn in dem Bericht heißt es: "Verteilte Datenverarbeitung, Client-Server-Konzepte sowie Vernetzung werden deutlich zunehmen, und vielen Kunden wird es an den erforderlichen Fachkenntnissen fehlen."

Frost & Sullivan wählt für das, was in der Branche als Outsourcing oder DV-Auslagerung diskutiert wird, den Begriff System-Management. Gemeint ist die vollständige oder teilweise Verwaltung und Organisation der Informationstechnologie eines Unternehmens durch einen externen Vertragspartner. Dabei unterscheiden die Marktforscher drei Kategorien: die Verwaltung der DV-Anlage des Kunden durch den Dienstleister, die Bedienung der Kundenklientel von einem anderen Standort aus und - als häufigsten Fall - den Betrieb der Datenverarbeitung verschiedener Kunden mit einer einzigen Anlage.

Sechs verschiedene Anwendergruppen in Westeuropa wurden untersucht: Banken und Finanzwesen, Einzelhandel sowie Distribution, Regierung und Versorgungsunternehmen, herstellende Industrie, Transport und Petrochemie. Dabei zeigte sich, daß Regierungsbehörden und Versorgungsunternehmen einschließlich Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerken ein deutlich größeres Interesse an der Auslagerung haben als die herstellende Industrie. Für 1996, so die Prognose, werden diese Unternehmen rund 2,8 Milliarden Mark für das System-Management ausgeben.